WMDEDGT.

5. Februar 2019

Es ist ja immer sehr dumm, an Tagen, die man dokumentieren soll, an Tagen, die noch dazu grandiose Sonnenaufgänge versprechen, an solchen Tagen also (erstens) noch in der Dunkelheit, und (zweitens) im finstren Wald die morgendliche Hunderunde zu drehen. Da lässt sich dann nicht viel dokumentieren für die beliebte Bloggerreihe wmdedgt. Zu deutsch Was Machst Du Eigentlich Den Ganzen Tag?

Zum Glück ham wir ja für alles unsere Leute, würde meine Großmutter jetzt in unnachahmlicher, halb-überheblicher Art sagen, und ich hatte am Morgen die freundliche Frau Brigitte aus dem Nachbardorf, die ohnehin in der bitteren Kälte zum Fotografieren auf den Katzenbuckel wollte. Dankenswerterweise hilft sie mir mit Bildern vom Sonnenaufgangsspektakel aus.

Noch vor Bürobeginn schnell einen Urlaub gebucht. Wandern, schlafen, essen. Essen, schlafen, wandern. Arbeitstage könnten schlechter anfangen.

Hotel in the middle of nowhere

Die Redaktionsarbeit ist zäh und mühsam dieser Tage. Keinerlei Termine in Sicht, keine Themen auf dem Schirm, nur wenige gute Ideen. Vielleicht kann die ARD-Korrespondentin in Brüssel weiterhelfen. Die kommt nämlich aus dem Odenwald, ja, da staunen Sie, und sie hat eine Story aus der Heimat für mich. Da müssen wir mal telefonieren. Die Buchen-Brüssel-connection, sozusagen.

Ein halbe Stunde später habe ich tatsächlich ein nettes Odenwälder Thema direkt aus dem ARD-Studio Brüssel erfahren, es geht um Schafe und süße Lämmchen und um einen Wanderschäfer, der nicht aus noch ein wusste, bis ihm die Einheimischen zu Hilfe eilten. Oder irgendsowas in der Art, ich muss das noch ein bisschen recherchieren. Human-touch und Tiere gehen immer, Sie kennen das.

Nebenher befasse ich mich mit geplanten Riesen-Stromtrassen quer durch Deutschland und mit Traktoren, die satellitengesteuert alles mögliche machen. Unter anderem auch säen und ernten, nehme ich jetzt mal so an. Auch ein geplantes Literatur-Museum steht auf der To-Do-Liste, da geht es um die legendäre Augusta Bender, ein Bauernmädchen aus der Region, wirklich sehr spannend, hier können Sie mehr über die Dame erfahren. Die Eberstadter Tropfsteinhöhle beschäftigt mich, und der Landkreis als Bio-Musterregion, man höre und staune. Und Wanderwege, ich recherchiere auch über Wanderwege an diesem zähen Vormittag, was tut man nicht alles. Aber auch da warte ich auf Rückmeldungen, das halbe Leben einer Reporterin besteht ja quasi aus Warten. Warten auf Rückmeldung, Warten auf Termine, Warten auf Ergebnisse, Warten auf Ideen.

Und in der Regel kommt dann am Ende alles gleichzeitig, die Termine, die Rückmeldungen, die Ergebnisse, die Geistesblitze, dazu vielleicht noch ein unerwarteter Katastrophenfall, das alles muss man dann zeitgleich im Kopf und auf der Tastatur verarbeiten, Multitasking, naja, Sie wissen schon.

Erstmal Mittagspause.

Genauso kommt es denn auch, nach der Mittagspause gerate ich nachgeradezu in Wallung, von überallher ploppen die Rückmeldungen und die Aufträge und die Anrufe auf, ich produziere Nachrichten und Kurzbeiträge, der Terminkalender wächst nebenher zu.

Dabei wartet die wichtigste journalistische Herausforderung des Tages noch auf mich: Ein Wasserschaden im Büro im anderen Städtchen muss kontrolliert werden, ebenso wie das brummende Luftsauggerät, das der freundliche Vermieter direkt unter der nassen Stelle in der Decke aufgestellt hat. Und das im gesamten Büro eine olfaktorische Mischung aus Raubtiergehege, feuchtem Muff und warmem Puff verteilt. Es ist nicht schön. Ich frage mich, wann es für derlei Reportereinsätze eigentlich einen hochdotierten Journalistenpreis gibt, ich hätte ihn mir schon mehrfach verdient.

Ja, so in etwa müssen Sie sich den Arbeitstag einer Regionalreporterin in der vermeintlichen Provinz vorstellen, erstmal rumsitzen und warten, dann alles auf einmal und gleichzeitig machen und dann auch noch ein Wasserschaden. Naja, besser als ein Dachschaden. Aber den kriege ich früher oder später wahrscheinlich auch noch. Wenn ich ihn nicht längst schon habe.

Zum guten Schluss dann eine Verabredung mit einer lieben Freundin, kombiniert mit einem Portrait-Foto-Shooting, ich brauche geduldige, willige Models und übe da ein bisschen so herum, aus Gründen.

Und ganz zum Schluss dann nach Hause zu Hunden, Hühnern, Ziegen, Katze. Und zum Gatten natürlich, herrjeh, der Gatte, – nicht, dass ich den am Ende noch vergesse.

Und jetzt wissen Sie eigentlich alles, was Sie so wissen müssen.

Vorheriger Artikel Gute Nacht.
Nächster Artikel Winterreise.