Eine vermatschte Runde durchs Unterholz, tief im Wald, habe ich heute mit dem Hund gedreht, weit ab von aller Zivilisation. So gesehen ist ja hier alles ziemlich weit ab von aller Zivilisation, aber die Runde heute war es nun umso mehr, naja, Sie wissen schon. Anderthalb Stunden ackerte ich in dicken Stiefeln und eingemummt wie ein Polarforscher durch Schnee-Niesel von oben und weiß-braunen Schnee-Matsch von unten. Rehe und Hasen kreuzten unseren Weg, nichts war zu hören, kein Mensch weit und breit.

Bis sich dann von Ferne ein eigenwilliges Paar nähert. Die beiden Gestalten wirken von weitem wie eine Mischung aus Pat und Patterchon und Stan Laurel und Oliver Hardy, der Eine klein und kugelrund, der Andere lang und dünn wie eine Bohnenstange. Etwas unbeholfen stolpern sie mehr, als dass sie gehen, das liegt natürlich daran, dass sie beide komplett unpassend angezogen sind. Casual-business würde ich den Kleiderstil nennen wollen, schicke dünne Lederschuhe, dezente Stoffhose, elgante Pullis, darüber ein Jäckchen. So eiern sie über den vermatscht-vereisten Waldweg und durch die tiefen Fahrpuren der Holz-LKW, mal mit kleinen Trippelsschritten, mal mit einem Sprung, wenn eine Matschpfütze ihnen dazwischen kommt.

Beide gehen dabei gebeugten Hauptes, jeder starrt auf das smartphone in seiner Hand. Als sie näher kommen, nehme ich mal vorsichtshalber Frau Lieselotte an die kurze Leine, ich tue in unheimlichen Situationen tief im Unterholz immer so, als sei sie ein gefährlicher Beschützer ihrer Herrin, auch wenn sie vermutlich im Traum nicht daran denken würde, mich jemals zu verteidigen. Aber egal. Als wir das eigentümlich Paar passieren, hebt der kleine Runde nur kurz den Kopf, ich blicke in ein freundliches asiatisches Gesicht, aus dem eine fröhliches englisches Hello! herauskommt, und dann gehen wir alle weiter, als wäre nichts gewesen.

Ich denke so für mich: Häää???, und überlege kurz, ob ich mich nicht umdrehen und fragen soll Was machen SIE denn hier??, aber das wäre vielleicht unhöflich und allzu neugierig. Und dann erinnere ich mich, dass es diese Holz-Connection Odenwald-China gibt. Die Chinesen sind ganz wild auf deutsches, auf Odenwälder Holz. Und vermutlich habe ich hier einfach bloß die Globalisierung getroffen, tief um Unterholz zwischen Wagenschwend und Katzenbuckel.

(Ich hätte sie trotzdem ansprechen sollen. Es waren bestimmt keine Räuber oder Massenmörder, sondern – eben – brave Holz-Geschäftsleute auf der GPS-Suche nach der bestellten Ware. Wäre wirklich spannend gewesen. Aber mein Chinesisch ist für Konversationen im Unterholz leider immer noch nicht gut genug. Mist.)

Ein Kommentar zu “Globalisierung”

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