Kinder, wie die Zeit verrennt, es ist ja nicht zu glauben. Schon wieder Mai, schon wieder der Fünfte. Was machst Du eigentlich den ganzen Tag, kurz wmdedgt, das will ja am Fünften eines jeden Monats die freundliche Nachbarbloggerin von uns wissen. Also, bitte. Wobei sich eigentlich dieser Tag wie alle anderen unter einem einzigen Stichwort zusammenfassen liesse: Corona. Corona. Corona.

Hunderunde in aller Frühe. In die klare Luft mischt sich der Duft von Raps, und an manchen Stellen im Wald meine ich, Waldmeister zu riechen. Der Hund riecht auch, allerdings keinen Waldmeister, sondern Wildschweine, Frau Lieselotte wird ganz narrisch und tobt (angeleint, ja selbstverständlich) durchs Unterholz. Die Vögel brüllen dazu, als gäbe es kein Morgen, und das alles könnte einen wunschlos glücklich machen, wenn sich nicht im Kopf alles durcheinander drehen würde. Seit Wochen dreht sich da alles durcheinander, vielleicht geht Ihnen das auch so, abschalten ist schwer, bei mir ist das vermutlich auch berufsbedingt. Corona von morgens bis abends, es ist ein Graus, aber nicht zu ändern.

Im Büro dann die morgendliche Schaltkonferenz. Früher war ich die einzige Dazugeschaltete, heute ist die Mehrzahl der Kollegen dazugeschaltet. Ein paar Figuren im riesigen Mannheimer Funkhaus, die meisten MitarbeiterInnen aus dem Homeoffice. In der Anfangszeit war das immer so eine Mischung aus fröhlichem Kindergeburtstag und nervigem Tohuwabohu, Halloooooo, hört Ihr mich? Hallo, wir hören Dich!, Ja, wir sehen Dich, hahahaha, wie sieht es denn bei Dir zuhause aus!, ach, guck mal, was für eine schicke Lampe da im Hintergrund, aaaaaawww ein Hund, ist der süüüüüß, aber inzwischen geht es eigentlich durchaus professionell zu. Wir besprechen da die Lage und die Themen, und Sie ahnen, worauf es immer wieder hinausläuft. Corona. Nicht nur, aber immernoch und immer wieder.

Ein bißchen telefonieren, recherchieren, Beiträge für die Regionalnachrichten abliefern. Autsch, da hat die Staatsanwaltschaft einen Mann am Wickel, aber so richtig, zum ersten Mal in dieser Form in unserer Region, und was lernen wir daraus: Spaziergänge zur Unzeit können ziemlich teuer werden. (Klick!) hier sollten Sie die ganze Geschichte lesen können, hoffe ich.

Hin und wieder kommt Besuch in mein einsames Büro, heute Vormittag war das wieder so ein Highlight. Sie müssen sich das in etwa so vorstellen wie bei einer Art Expedition, Menschen schlagen sich durch ausgestorbene Straßen und Gassen bis zu mir durch, bis zu diesem kleinen Büro also inmitten leerstehender Gebäude, die seit Wochen im Tiefschlaf liegen, nur bei mir brennt Licht, nur bei mir ist ein Fenster offen, nur bei mir hört man hin und wieder ein Geräusch in all der coronösen Stille. Alles abgeriegelt und verlassen, die Freunde stellen sich unters Fenster und rufen, oder sie werfen Steine gegen die Fensterscheiben, ich mache ihnen dann auf, sie bringen Wein und Brot Süßstückchen und Kaffee in meine dienstliche Einsiedelei und manchmal Geschenke in Form von Naturalien. Das ist immer schön. Das sind mir mit Abstand die liebsten Freunde.

Wobei das mit der coronösen Stille so ganz nicht mehr stimmt, inzwischen sind rund ums Büro hin und wieder Schüler unterwegs. Ich meine, Hallooo, Schüler? Sie erinnern sich vielleicht, das sind diese jungen Leute, die früher regelmäßig in die Schule gingen, also, nahezu täglich, und die damit nun langsam wieder anfangen. Ab und zu hört und sieht man die hier jetzt wieder, das Schulzentrum liegt gleich gegenüber, und Frau Lieselotte ist ob der Menschenmassen bei der Mittagsrunde hochgradig irritiert. Zwei, drei Schüler haben wir von Ferne gesehen, das ist die dreifache Menge wie in den vergangenen Wochen, da kann man schon mal panisch werden, wenn man Hund ist und Menschen über alles fürchtet. Also gehen wir dann mittags doch lieber Richtung Rapsfelder, sicherer ist das. Sagt Frau Lieselotte.

Die Chefin drängt mir am Telefon Urlaub auf, und ich wehre mich nicht. Sie murmelt etwas von Selbstfürsorge und ich sage jaja, ich weiß das doch am allerbesten, und natürlich weiß ich es nicht und vergesse das mit der Selbstfürsorge leider dauernd wieder. Aber dann schnell eine Mail mit den Urlaubsdaten an die freundliche Urlaubsbeauftragte des Hauses, jetzt gibt es kein Zurück, ich werde Urlaub nehmen müssen. Schlimm sowas.

Ich träume ja davon – nicht nur in Corona-Zeiten, aber jetzt umso mehr – nur mit einem Hund und einem Rucksack und einem Zelt loszulaufen, von zuhause aus. Eine Wanderkarte würde ich sicherheitshalber auch mitnehmen, bei meinem Orientierungssinn steht ansonsten zu befürchten, dass ich bereits nach einer guten Dreiviertelstunde schon wieder daheim wäre, und nicht erst nach einer Woche, wie ursprünglich geplant. Naja, aber ich bin für sowas ohnehin zu feige, und meine Bandscheiben stimmen allein bei dem Wort Zelt einen himmlischen Gesang an, also lassen wir das. Aber ein paar Tagestouren werden drin sein. Mit Wurst und Käse und einer Wasserflasche im Rucksack. Und dann ganz alleine losziehen.

Es gibt auch da natürlich einiges zu beachten, erfahre ich eben aus einer Pressemitteilung des Deutschen Alpenvereins. Der liebe Himmel weiß, warum ich hier im Odenwald Pressemitteilungen des Alpenvereins bekomme, so hoch sind die Odenwälder Berge ja dann doch nicht, aber gut. Jedenfalls lese ich da also Anleitungen zum (Berg-)Wandern in coronösen Zeiten, falls es Sie interessiert, (Klick!) hier entlang, und nun habe ich also auch gelernt, dass ich bitteschön beim Wandern auf den Gipfelbussi verzichten möge. Gipfelbussi, so steht das da. Und jetzt weiß ich auch nicht.

A propos losziehen: Ich würde gerne mal vor 18 Uhr losziehen und dieses Büro verlassen, aber immer kündigt nachmittags noch irgendwer eine ganz wichtige Mail an, und ich warte und warte, und es wird spät und später. Das Leben eines Journalisten besteht bekanntermaßen zu 80 Prozent aus Warten, das bewahrheitet sich Tag für Tag. Heute warte ich schon wieder, und natürlich ist das Stichwort wieder Corona. Wieder neue Infizierte, wieder neue Todesfälle, wieder Bewohner aus einem Altenheim. Es ist ein gewisser Albtraum, nicht zuletzt für die Betreiber von Alten- oder Pflegeheimen. Und wenn Sie jetzt noch Boris Palmer erwähnen (da retten wir doch eh nur Leute, die sowieso bald tot wären, sinngemäß), dann haue ich.

Dann doch heute mal vor 18 Uhr das Büro verlassen und Fünfe grade sein lassen. Hunderunde oberhalb vom Städtchen, danach den Solibeitrag Gastro abgeliefert und gegen Italienisches eingetauscht, auf den Feldern in der Abendsonne gegessen und mich des Lebens gefreut.

Und jetzt: Füße hoch. Ende Gelände.

3 Kommentare zu “wmdedgt.”

  1. So ganz offensichtlich ist die Geschichte wegen des Verstosses gegen das Infektionsschutzgesetzes meines Erachtens nicht.

    Weder ist klar, ob der Angezeigte tatsächlich “stundenlang” herumgelaufen ist, noch ob er es bewusst provokant tat und ob es nicht besser gewesen wäre, ihn direkt daraufhin anzusprechen statt ihn gleich bei der Polizei anzuzeigen.

    Wenn er sich tatsächlich in Acht genommen hat, war er jedenfalls weniger “gefährlich” für seine Mitmenschen als ein unwissentlich Infizierter, der die alten neue Freiheit geniesst und sich in belebten Gegenden aufhält, dazumal die Meldung ja selbst von einem Corona-Verdacht spricht.

    Dann hätte das Anzeigen zumindest ein Geschmäckle und das Warten auf ein eventuelles Testergebnis kann auch nerven…

    …aber was weiss ich schon?

    Geniessen Sie einfach Ihren verordneten Urlaub, versuchen Sie den Kopf etwas frei zu bekommen und schauen Sie sich auch mal andere Bilder an.

    Das gibt Impulse;-)

  2. Das Gipfelbussi bitte. Bussi ist ein Küsschen, Verkleinerungsform von Kuss (Bus gibts in dem Sinn nicht, also bitte nicht mit dem Autobus verwechseln :-) )
    caterina

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