Dies und Das am Freitag.

19. November 2021

Der Junghahn müht sich redlich, man muß das anerkennen. Er ist letzten Endes genauso dämlich wie sein Vater selig, er sucht kreischend das Weite, wenn wir uns dem Gehege nur von Ferne nähern. Selbst den Hennen fällt das auf, sie gucken etwas sparsam, wenn er mit hektisch-wehenden Federn und weit aufgerissenen Augen an ihnen vorbei in die vermeintliche Sicherheit rennt, während einige von ihnen uns zutraulich aus der Hand fressen. Es ist alles in allem ein bißchen peinlich, aber naja.

Bei wikipedia lese ich, der Hahn sei im Volksglauben das Symbol für Kampfeslust und Kampfbereitschaft, auch der Wachsamkeit und des Sonnenaufgangs. Anderswo verscheuche er den Spuk der Unholde, und ein rabenschwarzer Hahn wie unserer lege im siebten Jahr ein Ei, aus dem dann ein Drache heraussteigt. Aha. Wir wollen ihm also noch ein bißchen Zeit lassen.

Und er gibt sich wirklich Mühe, wie gesagt. Im Moment übt er Krähen, und er macht durchaus Fortschritte. Vor einigen Wochen klang er noch wie dieser Typ am Tresen, der nach jedem Bier nicht nur besoffener, sondern auch lauter und lallender wird, der Hahn lallte also morgens früh lauthals im Stall herum, und eventuell hatten die Nachbarn schon meinen Geo in Verdacht. Es war nicht mein Geo, es war der Hahn, der klang, als habe er deutlich einen über den Durst getrunken.

Aus der Lall-Phase ist Junghahn JoHahn inzwischen raus, nun klingt er beim Krähen wie der sterbende Schwan Hahn, der auf dem letzten Loch pfeift. Nicht wie ein blutiger Anfänger, sondern eher wie einer, der sein Leben aushaucht, so ein bißchen morbid, aber das passt ja irgendwie in diese Zeiten.

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Das Foto oben schien mir auch irgendwie passend, ich fahre alle paar Wochen durch den einzig ernstzunehmenden Tunnel hier in diesem riesigen Landkreis, es ist jedesmal wieder sehr aufregend, und der Tunnel ist – glaube ich – fast 800 Meter lang! Wenn Sie mich fragen, haben Tunnelfotos auch etwas sehr Passendes momentan, egal, ob man grade reinfährt oder rausfährt oder mittendrin unterwegs ist. Wir hangeln uns ja so gesehen grade von Tunnel zu Tunnel, und zwischendurch habe ich allerdings das Gefühl, man sieht das Licht am Ende desselbigen nicht mehr. Wobei der Tunnel hier bei Osterburken ja nachts taghell ist, das Loch hinten umso finsterer, es ist also etwas kompliziert mit der Symbolik.

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Mittagspause im Café im Städtchen. Ich bin der einzige Gast und bestelle eine heiße Linsensuppe, die Körper und Seele wärmt. Seit Mittwoch kommt kaum noch einer, sagt die Bäckerei-Frau, und dauernd rufen Leute an und stornieren Tischreservierungen oder Tortenbestellungen. Sie sitzt an einem der Tische, vor sich irgendwelche weihnachtlichen Deko-Basteleien. Na, schaun mer mal, wie das noch alles wird.

Ich löffle schweigend meine Linsensuppe, das ist vielleicht ein bißchen unhöflich, aber ich bin aktuell zu müde, um mich noch über irgendwas in dieser Richtung aufzuregen.

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Mein Auto hat jetzt nicht nur Winterreifen, sondern auch den TÜV bestanden, ja, da staunen Sie. Ich staunte auch, es ging vergleichsweise glatt über die Bühne. Mein Auto ist dabei im Übrigen eine rollende Mischung aus Saustall und Müllhalde, wir leben ja schließlich auf dem Lande.

Im Fahrzeug werden nicht nur regelmäßig (nasse) Hunde transportiert, sondern auch schon mal Hühner und Hähne, hin und wieder auch eine schreiende Katze, ich fahre ohne mit der Wimper zu zucken durch allgegenwärtigen Matsch und Modder, und ich steige nach Wanderungen auch mit der triefe-nassen Gummihose und den verschlammten Schuhen ein. Die hochgedrehte Heizung tut in dieser Jahreszeit ein Übriges, und ungeübte Mitfahrer werden mitunter grün im Gesicht, bei längeren Strecken zumindest.

Aber ich schweife ab. Jedenfalls klagte der Werkstattchef heute nach getaner TÜV-Arbeit, dass der Herr vom TÜV ebenfalls geklagt habe, nämlich über die optischen und olfaktorischen Verwerfungen im Auto, es gebe da jetzt neue Corona-Hygieneregeln für Fahrzeuginnenräume. Die ich offenbar nicht befolge, um es vorsichtig zu formulieren. Der Werkstattchef guckte sehr streng, und ich weiß nun nicht, ob ich lachen oder hysterisch weinen soll.

  • 5 Kommentare
  • Britta Blank 19. November 2021

    Guten Abend,
    die Beschreibung Ihres Hahnes hat mir heute den Abend gerettet😁! Auch ansonsten vielen Dank für das tägliche Leseerlebnis🤗!
    Liebe Grüße aus Karlsruhe

  • Jutta Kupke 20. November 2021

    Ihre Texte liebe ich,
    immer ein wahrer Genuss !
    An dieser Stelle einmal an Dank dafür.
    ♥liche Grüße aus dem Frankenlande

  • Ilka 20. November 2021

    Optische und olfaktische Verwerfungen – ich lach mich kaputt.

  • heike 20. November 2021

    Herrlich! Danke!!!

  • N. Aunyn 20. November 2021

    Hab ich was verpaßt? Der Junghahn ist Rüdis Sohn? Und Rüdi hat das Zeitliche hinter sich gelassen?

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