Mit Nietzsche durch den Tag – das klingt jetzt äußerst intellektuell, aber niemand kann bei diesen Temperaturen intellektuell sein, ich schon zweimal nicht. Ich bin schon bei Normaltemperaturen nie intellektuell, also bitte. Naja, Sie wissen schon. Ich schleppe mich durch den Tag und durch die Hitze, und wie ich so im Internet herumscrolle, stoße ich rein zufällig auf ein Zitat von Friedrich Nietzsche, dem berühmten Philosophen, und ich denke: Der Mann wusste einfach damals schon, was Sache ist.
An einem wamen Juli-Tag 1887 hat Nietzsche das an seinen Kumpel Heinrich Köselitz geschrieben, hier kann man das nachlesen, und vielleicht waren ja auch die ollen Philosophen manchmal näher an der Wirklichkeit dran, als wir uns das so gemeinhin denken.
Genauso jedenfalls fühlen wir uns: Mehr Omelette als Mensch, träge in die Breite fließend, aufgeschäumt, babbisch, klebrig, salzig. Allerdings sitzen wir nicht in einem Zimmer, wir bewegen uns schwerfällig durch das Haus, selten mal durch den Garten. 35 Grad zeigt das Thermometer im Schatten auf der Terrasse, Badisch-Sibirien, so hieß die Region mal, lang, lang ists her, nur die Älteren erinnern sich noch.
Ich schleppe 200 Liter Wasser aus der einen Tonne (an der Regenrinne) in die andere Tonne (beim Gemüsegarten), am Abend soll es Regen geben, das sagen sie doch dauernd, und nix passiert, schimpft der Mann. Eine Freundin von uns wohnt weit ab jeglicher Infrastruktur, irgendwo hier oben, da gibt es keine Wasserleitungen, nur altersschwache Brunnen. Und eine unterirdische Wasserquelle, die sie seit einigen Jahren nutzen, selbst angebohrt, viele Dutzende von Metern tief in der Erde. Was, wenn die eines Tages kein Wasser mehr hergeben will? Dann haben wir ein Problem, sagt die Freundin.
Abends waren wir im Wald unterwegs, in der Hoffnung auf ein bißchen kühle Luft. Und mit dem bekloppten Objektiv, das ich immer mehr liebe. Bei Blende 2.9. wird allerdings eigentlich gar nix mehr irgendwie scharf, die Fotos werden zu sirrenden, schwirrenden Traumbildern, mehr Stimmung als Abbildung, vielleicht auch ein bißchen mehr Omelette als Foto. Jetzt plötzlich denke ich: das passt zum Wetter, zur Hitze.
Wir stolpern durchs stickige Unterholz, die Hunde zerren in die Richtung der kleinen Bächlein und Rinnsale, aber da sind weder Bächlein noch Rinnsale, alles nur Sand und Staub. Nach nicht mal einer Stunde sind wir wieder am Ausgangspunkt, am Auto, die Hunde hecheln, weit hängen die Zungen aus ihren versabberten Mäulern. Mehr Omelette als Hund, denke ich bei mir. Ob Nietzsche auch einen Hund hatte?
In der prallen Mittagssonne kämpft sich ein junger Mann mit der Motorsense durch das Dickicht neben unserem Gartenzaun, das schmale Grundstück steht hüfthoch mit vertrockneter Wiese, verdorrten Brombeerranken, allerlei Ästen und Geschlinge, der Staub wirbelt auf, dicke Schwaden wabern zu uns rüber, immer wieder krachen metallen Steine in der Sense, bevor sie dann vermutlich dem jungen Mann um die Ohren fliegen. Warum ausgerechnet jetzt, warum ausgerechnet bei dieser Hitze? Mein Geo versucht mit dem Sensenmann ein freundliches Gespräch, der schaltet die Sense aus, um mitzuteilen, dass er nur ukrainisch spricht. Das Höllenspektakel bei Höllentemperaturen endet um Punkt 13 Uhr, bis dahin ist der arme Schnitter auch mehr Omelette als Sensenmann, vermute ich.
Und übrigens war gestern beim Tierarzt vor mir ein Mann, dessen Hund an beiden Vorderpfoten Verbrennungen hatte. Brandverletzungen, nannte es die Sprechstundenhilfe, als sie Herrn und Hund aufrief. Vielleicht ist der Hund auf die heiße Herdplatte gesprungen. Vielleicht lag da ein brutzelndes Omelette a la Nietzsche in einer Pfanne. Oder das gute Tier ist in der Mittagssonne auf Asphalt spazierengegangen. Man weiß es nicht. Möglich ist ja alles.
Tolle Fotos, gerade recht bei dieser Hitze, herzlichen Dank. ……und Nietzsche: war da nicht mal was mit der Peitsche???
…besonders gut gefallen hat mir das letzte Bild: Die Kombination grün-blau ist unschlagbar und dann noch so “weich” gezeichnet / fotografiert … merci vielmals!
Zum Thema Nietzsche und Hund habe ich als Zitat von Nietzsche gefunden: “Wo immer ich gehe, folgt mir ein Hund namens “EGO” ” (zit. n. Rüdiger Safranski) — nun, jetzt kann jede/r für sich überlegen, welches Symbol am besten für sein/ihr Ego paßt.
Schöne Grüße, Gabriela
Ich möchte immer den Leuten ihre Schuhe ausziehen, die ihre Hunde in der größten Hitze durch die Stadt schleifen. Wenn es geht noch durch den Freizeitpark mit den ganzen Menschenmassen. Unsere Hündin wollte am Wochenende gar nicht raus, nur mal kurz Geschäft verrichten. Erst abends nach 9 eine kleine Runde die Straße lang und dann wieder im Bad auf den kühlen Fliesen schlafen
Hier genauso. Die Hunde sind froh, wenn sie zuhause bleiben dürfen, wollen allenfalls in den schattigen Garten. Asphalt geht gar nicht.
Vielleicht soll das Objektiv auch gar keine übernatürliche Schärfe ab Offenblende bringen;-)
Das Bokeh ist wie bei “Altglas” herrlich drehend und gibt den Bildern eben etwas Magisches. Diesen Look mag ich.
Zum Glück ist die Hitze zumindest in den Bergen vorerst vorbei und es ist immer noch Sommer. Mit Nietzsche warte ich trotzdem lieber noch etwas; der ungelesene Bücherstapel ist auch so noch hoch genug.