Ich habe dieser Tage gleich von mehreren, teilweise bis zu zehn Kilometer entfernten Seiten erfahren, daß ich offenbar aus meinem Dorf weggezogen bin. Mich außerdem von meinem Mann habe scheiden lassen. Vielleicht bin ich sogar verstorben, wer weiß das schon. Oder durchgebrannt, um mit dem Papst eine Herrenboutique in Wuppertal zu eröffnen. Möglich ist ja alles bei dene Zugezogene. 

Zugegeben: ich habe ja auch alles dafür getan, um in den Augen der Dorfbewohner unsichtbar zu werden, komplett zu verschwinden, in der Versenkung, wie unter einer Tarnkappe. Sie sollten sich das merken, wenn Sie mal abtauchen wollen, nur so als Tipp. Ich habe das auffällige Dienstauto vorübergehend nicht genutzt, über das ich offenbar definiert werde. Habe mir parallel ein neues Privatauto mit neuem Kennzeichen zugelegt (und mich schon gewundert, warum niemand mehr mein freundliches Winken beim Vorbeifahren beantwortet). Und: Ich bin nicht mehr morgens um Sechs Uhr betont munter und mit zwei Hunden durch das Dorf geeilt.

Logische Folgerung: die Frau gibt es nicht mehr. Sie ist weg. So einfach ist es, sich bei Bedarf in Luft aufzulösen.

Angeblich hat im Nachbardorf mal Christian Klar gelebt, für eine kurze Zeit und völlig unbemerkt. Vielleicht hat der das ganz ähnlich gemacht, unauffälliges Auto gefahren und bis in die Puppen (also bis gegen Acht) im Bett gelegen, fertig ist die Unsichtbarkeit. Es sei denn, die Christian-Klar-Geschichte war auch nur ein Gerücht.

Aber unter uns: An der Sache mit mir und der Wuppertaler Herrenboutique war was dran. Ich habe nur leider den Papst nicht überreden können. Er wollte nicht. Wie das halt so geht im Leben. Also bleibe ich bei meinem Mann. Und im Dorf. Vielleicht klappts ja ein andermal.

 

Ein Symbolbild.
Ein Symbolbild.

 

 

 

 

 

13 Kommentare zu “Ausgezogen.”

  1. Das ist ja wie bei uns im Neckartal…,habe ich mir doch getraut eines Tages meine Gardinen zu waschen und schon hieß es aus der Nachbarschaft hier im Ort ach der F. verkauft sein Haus !
    Schön wenn die Nachbarn mehr wissen als man selbst !

  2. Herrlich – genauso kenne ich das auch bei uns im „Ösi-Land“. Als wir hierher gezogen sind (vor 30 Jahren) und ich zum allerersten Mal die Milch beim Bauernhof in der Nähe holte, wusste die Bäuerin schon Bescheid: „Ah du bist das, die Biologische!“ ??? Das hatte ich selber bis dahin nicht gewusst. Naja, mittlerweile bin ich mehrfach geschieden, umgezogen, völlig abgebrannt (finanziell), meine Kinder sind drogensüchtig oder Genies, je nachdem, und das meiste über mich weiß ich wahrscheinlich gar nicht. In „meiner“ Wirklichkeit bin ich tatsächlich mal kurz für zwei Jahre nach Schweden gezogen, wieder zurückgekommen und immer noch mit demselben Mann verheiratet, wie vor 30 Jahren – sehr glücklich, aber das weiß wahrscheinlich wieder keiner …

  3. Ich habe vor einigen Jahren beim Brunnenfest in unserem 250 Seelenkaff von den Stammtischkumpanen meines Mannes erfahren, dass sowohl ich, als auch er ausgezogen seien. Man wußte auch wo er jetzt wohnt und mit wem ich jetzt zusammenleben.Meine drei Kinder ( damals 10,12 und 14 Jahre) mußten dann demzufolge alleine in unserem Bauernhaus leben, meinen 200 qm großen Laden in der Scheune führen und 16 Tiere ( Ponys, Minischweine, Kaninchen, Hunde, Katzen ) versorgen.Das Gerücht entstand wohl im Mai beim Bambinifußballspiel ( meine Kinder spielen kein Fußball) und kam mir zum erstenmal im Juli in meinem zweiten Laden von mir unbekannten älteren damen zu Ohren, bis meine direkten Nachbarn es mir am Brunnenfest im August erzählten. Auch die Frauen meiner Fasnachtstanzgruppe wußten Bescheid, haben es mir aber nicht verraten.Wir sind seit 25 Jahren zugezogen und mein Mann war täglicher Gast der Straußwirtschaft und wir sind bestens integriert.mein haus und Geschäft liegen direkt an der einzigen Hauptstraße. Seit 4 Jahren ist mein Mann jetzt tatsächlich ausgezogen, dass hat aber erstmal keiner bemerkt.

  4. Ich musste gerade so lachen. Bin ja erst seit knapp einem Monat Dörflerin und habe mich schon die ganze Zeit gefragt, wie eine lautstarke Diskussion mit dem Gatten am Sonntag ankam. Ich bin gespannt, wie das weitergeht.

    1. Ich ahne da sowas….. Ehekrach…streitsüchtiges Paar….wahrscheinlich war Alkohol im Spiel… undsoweiter

  5. Das Leben erfährt eine grössere Bandbreite an Möglichkeiten, als man selbst will/denkt!
    Ganze Romane sind das, wenn die Mitmenschen ihrer Phantasie freien Lauf lassen. Ist nicht persönlich gemeint, machen die ja mit jeder/jedem, und es macht das Landleben nochmal spannender.
    Es ist wie „Stille Post“, ständig der Veränderung unterworfen, aber man ist Teil von etwas, nicht anonyme Masse.

    1. Ja, so sehe ich das auch, wer stinklangweilig ist, über den reden die gar nicht erst. ;-)

  6. ooooooooch mach Dir nix draus Friederike, ich bin auch scho lange geschieden und wohne bei meinem Sohn in Mosbach… nur, weil der zufällig den gleichen Doppelname wie ich hat ;-) Aber, dass Du n neues Auto hast, habsch auch noch nicht gemerkt ;-) Naja, schau ja auch nicht in jedes Auto rein. Musste das nächste mal einfach laut hupen…aber nicht so laut, dass ich aus dem Bett falle… ;-)

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