Ich kannte das Bauwerk schon lange, rechts neben der Straße liegt es, aber beim Vorbeifahren konnte ich nie so genau hingucken, naja, Sie wissen schon, Augen auf die Straße! undsoweiter. Jedenfalls hielt ich es bis dato (weil nur von der Rückseite und aus dem Augenwinkel) immer für eine Art landwirtschaftliches Ding, eine Mischung aus steinernem Faulturm und Gülleturm und Silo. Ähem.

Inzwischen bin ich schlauer. Der steinerne Turm nämlich ist die berühmte Hindenburgsäule mit ihrer ganz eigenen Geschichte.

Reichspraesident

Paul v. Beneckendorff und Hindenburg zu Ehren

Dem Schuetzer der Heimat zum Dank errichteten die Gemeinden des Winterhauches und Militaervereine des Neckargaues diese Saeule zu seinem 80. Geburtstage, den 2. Oktober 1927 auf der Stelle, wo er 1901 als Divisionskommandeur am Manoever teilgenommen hat.

Also: wieder war gelernt: Das hier ist quasi geheiligter Boden. Hier oben auf der Höhe stand 1901 der Hühne Hindenburg und mischte bei einem Manöver mit. Die Anhöhe diente ansonsten als Trainingsgelände für die Feuerwehren der Region und als Start- und Landeplatz bei Luftwaffenübungen Brieftauben-Wettflügen. Das kann man alles hier nachlesen, beim (Klick!) Eberbachchannel. Oder auch hier, bei (Klick!) Wikidingsbums. Dort erfährt man dann auch, dass Hindenburg selber von der Säule auf dem Winterhauch so begeistert war, dass er ein Bild davon an der Wand hängen hatte. Im Büro. Oder im Schlafzimmer. Oder wasweißichdennwo.

Ich las auch, dass die Büste Hindenburgs überhaupt erst seit den 50er Jahren da oben hängt, ein treuer Kurgast hat sie einst gespendet. Weil zuvor ein amerikanischer Soldat nach Kriegsende die ursprüngliche Platte mit dem Hindenburg’schen Konterfei gestohlen hatte. Warum auch immer.

Weil Hindenburg ein großer Militärmann war? Ein großer Staatsmann? Ein wahrer Preuße? Eine kaisertreue Pickelhaube, wie manch einer verächtlich spottet? Weil er Adolf Hitler an die Macht gebracht hat? Über die historische Einordnung Hindenburgs streiten die Gelehrten ja bis heute, und uneingeschränkt glücklich ist mit Hindenburg nicht jeder. Lese ich jedenfalls hier und da.

Auf dem Gelände stolpere ich noch über eine Feuerstelle, gemauert von den hiesigen Reservisten, die das Gelände offenbar auch pflegen. Die Feuerstelle wird für deren Sonnenwend-Feiern genutzt. Überhaupt scheinen Reservisten in Deutschland häufig Sonnenwendfeiern zu feiern, landauf, landab, auch das war mir ganz neu, und die hiesigen Reservisten erinnern damit eben auch an die feierliche Übergabe der Hindenburgsäule 1927, bei der auch ein Feuer loderte.

Was ich nicht gefunden habe in der kleinen Anlage, ist die Tafel, auf der die Geschichte der Hindenburgsäule erläutert wird und auf der Besucher auch nochmal einordnend nachlesen können, dass das mit dem lieben Paul von Hindenburg rückblickend nicht ganz so einfach ist. Dass man ihn so und so sehen kann. Aber vermutlich habe ich die einfach übersehen, es war kalt und windig, und ich war in Eile. Oder mal wieder blind. Oder zu anspruchsvoll. Die doofe Städterin wieder mit ihren pseudo-geschichtskritischen Ansprüchen, naja, Sie wissen schon.

Es gibt hier einen interessanten Artikel über einen Hindenburg-Straßennamen-Streit in Berlin, der allerlei Argumente mal versammelt. Und hier auf Sylt gibts ganz aktuell auch wieder Diskussionen. Und wenn Sie nochmal bei Wikidingsbums über den Herrn Hindenburg allgemein nachlesen wollen, bitte hier entlang.

3 Kommentare zu “Schuetzer der Heimat.”

  1. Eine außerordentlich merkwürdige Geschichte.

    Danke für’s Erzählen und fürdie ganze Drumherum-Information!

    Und ich wünsche mir, dass es ein Siebenschläfer ist, der da in dem Kopf haust! <3

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