Wir haben hier mal wieder einen Ausflugstipp für Sie, ausnahmsweise nicht aus dem Odenwald. Unsereiner kommt ja rum, nicht wahr, vorallem an verregneten Wochenenden. Schönes Wetter wäre diesmal eindeutig schöner gewesen, aber das, was wir sehen wollten, war das Gebäude von Innen; und das, was draußen ist, ist eh derzeit eine riesige Baustelle. Ein Abstecher lohnt sich trotzdem allemal. Oder Sie merken sich das rasch fürs Jahr 2018 oder 2019 vor, wenn Sie da noch einen Termin frei haben, bis dahin dürften auch die Außenanlagen fertiggestellt sein.

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Ich wohne hier quasi um die Ecke, sagt der Mann mit dem grauen Haar und lächelt ein bisschen entschuldigend, aber ich war seit 20 Jahren nicht mehr da. Tat zu sehr weh, das Ganze. 45 Jahre lang hat er für die Zuckerfabrik gearbeitet, jedes Gebäude auf dem riesigen Areal kannte er wie seine Westentasche. Auch die historischen Verwaltungsgebäude, in denen ging er ein und aus. Aber die waren damals noch nicht so schön hergerichtet wie heute. 

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Anfang des 18. Jahrhunderts hatte der damalige Fürstbischof von Speyer mit dem Bau der Eremitage in Waghäusel begonnen, die genaue Geschichte können Sie hier nachlesen, mir zumindest war das alles völlig neu, obwohl ich die Region seit gefühlten Jahrzehnten kenne. Jedenfalls machte der berühmt-berüchtigte Reichsdeputationshauptschluß der ganzen Sache einen Strich durch die Rechnung, und die Eremitage fiel an den badischen Staat. Der wiederum verkaufte das gesamte riesige Areal 1837 an die Badische Gesellschaft für Zuckerfabrikation, und das barocke Schlösschen fand sich schlußendlich in einem Industriegebiet wieder.

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Die Zuckerfabrik machte 1995 dicht und verkaufte das Gelände wieder, mit barockem Schlösschen, Parkanlagen, Fabrikhallen und Silotürmen. 13 Hektar Fläche, die seitdem der Stadt Waghäusel gehören.  

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Die Silotürme wollen sie jetzt irgendwann endlich abreißen, erzählt der Mann, auch das tut mir irgendwie leid, ich habe hier nicht nur gearbeitet, ich habe für die Zuckerfabrik gelebt. Heute also ist er zum ersten Mal wieder hier auf dem Gelände und schaut sich um, an seinem ehemaligen Arbeitsplatz.

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In einem der Gebäude, dem sogenannten Küchenbau, ist eine Galerie untergebracht, es gibt wechselnde Ausstellungen moderner Kunst und ein winziges, wunderbares Café. Der Galerist schleppt Tabletts mit selbstgebackenem Kuchen und gutem, starkem Kaffee in 70er-Jahre-Tassen herbei, er plaudert mit den Gästen und erklärt bei Bedarf die aktuelle Ausstellung.

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Das sieht schon toll aus jetzt, sagt der Zuckermann, und der Schokoladenkuchen war der beste, den ich je gegessen habe, und wieder lächelt er halb verlegen, halb entschuldigend. Vielleicht komme ich mal wieder. 

Wir haben das definitiv auch vor. Sei es zur nächsten Ausstellung oder nur auf einen Kaffee in ungewöhnlichem Ambiente. Oder, um mal mit der Kamera über das ehemalige Fabrikgelände zu stolpern, keine Ahnung, was es außer den riesigen Silotürmen dort noch zu sehen gibt, wo man überall noch hinkommt. Oder durch den Park hinter dem Schloß, der derzeit eine große Baustelle ist.

Schlimm genug, dass wir das alles noch nicht kannten.

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Wenn Sie da mal hinwollen: die aktuelle Ausstellung läuft noch bis Ende Februar, bis dahin ist der Küchenbau sonntags von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Ob und wie man in das Hauptgebäude des Schlosses hineinkommt, ist uns nicht ganz klar geworden, offenbar nur zu Veranstaltungen. Oder Sie lassen sich da standesamtlich trauen, falls Sie eh grade sowas in der Art planen, das wäre auch eine Möglichkeit, die ich der Homepage entnehme. Auf der sollten Sie einfach mal stöbern, und dann einfach mal hinfahren. 

 

 

 

Ein Kommentar zu “Die Eremitage.”

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