Nö. Kein ausführlicher Jahresrückblick. Ich hasse die üblichen Jahresrückblicke. Und worauf sollte man dieses Jahr groß zurückblicken? Zugegebenermaßen immerhin darauf, dass wir gesund und munter sind, gottlob, und bisher alles vergleichsweise unbeschadet überstanden haben. Dafür sind wir sehr dankbar. Wir fristen seit Monaten ein glückliches Einsiedlerdasein im tiefen Odenwald und brauchen nicht mal mehr Ausreden dafür. Und ansonsten helfen wir, wo wir können. All denen, die diese Zeit viel mehr herausfordert als uns.

Nur ein paar persönliche Zahlen will ich Ihnen um die Ohren hauen, in absteigender Reihenfolge.

2021

wird hoffentlich ein bißchen besser. Jo. Wäre nicht verkehrt

2020

haken wir jetzt mal ab. Nicht ohne Dankbarkeit, siehe oben. Und nicht ohne Hochachtung vor Leuten, die in diesem Jahr alles geben mussten. Nicht ohne Mitgefühl für die, denen echtes Leid oder existentielle Not widerfahren sind.

2000

Leser hat dieses Blog an guten Tagen in diesem Jahr gehabt. (Manchmal auch 4000 oder 6000, wenn der Herr Buddenbohm mich verlinkt. Danke, Herr Buddenbohm!)

1500

an einem stinknormalen, durchschnittlichen Tag. Danke dafür! Toll, dass Sie hier sind und mitlesen.

1000

mal bin ich in diesem Jahr auf den Feldern, den Wiesen im Wald und irgendwo da draußen rund ums Dorf unterwegs gewesen, Hunderunde, dreimal täglich, so ungefähr jedenfalls. Bei Wind und Wetter. Ich sags ja nur mal so.

600

Menschen tummeln sich grade am Katzenbuckel, höchster Berg im Odenwald. Gefühlt zumindest. Rodeln undsoweiter. Gedränge und Verkehrschaos inbegriffen. Hier um die Ecke. Und jetzt weiß ich auch nicht. Und es schneit weiter und weiter.

500

Euro in Ein- und Zwei-Euro-Stücken sind am Ende des Jahres in der hausinternen Eier-Kasse. (Ob wir das versteuern müssen?)

490

Euro haben wir vermutlich für Hühnerfutter ausgegeben. Ja, wirtschaftliches Denken war noch nie so unsers.

365

mal habe ich dem Gatten auch in diesem Jahr erklärt, dass es wenig zielführend ist, bei Matschwetter, Regen oder Schnee mit Hausschuhen quer durch den großen Garten zum Komposthaufen und zurück ins Wohnzimmer zu latschen. Bitte fragen Sie nicht. Ganz schwieriges Thema. Ja, wir leben auf dem Lande, aber man muß es doch nicht übertreiben.

300

Euro habe ich in diesem Jahr für Restaurant-Gutscheine ausgegeben. Wann wir die jemals einlösen: keine Ahnung. War trotzdem richtig.

200

mal, ungefähr, habe ich den Tag schon am frühen Morgen am Forellenteich am Waldesrand begrüßt. Die Stille genossen oder den Vöglein beim Piepsen zugehört. Und die Forellen gefüttert. Es gibt fast nichts Schöneres. Danke an den Teich-Chef, dass er mir das ermöglicht und erlaubt.

175

ist die aktuelle Sieben-Tages-Inzidenz im Landkreis, das klingt eventuell besser als es ist, sagen die Mediziner mit Blick auf die kommenden Wochen. Aber wir waren hier schon mit über 380 landesweiter Spitzenreiter, also, immerhin.

150

Liter Hefeweizen, alkoholfrei, dürften dieses Jahr in mich hineingeflossen sein. Ich trinke das Zeug zu jeder Jahreszeit. Nur am Silvesterabend darf es mal Sekt, alkoholfrei, sein. Pappsüß und scheußlich, aber naja.

100

dienstliche Mails pro Tag bekam ich auch in diesem Jahr durchschnittlich. An der Menge der Redaktions-Arbeit hat sich nichts geändert, es ist eher mehr als weniger geworden. Und andere Formen der Kommunikation sind hinzugekommen.

70

Isolierbetten haben die hiesigen Kliniken, und die dürften im Moment ziemlich gut belegt sein. Alle planbaren Operationen sind bis auf weiteres abgesagt. Die Krankenhäuser sind am Anschlag. Die Mitarbeiter in den vielen schlimm betroffenen Alten- und Pflegeheimen auch.

60

Gallensteine nerven mich pünktlich zum Jahreswechsel wieder. Vielleicht sind es auch nur sechs. Oder 600. Rolling stones. quasi. Super timing mal wieder. Gallensteine ohne Gallenblase, ich bin ein medizinisches Wunder, hurra. Das musst Du wohl von Deinem Vater haben, würde meine Mutter jetzt spitz und schmallippig bemerken. Und sie hätte wohl wieder mal recht. Zähne zusammen und aushalten, sagt die freundliche Hausärztin, ins Krankenhaus nur, wenn es gar nicht mehr anders geht. Wer will in diesen Zeiten schon ins Krankenhaus?

30

Siebenschläfer haben wir in diesem Jahr umgesiedelt, eigenhändig. Lebendfalle in die Hütte am See, Apfel oder Käse rein, Zack! Lebendfalle 15 Kilometer weit weg und über einen großen Fluß gefahren. Jetzt ist Schluß mit Party. Bis zum nächsten Frühjahr zumindest, ähem.

15

junge Nachwuchsjournalisten an der Deutschen Journalistenschule München durfte ich in diesem Jahr erstmals unterrichten, erst noch face-to-face, dann online. Eine Premiere in mehrfacher Hinsicht. Aber alles bingo, alles wunderbar. Tolle junge Leute, wunderbare Erfahrung. Bisher machten das immer Kollegen aus dem ARD-Hauptstadtstudio, aber nun wollten sie halt mal eine echte Regionalreporterinlandpomeranze. Ich freue mich auf die nächste Unterrichtseinheit. Alle anderen Seminare, die ich sonst so nebenher mache: abgesagt, gecancelt, gestrichen und verschoben.

12

Kolumnen für eine deutschlandweit erscheinende Zeitschrift habe ich 2020 abgeliefert, das war ausgesprochen schön. Ich erinnere mich, wie die nette Chefredakteurin seinerzeit aus Augsburg anrief und mich um ein erstes Treffen bat, sie würde zu uns in den Odenwald kommen. Wow! Extra anreisen wollte die Dame! Meinetwegen! Ich schwebte auf Wolke Sieben, bis sie mir dann hier am Kaffeetisch erklärte, dass sie eigentlich auf dem Weg zu ihren alten Eltern sei, die wohnen nämlich hier zwei Dörfer weiter. Naja, Sie wissen schon.

11

Hennen und ein Hahn springen inzwischen durch unser Gelände, manche sind sehr süß, andere ziemlich dämlich. Wie im richtigen Leben halt.

10

Vor-Ort-Termine als Reporterin habe ich in diesem Jahr im Kalender gehabt, zumindest gefühlt, vielleicht waren es auch 15 oder 16. Jedenfalls in einem Jahr soviel wie sonst in manch einer stressigen Woche. Alles andere: online und per Telefon. Geht auch. Man wächst an seinen technischen und kreativen Aufgaben. Aber eigentlich liegt es ja im Wesen des Reporters, dass er vor Ort ist, hinguckt, zuhört, Eindrücke sammelt und verarbeitet. Je nun. Ging halt nicht. Wir haben das Beste draus gemacht, die weltbesten Kollegen in Mannheim und ich hier im tiefen Odenwald.

5

Personen haben wir in den vergangenen Monaten halbwegs regelmäßig getroffen, mehr nicht. In wechselnder Besetzung und in dem Wissen, dass all diese gut aufpassen, was eine Ansteckungsgefahr angeht. In unserem Freundes- und Bekanntenkreis sind viele Hochrisiko-Ü-70-Menschen, deswegen.

3

Tiere leben weiterhin mit uns in einem Haushalt, Frau Lieselotte, das uralte Hündchen und Emmy, die Katze. Ich warte auf den Tag, an dem sie realisieren, dass sie in der Überzahl sind. Aber dann, wehe uns.

1

Biber hat sich am Forellenteich häuslich niedergelassen, Bibi ist der lässigste Biber der Welt, wir unterhalten uns immer sehr angeregt, wenn er nicht grade in seiner Höhle verschwunden ist. Bibi wartet im umzäunten Gelände darauf, dass ein Weibchen seinen Weg kreuzt, da kann er nun warten, bis er schwarz wird, aber das ist jetzt wieder eine andere Geschichte. Auf jeden Fall sind die Begegnungen mit Bibi jedesmal ein großes Glück.

1

großen Baum hat er bereits gefällt, zahlreiche andere angeknabbert, dieses Mistvieh, das liegt ja nun in der Natur der Sache. Wir sehen es gelassen.

0

mal waren wir in diesem Jahr verreist. Ich war nicht mal in irgendeiner großen Stadt, wenn ich es recht bedenke. Macht nichts, hier isses ja auch schön.

Jetzt ist das doch so ne Art Jahresrückblick geworden. Naja, seis drum.

Kommen Sie alle gut in das Neue Jahr.

6 Kommentare zu “Kein Jahresrückblick.”

  1. Immerhin weiß ich jetzt, wieviel Liter alkoholfreies Hefeweizen frau so in einem Jahr wegtrinkt ( heute auch Sekt ). Die Zahl fünf haut bei sieben Enkeln nicht hin ( immerhin jeden der sieben mal in diesem Jahr gesehen, musste leider reichen ). Die Zahl Null in punkto Reisen trifft auch zu. Mehr Rückblick jetzt aber auch bei mir nicht.
    Alles, alles Gute für euch in Badisch Sibirien! (Schnee könntet ihr vorbeischicken ).
    Herzlich
    Astrid

  2. Wieder so wunderbar und mit einem schelmischen Augenzwinkern geschrieben. Ich mag es soso sehr. Danke!!!
    Liebe Grüße aus dem hohen Norden
    Lydia

  3. Gerne gelesen. Immer. Ich habe gute Erinnerungen an den Odenwald, wo mein Bruder mal wohnte. Der ist jetzt in Baden Würtenberg und braut Bier. Mit Alkohol. Während ich hier in der Hochburg (so kommt es mir jedenfalls vor) des Virus sitze. Aber na ja, irgendwann bekommen wir ja die Impfung, meine eine Tochter hat sie schon, sie arbeitet in einem Krankenhaus.
    Ich schweife ab, wünsche ihnen und ihrem Gatten ein gesundes neues Jahr, und bedanke mich.

  4. Das ist ein wunderbarer Jahresrückblick , habe es mit einem Lächeln im Gesicht mit Freude gelesen ?

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.