In Badisch-Sibirien geht der Winter von Oktober bis mindestens Ende April, das fällt mir heute so ein, während ich von der Sonne erhitzt am dienstlichen Schreibtisch sitze. Bei der Hunderunde am Mittag komme ich ins Schwitzen, langärmeliges T-Shirt, wie dumm muß man sein. Im Oktober lässt der Odenwälder Autofahrer traditionell die Winterreifen aufziehen, vielleicht lasse ich das dieser Tage beim TÜV-Termin gleich mit erledigen. Vielleicht wird mich der Werkstatt-Fritze dann aber auch für verrückt erklären. Naja, Sie wissen schon.

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Passend zum Wetter sitze ich im Café draußen unter Sonnenschirmen, es ist nicht viel los im Städtchen um diese Zeit. Es kommt ein Ehepaar auf E-Bikes angerollt, beide in schicker Radlermontur, Packtaschen hinten drauf, Radtouristen. Das Café ist ihr Ziel, aber wo stellen wir die Räder ab?, fragt der Mann und blickt sich suchend um. Nicht, dass sie im Weg stehen und jemand meckert! Ich möchte ihm zurufen Hier ist doch überall Platz genug und hier meckert sowieso nie irgendwer!, aber ich schweige.

Hin und her schieben sie die Räder, dann endlich stellen sie sie direkt neben dem Freisitz des Cafés ab. Ich höre schwere Ketten rasseln, dicke, massive Schlösser werden angebracht und umständlich zugeschlossen, die Prozedur dauert eine kleine Ewigkeit, aber Sicherheit geht nun mal vor. Wer weiß, ob nicht hinter der nächsten Hecke schon ein Fahrraddieb lauert? Ich beobachte das Schauspiel und denke so bei mir: Wie süß: Bestimmt Großstädter.

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Das bekloppte Huhn war wieder unterwegs. Es ist eine von den schwarzweißen Hennen, die uns den letzten Nerv raubt. Also, sie war schwarzweiß. Oder sie wäre schwarzweiß, wenn sie überhaupt noch genug Federn hätte, um das zu bestimmen. Das bekloppte Huhn verlässt immer wieder auf rätselhafte Weise das Hühnergehege und wechselt in unseren Garten. Was an und für sich noch nicht tragisch wäre.

Aber im Garten, da sind die Hunde, und die Kombination Hund und freilaufendes Huhn hat sich als unglücklich herausgestellt, insbesondere für das Huhn. Das seinerseits aber eben bekloppt genug ist, um immer und immer wieder denselben schweren Fehler zu begehen.

Das Geschrei ist dann jedesmal groß, der Hund schreit, das Huhn schreit, der Gatte schreit und ich schreie auch, während ich durch den Garten eile, um das wild flatternde Huhn aus den Fängen eines Hundes zu retten. Der tut nix, der will nur spielen, hat aber seine Grobmotorik nicht so recht im Griff. Dafür aber das Huhn in der Mangel.

Jedenfalls hat das bekloppte Huhn jetzt kaum noch Federn auf dem Rücken, dafür neuerdings aber eine dicke Beule auf dem Kopf. Kommt aber trotzdem weiterhin in unregelmäßigen Abständen in den Garten gestiefelt, der liebe Himmel weiß, wie und vorallem warum. Mir scheint, das sei eine Analogie für irgendwas, vielleicht auf das ganze Leben, aber ich muß darüber nochmal nachdenken.

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2. Oktober, 21 Uhr, die Nachbarn sitzen im Freien und grillen. Wie an so einem Sommerabend.

6 Kommentare zu “Ein Sommertag.”

  1. …Dankeschön! habe herzlich gelacht über die Geschichte des bekloppten Huhns und was die Analogien angeht … schau’ mal gen Osten …

  2. Vielen Dank … mit viel Freude gelesen + ein Lächeln im Gesicht, das tut gut.
    Nordseegrüße, Margot

  3. Ja, die Großstädter sind ein eigenes Völkchen. Inzwischen ist es längst Usus, das dem Menschen teure Fahrrad in die Wohnungen zu schleppen, um es dort am sichersten zu verwahren. Und es wird arg viel gemeckert, um ganze Belanglosigkeiten herum.
    Wie gut, dass ich all dem schon vor Jahren entkommen bin, jedes Mal ein Kulturschock, wenn ich in die Stadt muss. Zu viele bekloppte Hühner!

  4. “Wie an so einem Sommerabend.”

    Es ist schon echt eine verdrehte Welt. So sehr sich solche inzwischen dank zeitigeren Sonnenuntergangs etwas früher endenden Abende im Freien genießen lassen, irgendwie stimmt innerlich trotzdem etwas nicht dabei. In meiner alten Heimat hatten wir um diese Zeit teils schon den ersten oder auch zweiten Schnee!?

    Was die Fahrräder betrifft, so sind das ja inzwischen auch keine mehr, sondern eher Wertanlagen, wenn man so die Preise selbst für “normale” ohne E so anschaut. Da hat sich die letzten Jahre auch eine ganze Branche gesundgestoßen und subjektiv empfinde ich da auch diese gerne angebrachte “Mitnahmementalität” über eigentlich ungerechtfertigt erhöhte Preise. Da kann man die Besitzer auch verstehen mit ihrem “Fort-Knox-Denken”.

  5. Naja, wir mussten heute under Auto zur Inspektion bringen…wir haben unsre Winterreifen drauf ;-)…

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