Es war vor mehreren Wochen ein Do-it-yourself-Renovierungsbeschluß für das Haus gefallen, der musste nun auch irgendwann in die Tat umgesetzt werden. Zumindest für die untere Etage, aber das sind auch rund 150 Quadratmeter und jede Menge hohe Wände, die einst weiß waren und schon sehr lange eine andere, undefinierbare Farbe angenommen hatten, um es mal sehr vorsichtig zu formulieren. Es war auch deswegen etwas still hier auf dem Blog, ich kann mich schließlich nicht um alles kümmern.

Unser Leben spielte sich tagelang unter Plastikfolie ab, der PC unter Plastkfolie, das Laptop unter Plastikfolie, die Küche unter Plastikfolie. Laut dudelte ein 70er-Jahre-Internetsender, der liebe Freund, der uns zur Hand ging, sang lauthals mit und spielte mit der Farbrolle Luftgitarre, wir hatten viel Spaß. Abends gab es Tiefkühlpizza. Für die Zubereitung von Tiefkühlpizza muß man lediglich zweimal unter die Plastikfolie kriechen, einmal reinschieben, einmal rausholen, – auch so eine Erkenntnis, die ich mir merken muß für ähnlich gelagerte Fälle.

Das Weltgeschehen durchdrang nur hin und wieder die Plastikfolie, das war ja auch mal sehr schön. Vielleicht sollten wir öfter renovieren, oder uns zumindest tage- oder wochenweise unter Plastikfolie zurückziehen, gleichsam verstecken, ich werde darüber nachdenken. Und jedenfalls räumen wir jetzt langsam wieder ein, alles wird anders, so eine weiße Wand zieht unerwartete Konsequenzen nach sich. Eine neue Farbe ist wie ein neues Leben. Glauben Sie mir.

Im Übrigen habe ich die klassischen Anfängerfehler gemacht. Nach dem Renovieren ein Fensterbrett einölen. Und daraufhin feststellen, daß man/frau vielleicht auch alle anderen ölen müsste. An einer Stelle anfangen, Silikonfugen zu säubern. Wie? dumm? muß? man? sein? Eine (eine) Steckdose abgeschraubt und gereinigt. Danach auch zwangsläufig die drölfzigtausend anderen. Gleiches bei verstaubten Heizkörpern. Putzt Du einen, putzt Du alle. Man lebt, man lernt.

Heut früh im Wald sah ich, weit entfernt im Unterholz, eine Hasen-Herde, das erlebt man ja auch nicht so oft. Sechs große Hasen, die zwischen Bäumen und Farnen hin- und hersausten, sie waren offenbar in Spiellaune. So sehr, dass sie einen perfiden Plan fassten. Und der ging so: Die Gruppe teilte sich in ihre Einzelteile auf, und jeder der sechs Hasen stürmte aus einer anderen Richtung auf mich und die zwei Hunde zu.

Einer kreuzte vor uns unseren Weg, der andere hinter uns, einer kam in einer eleganten Diagonalen an uns vorbeigeschossen, der nächste hopste direkt neben uns weiter durchs Unterholz. Der Anführer zeigte sich als besonders tollkühn und rannte plötzlich auf dem schnurgeraden Weg direkt auf uns zu, erst kurz vor den angeleinten Hunden schlug er – zack! – einen Haken und verschwand im Gebüsch. Noch mehrere Minuten lang konnte ich ihr albernes, hämisches Lachen im Unterholz hören.

Also, ich hätte es hören können, wenn ich nicht selber so laut gebrüllt und geflucht hätte, zwei komplett durchgedrehte Hunde an den Leinen, Frollein Leni zappelte aufgeregt vor und zurück, Frau Lieselotte zerrte an der Leine und keuchte wie eine Dampflokomotive, während der Schaum an ihrem Maul zu einem veritablen Vollbart heranwuchs.

Ich hatte im wahrsten Wortsinn alle Hände voll zu tun, musste zusehen, dass ich mich nicht bis zur kompletten Bewegungsunfähigkeit in Leinen verwickle und rief, vergleichsweise sinn-los, Nein!, Schluß!, Aus! in den Wald. So taumelten wir also über den Weg wie ein Trio des Wahnsinns, hechelnd und brüllend; so kann man das Wochenende ja auch einleiten. Als sich die Situation halbwegs entspannt hatte, wandte ich mich nochmal an die Hasen, die das lustige Schauspiel vermutlich aus sicherer Entfernung beobachteten und sich ins Pfötchen lachten: Sachma, Ihr habtse wohl nich alle!

Der Sommer kommt jetzt angeblich auch nach Badisch-Sibirien, die Temperaturen sollen bis zu 20 Grad erreichen, das ist ja schon mal was. Der Frühling dauerte hier etwa zweieinhalb Tage, davor war Winter. Wir steigen also direkt vom Rollkragenpullover auf die ärmellosen Shirts um, die Übergangskleidung wurde auch in diesem Jahr nicht gebraucht. Morgens und abends hören wir Sommer-Geräusche, die Schwalben, die brummenden riesigen Mähdrescher auf den Wiesen rund ums Dorf, bis in die Nacht. Schön ist das.

Im Übrigen ist morgen das kleine Museum im Nachbardorf geöffnet. Falls Sie Zeit und Lust haben auf Geschichte und Geschichten aus dem Odenwald und auf die besten Torten und Kuchen nördlich der Alpen. Sagt man hier so. Müssen Sie also schon selber testen, ob das stimmt. Morgen ist dazu mal wieder Gelegenheit, wie jeden letzten Sonntag im Monat, von 14 bis 17 Uhr. Also, bitte. Naja, Sie wissen schon.

Und falls Sie trotz der Überschrift dieses Blogbeitrags immernoch keinen Ohrwurm haben, bitte sehr, hier werden Sie geholfen:

5 Kommentare zu “Eine neue Farbe ist wie ein neues Leben”

  1. …Danke für die originellen Beiträge, es sind jetzt gerade im Odenwald nicht die Mähdrescher unterwegs, da wird das Gras für Heu oder Silage gemäht, es brummt durchaus vergleichbar. Schönes Pfingsten Herzlich Rolf

      1. …in der Regel sind das Kreiselmähwerke am Traktor angehängt, selten Balkenmäher oder Selbstfahrer mit Mahlwerk Herzlich Rolf

  2. Wie wunderbar, wieder etwas zu lesen!! Ich hab Sie schon vermisst
    Viele Grüße aus Ostwestfalen
    Silvia

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