Der Himmel ist abwechselnd schwarz, tiefschwarz, rappeldustreNacht-schwarz, dann wieder dunkelgrau, grauschwarz, rabenschwarz. Ich wollte Wetter, ich bekam Wetter: Vor die Linse, außerdem in den Kragen, die Schuhe, die Hosenbeine. Mehrmals am Tag schickte Kachelmannwetter Warnungen vor Starkregen, Gewitter, Hagelschlag, das ist genau der richtige Zeitpunkt, um dem Wetter entgegenzufahren und dann mit den Hunden und der Kamera loszuziehen. Man muß schon ganz schön bekloppt sein, um bei diesem Wetter rauszugehen, sagt der Gatte kopfschüttelnd bei meiner Rückkehr, und ich antworte triefend Da haste ja mal schön recht. Zu meinen Füßen bilden sich kleine Pfützen.

Ansonsten denke ich dieser Tage immer wieder an Theodor Leutwein. Das ist nun auch nicht besonders sonnig, eher wechselnd-bewölkt. Kolonialgeschichte undsoweiter. In Mannheim, also gar nicht so weit von uns, da hat man in der Vergangenheit auch über Theodor Leutwein nachgedacht, und weil der gebürtige Odenwälder Leutwein eine nicht unbedeutende Rolle während der Kolonialzeit in Deutsch-Südwestafrika gespielt hat, will man in Mannheim die Leutweinstraße nun umbenennen. Ebenso wie die Nachtigal-Straße und die Lüderitz-Straße. Es gab dazu eine spannende Veranstaltung dieser Tage mit Vertretern auch aus Namibia, (Klick!) hier können Sie das nochmal nachlesen und nachhören.

Der Herr Leutwein also stammt aus dem Odenwald, genau gesagt aus dem kleinen Strümpfelbrunn am Katzenbuckel. Das ist gleich bei mir um die Ecke, und wenn ich durch Strümpfelbrunn fahre, dann fahre ich jedesmal durch die Theodor-Leutwein-Straße, es ist quasi die main road im klitzekleinen Ort, die Hauptverkehrsstraße, wenn man das so nennen kann. Die Gemeinde war einst vermutlich mächtig stolz auf diesen großen Sohn aus einem Odenwälder Pfarrhaus, der da in Deutsch-Südwestafrika mal aufgeräumt hat, im Auftrag der Kolonialmacht Deutschland.

Bei wikipedia lese ich: In seinen Memoiren erwähnt Leutwein, dass er Artillerie gegen kaum Bewaffnete einsetzte, Dörfer vernichtete und lokale „Chiefs“, die eine bedingungslose Unterwerfung verweigerten, hinrichten ließ. Bis Ende 1894 hatte er Süd- und Zentralnamibia formell der deutschen Herrschaft unterworfen. Seinen Chefs im fernen Deutschland war Leutweins Hand offenbar nicht hart genug, er wurde schließlich durch Lothar von Trotha abgelöst, der zu einem rassistischen Vernichtungskrieg und Völkermord bereit war, wie es bei Wikipedia heißt.

Theodor Leutwein ist wohl nie in das kleine Dorf am Katzenbuckel zurückgekehrt, er starb 1921 in Freiburg und ist dort auch begraben. Einem Museum in Freiburg hatte er 1898 auf Bitten des damaligen Oberbürgermeisters eine Sammlung von Objekten aus Deutsch-Südwestafrika zusammengestellt. Über die Hintergründe, wie die Objekte vor Ort erworben wurden, ist keine Dokumentation erhalten, steht auf der entsprechenden (Klick!) Freiburger Website zum Thema Leutwein. Die ist überhaupt spannend zu lesen, gerade auch im Vergleich mit den anderen Informationen, die ich mir so aus dem Internet über Theodor Leutwein zusammengefummelt habe. Wenn Sie da mal ein bißchen tiefer einsteigen wollen: Auch Leutwein selber hat sowas wie Memoiren geschrieben, siehe oben, ein Buch mit dem Titel Elf Jahre Gouverneur in Deutsch-Südwestafrika, das können Sie (Klick!) hier sogar im Internet nachlesen. Zwecks Horizonterweiterung und Meinungsbildung und so. Naja, Sie wissen schon.

Im Übrigen habe ich einen Schwarzstorch gesehen, den zweiten meines Lebens. Und wenn ich das Gekreische, Gefiepe und Geflatter ab morgens früh um Fünf richtig höre und deute, bauen die Turmfalken über unserem Schlafzimmerfenster ein Nest.

4 Kommentare zu “Wechselnd bewölkt.”

  1. Tolle Bilder, wie sooft. Und bei uns brütet jetzt hoch oben auf einer über 100 Jahre alten Buche ein Graureiher-Paar. Zum ersten Mal.
    Hasen gibt es dieses Jahr auch reichlich und Fasanen auch. Allerdings habe ich bisher nur Fasanen-Hähne gesehen. Logisch, die fallen mehr auf.
    Zu Namibia: jedes Zeitalter hat seine Irrtümer. Mal sehen, was man in 100 Jahren von unserem Zeitalter erzählt. (Wir haben eine Pelletheizung…)

  2. Apropos Theodor Leutwein, weniger Nachtigal und Lüderitz, aber zu diesem Strümpfelbrunner, nicht weit von hier, wurde in meiner Pennälerzeit „tolles“ gelehrt! Jetzt aber: Zeitgeist und political Correknes.
    Was sagen heute die Oranier und die Briten? Von dort, großes Schweigen.
    Von all dem lenken Ihre tollen Bilder doch zu anderen Gedanken mit Wünschen zu einem sonnigeren weekend.

  3. In der großen Stadt sind wir mitten drin in den Umbenennungen. Vielleicht für Sie interessant dieses Buch: Natalie Bayer und Mark Ter­kes­sidis (Hg.): „Die post­koloniale Stadt lesen. Historische Erkundungen in Friedrichshain-Kreuzberg“. Verbrecher Verlag, Berlin 2022

  4. Welch gewaltige Wolkenstimmungen! Vor allem das Farbbild spricht mich durch seine Farben und die drohenden Wolken am Himmel sehr an! Vermittelt mir allerdings auch ob meiner schützenden vier Wände eine gewisse Dankbarkeit, mich solchen Wolkengewalten nicht aussetzen zu müssen. Heute allerdings muss ein kleiner Ausflug unter einem schützenden Regenschirm dennoch sein …

    Auch in Österreich gibt es immer wieder Diskussionen um Umbenennungen von Plätzen und Straßen oder Häusersiedlungen. Mich beschleicht dann stets aufs Neue das Gruseln, wie lange sogar „danach“ verlangt wurde, gewissen Individuen, die das 20. Jahrhundert mit ihrer Ungeist-Haltung geprägt haben, ein Denkmal zu setzen. Das zeigt, wo eine Gesellschaft steht, wenn niemand dagegen aufsteht! Ja, diese Befindlichkeiten, mit dem Hang zu den guten, alten Zeiten, die sind definitiv mehr als befremdlich, werden aber auch immer wieder als nebensächlich abgetan! Solche Diskussionen lassen tief blicken! Und geben der Erkenntnis Nahrung, dass der Mensch eben einer ist, der Vergangenes gerne auferstehen lässt, weil er nichts daraus gelernt hat.
    Stimmung wird allerdings von Politiker*innen auch dadurch erzeugt, wenn ernsthafte Probleme im Zusammenhang mit Zuzug und Asylpolitik weggeredet werden – auch diese Blindheit kann äußerst gefährlich sein, treibt sie doch u.a. nicht wenige in die Arme von jenen, die der rechtspopulistischen Sprache mächtig sind …
    Nachdenkliche Grüße aus Österreich, C Stern

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