Politiker.

21. Februar 2014

Manchmal, zwischen Hühnerstallputzen und Hasenfüttern setze ich mich an den PC und surfe durch die große weite Welt. Raus aus dem kleinen Dorf, mal schauen, was wirklich los ist. Dahin, wo die Musik in diesem Land spielt. Hier in der Provinz ist ja schließlich alles sehr verschlafen, so gesehen.

 

Also surfe ich dahin, wo Bundestagsabgeordnete einen Haufen Geld verdienen und gleichzeitig in ihrem Bundestagsbüro auf einer Pritsche schlafen, weil sie vermutlich einsam und arbeitssüchtig sind und außerdem doch sparen müssen. Da können einem schon mal die Tränen kommen. Dahin, wo Politiker mit nicht ganz astreinen Doktortiteln Karriere machen. Dahin, wo Politiker sich Fotos von nackten kleinen Jungs anschauen und dahin, wo andere sagen, naja, das ist doch halb so schlimm und Pornografie ist anders.

 

 

 

Dahin, wo Politiker mauscheln und kungeln und tricksen und schieben. Das jetzt noch mit Links zu untermauern, ginge eindeutig zu weit. Dahin, wo Politiker sich heute nicht mehr an ihr Geschwätz von gestern erinnern. Und an ihre Wahlversprechen auch nicht. Dahin, wo Politiker Armen, Alten, Kranken das Leben schwerer machen als es ohnehin schon ist. Dahin, wo Politiker sich kaufen lassen. Dahin, wo Politiker das Geld raushauen, daß es grad so kracht. Weils schick ist und dem eigenen Ruhme dient. Dahin, wo die Prestigeprojekte entstehen. Dahin, wo das Image der Politiker in der veröffentlichten Meinung im Keller und der Begriff alleine schon ein Schimpfwort ist.

 

 

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Da sitze ich dann in meinem kleinen Dorf und klicke den ganzen Scheiß und die Berichte und das ganze Politikerbashing wieder weg und denke über die Politiker nach , die ich so kenne. Sind ja von Berufswegen schon etliche. Viele Ehrenamtliche, die sich ihre Freizeit in Gemeinderatsitzungen um die Ohren schlagen und sich mühen für ihr Dorf und ihre kleine Stadt. Dazu hauptamtliche Bürgermeister, ein paar Dutzend allein hier in der Region.

 

Bürgermeister, die sich um Kläranlagen kümmern und um Kindergärten, um Schule, Straßenbau und Schallschutz, um Fördergelder, Forstwirtschaft und Freiwillige Feuerwehr . Die sich herumschlagen müssen mit Reformen, die den Namen nicht verdienen, mit Vorgaben aus Stuttgart und Berlin, die ihnen immer wieder Striche durch die Rechnung machen. Die immerzu gesagt bekommen, was sie nun noch leisten sollen als Kommune – aber nicht, wer es denn eigentlich bezahlen soll.

 

Stempel

 

Die jeden Tag darüber lesen, was die da oben sich nun wieder ausgedacht haben. Die da oben, die sich nie auf dem Land blicken lassen, keine Ahnung haben vom Leben hier. Die aber schick aussehen, wenn sie dann im Fernsehen auftreten, die da oben, mit ihren schicken Autos und den schicken Anzügen und den schicken Referenten, die ihnen die Arbeit machen und die rindslederne Aktentasche tragen.

 

Ich bin umzingelt von Bürgermeistern, die in ihrem bescheidenen Rathaus sitzen, das so gar nicht nach Prestigebau aussieht, und viele von ihnen drehen jeden Euro ratlos zweimal um. Nicht unbedingt sexy, aber in der Tat arm. Brave Bürgermeister, die sich die Abende um die Ohren schlagen bei Sitzungen und Vereinsfesten und das Ohr direkt am Volk haben.

 

Die sich da anhören müssen, was für korrupte Trottel doch Politiker so sind, ganz allgemein und im Besonderen. Die verwurzelt sind in ihrer Heimat und tatsächlich der Stadt Bestes suchen. Sowas soll es geben. Bürgermeister, die nachts nicht schlafen können, weil ein Problem im Dorf sie umtreibt. Die es am liebsten allen recht machen würden. Funktioniert aber nicht unbedingt. Aber: Du mußt einfach immer dran denken: Die, über die Du heute im Rathaus entscheidest, triffst Du morgen garantiert beim Bäcker, hat mir mal einer gesagt.

Ob das die Sache leichter oder schwerer macht, hat er nicht dazugesagt.

 

 

(Wo gehen die da oben eigentlich zum Bäcker?)

 

 

 

 

 

 

 

 

  • 7 Kommentare
  • waswegmuss 21. Februar 2014

    Die gehen nicht zum Bäcker, die kriegen Canapés. Vorgekaut.

    Als offizieller Nochbayer – ich möchte nicht von der CDU regiert werden ;-) – hat die Regierungshoheit im Landkreis Aschaffenburg ein Landrat namens Ulrich Reuter, inne. CSU. Im Landkreis Aschaffenburg könnten sie ein Katzenklo hinstellen und schwarz anmalen. Das würde gewählt.
    Ich schweife ab.
    Aufgrund seiner politikerüblichen Körpergröße, <1,6 Meter, bezeichnet er sich gerne als Espresso: "Klein, stark, schwarz."
    Das Volk definiert Espresso mittlerweile so:"Eine schäumende Pfütze, die von einer sündteuren Apperatur in ein vorgewärmstes Tässchen gedrückt wurde und die ohne Zucker gänzlich ungenießbar ist."
    oder kurz: "Ist halt kein Eller"

  • Stefan 22. Februar 2014

    So, jetzt hab’ ich mal nachgeholt, Friederike. Deine letzten sechs Artikel und die jeweilgen Kommentare am Frühstückstisch gelesen. Bin ein wenig abgetaucht die vergangenen beiden Wochen. Habe einen Blog eingerichtet, der demnächst on-line geht. Du hast mich animiert, angestiftet, inspiriert und aktiviert, herzlichen Dank dafür! Mehrere Autorinnen und Autoren werden über unserer Ortschaft und deren Teilorte im schwäbischen Ländle schreiben. Natur und Landschaft, Straßen und Verkehr, Jugend auf dem Lande, Vereinsleben und Veranstaltungen, Kirche und Religion sowie die bevorstehende Ortschaftsratswahl sind so im Groben mal unsere Themen. Und jetzt kommt nun auch der Bezug meines hier Geschreibsels zu Deinem Artikel: Ja, Deine zwar betont schwarz-weiß gezeichnete scharfe Linie zwischen “denen da oben” und “uns da unten”, liest sich gut und man könnte schelmisch den Eindruck einer geschliffen eleganten Geschichte um deren Veröffentlichung willen bekommen (die Komplexität unserer Welt bedeutet ja auch, dass die links und Themen eingangs Deines Artikels auch in die Provinzen führen, oder?), aber: Du triffst unseren Nagel auf den Kopf. Nämlich “unten” gemeinsam die Dinge selbst fraktionszwanglos, partei- und interessenübergreifend sowie einfach “Politik machen-“los sondern problemlösungsorientiert anpacken. Habe Dein schönes Beispiel des parteiübergreifenden gemeinsam ein leckeres bekömmliches Süppchen kochenden Odenwälder Ortschaftsrats in unsere Runde geworfen. Das kam klasse an. Als bunter Haufen und bis dato nicht aktive Bürger treten wir nun als “Bürger für Bürger” zur Ortschaftsratswahl an, um “die Dinge” anzupacken und nicht mehr nur darüber gedanklich, schriftlich oder mündlich zu lamentieren. “Gemeinsam leben und gestalten”, das ist das Motto unseres Blogs und unserer Bürgeraktivität. Konkret werden, teilnehmen, raus aus der Zaungast- und rein in die Mitmacherrolle, das wollen wir – Carpe diem. Chapeau zu Deinem Artikel, der Lust macht zur Partizipation “da unten” in der vermeintlichen Provinz.

    • Friederike 22. Februar 2014

      Na, da bin ich mal gespannt auf das neue Blog!! Und klar, manchmal muß man schwarz-weiß zeichnen. Und “da oben” gibt es sicher genauso viele Politker, die sich abstrampeln, und auch die leiden natürlich derzeit unter dem massiven Imageverlust der ganzen “Kaste”. (ebenso, wie es “da unten” Politiker gibt, die nicht unbedingt im Sinne ihrer Wähler handeln)

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