Die Stare versorgen eifrig ihre Jungen, unterm Dach juchee, in den vergangenen Wochen wurde im Minutentakt Futter angeliefert, jetzt geht es an die ersten Flugstunden. Das Geschrei der Flugschüler, die in etwas ungelenkem Sturzflug auf irgendeinem nahen Baumwipfel landen und dann nicht mehr weiterwissen, – dieses Geschrei erinnert mich an die Durchsage eines schwedischen Möbelkaufhauses, Der kleine Kevin möchte bitte aus dem Kinderparadies abgeholt werden!, die ja übersetzt auch nichts anderes heißt als MAMA HOL MICH HIER RAUS ABER SOFORT SONST BRÜLLE ICH DEN GANZEN LADEN ZUSAMMEN.
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Im Garten einen jungen toten Marder gefunden. Lieselotte kann es diesmal mit Sicherheit nicht gewesen sein, sie hat seit dem Kükenmord Gartenverbot. Oder war sie vielleicht gar nicht die Kükenmörderin? War es der Marder, der zum Mörder -, und nun seinerseits gemordet wurde? Aber von wem? Es bleibt spannend. Das nach dem Kükenmord übriggebliebene Einzelküken ist übrigens definitiv ein Hähnchen, Kämme lügen nicht, und es kommt, was seine psychische Verfassung angeht, definitiv leider ganz nach dem Vater. Naja, Hauptsache gesund.
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Das ist ja wirklich eine sehr eigenwillige Veranstaltung, sagt der professionelle Pressesprecher bei einem offiziellen Pressetermin hinter vorgehaltener Hand zu mir, und ich schaue ihn fragend an. Inwiefern eigenwillig? Na, soviele Menschen, alle auf einem Haufen. Ja, das fühlt sich wirklich eigenwillig an, 50 Leute gemeinsam unter freiem Himmel, ein paar Reden werden geschwungen, es gibt Häppchen und Getränke, viele dunkle Anzüge und zwei Minister, fast wie früher, wie damals, Sie erinnern sich vielleicht. Früher wäre ich mitten rein ins Getümmel, hätte hier und da smalltalk gemacht, Themen und Ideen gesammelt, ein paar Interviews geführt, ich werde ja bezahlt für sowas. Jetzt stehe ich wie bestellt und nicht abgeholt irgendwo ganz hinten, in einer Ecke und wähne mich im falschen Film. Ich bin nach diesen Monaten im Corona-Ausnahmezustand also doch ein Fall für eine grundlegende Desensibilisierung, oder für eine therapeutische Konfrontationstherapie, naja, Sie wissen schon.
im Übrigen ging es bei dem Termin um das schnelle Internet, unsere vermeintliche Provinz bekommt jetzt nämlich Glasfaser bis in jedes Haus, ja, da staunen Sie. Da sind Sie nicht der Einzige, andere staunen auch, sowas gibts nämlich in Deutschland sonst noch nicht, ländlicher Raum mit Glasfaser bis an den heimischen PC, und das alles ohne einen Cent öffentliche Gelder, jawoll, wir haben hier mal wieder die Nase vorn.
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Ansonsten haben wir Wetter. Die Warnmeldungen ploppen seit Tagen im Halbstunden-Takt auf dem Bildschirm auf, sie warnen vor Hitze, Gewitter, Starkregen, Hagel, überfluteten Kellern, fliegenden Gullideckeln.
Der Landkreis kommt halbwegs glimpflich davon, weil die Gewitter sich zwar von Süden kommend knubbeln, volle Zugrichtung zu uns, sich dann aber in Höhe Heilbronn teilen, die einen Knubbel drehen ein bißchen nach rechts, die anderen ein bisschen nach links, sie gehen also in einem klitzekleinen Bogen um uns herum, um sich dann am nördlichen Ende des Landkreises wieder zusammenzuknubbeln. Fast könnte man meinen, Petrus umgehe die Region, dieses Phänomen erleben wir ja auch bei anderen Themen, nicht nur beim Wetter, aber letzten Endes ist das jetzt wieder eine andere Geschichte.
> Kämme lügen nicht, und es kommt, was seine psychische Verfassung angeht, definitiv leider ganz nach dem Vater.
Die schüchternsten Hähne bekommen die hübschesten Hühner. Glauben Sie mir, Frau Landleben, ich spreche da aus Erfahrung.
> Fast könnte man meinen, Petrus umgehe die Region
Ist bei mir auch so. Nun gut, man könnte die Geografie des Bayerischen Waldes zur Begründung heranziehen, aber das wäre wissenschaftlich und somit langweilig. Wir Atheisten sagen, Petrus traut sich nicht. Die Katholiken sagen, wir haben ausreichend gebetet. Die Protestanten sagen gar nichts, die sind in der Minderheit.