Ich fahre seit einiger Zeit ja dieses neue Auto, das ich natürlich nicht neu, sondern gebraucht gekauft habe, und das auch noch aus Bundeswehrbeständen. In Bundeswehrblau. Naja, in irgendeinen sauren Apfel musste ich beißen, und inzwischen gewöhne ich mich an die Farbe.

Ich gewöhne mich auch daran, dass ich beim Aufbau einer Bluetooth-Verbindung auf dem gigantischen Display zahlreiche, allerdings nicht mehr in Reichweite befindliche Bluetoothgeräte von freundlichen Soldaten angezeigt bekomme, die da heißen Iphone Richie, Alexander, Andy, Samsung Ernie, Bernd und Commander, oder Huawei Billy, Sören oder Master of the Universe.

Offenbar sind in diesem Wagen tatsächlich nur männliche Bundeswehrangehörige herumgefahren und haben sich da bluetoothmäßig verewigt, unter anderem also ein Commander und ein Master of the Universe. Uns muß also, so gesehen, nicht bange werden, wenn es um die Verteidigung dieses unseres Landes geht.

Woran ich mich in dem Auto nicht gewöhnen will und kann, ist der Spurhalte-Assistent, der sich offenbar auch für einen Master of the Universe hält. Und der mich zu der dringenden Vermutung veranlasst, dass Spurhalteassistenten-Systeme immer in der Großstadt entwickelt werden, nie auf dem Lande. Und immer von Menschen, die mit dem Auto nur auf Autobahnen und in großen Städten unterwegs sind – und nie auf dem Land. Anders ist das gar nicht zu erklären.

Ku’Damm, Unter den Linden, Kaiserdamm – alles schön und gut, schnurgrade, mehrspurig und kilometerlang. Bei dem Betrieb in Berlin ist es schon ganz gut, wenn man die Spur hält. Auf dem Lande aber gibt es (nur mal so als Beispiel) viele enge Kurven, die – logo, und bei guter Übersicht – geschnitten werden. Der Master-of-the-Universe kann das nicht dulden. Gepiepe, Geblinke und Handgemenge am Lenkrad.

Außerdem gibt es hier überall (ü-ber-all!) Straßen und Sträßchen, die so eng sind, dass sie den Namen kaum verdienen. Und so eng, dass unsereiner bei Gegenverkehr natürlich über die Seitenmarkierung hinaus nach rechts in die Bankette ausweichen muss. Dauernd. Ständig. Täglich drölfzig mal.

Ich muss mich der Seitenlinie nur gedanklich nähern, schon greift mir der oberschlaue Spurhalte-Assistent-Master-of-the-Universe ins Steuer. Aber wie! Ruppig und unsensibel. Wieder Handgemenge. Der Master leuchtet und piepst und ruckelt und reißt am Steuerrad und will mich wieder in die Spur bringen, auf der mir aber leider gerade ein fetter Schulbus entgegenkommt, vor dem ich mich nun mal ins Straßenbett flüchten wollte. Und flüchten sollte, denn Schulbusse haben a) immer Vorfahrt, sind b) stärker, und der c) Klügere gibt nach. Auch und besonders auf jenen Odenwälder Straßen, die in der Großstadt eher als asphaltierter Pfad durchgingen.

Einem unsichtbaren höheren Wesen gleich, greift der Spurhalte-Assistent mir also ins Lenkrad, er kennt da keine Gnade und vor allem keine Odenwälder Straßenverhältnisse. Wie so eine hysterische Mutti, die ihr neugieriges Kind hektisch vom Rand des Goldfischteiches wegzerrt und dem armen Kleinen dabei fast den Arm ausrenkt. Er meint es ja nur gut, undsoweiterundsoweiter.

Geschenkt: Ich kriege jedes Mal einen Riesen-Schreck, wenn sich das Lenkrad plötzlich wie von Geisterhand selbständig machen will. Der Verkehrssicherheit im Allgemeinen scheint mir das eher abträglich, aber mich fragt ja keiner. Die EU hat das mit den vielen Assistenz-Systemen mal beschlossen, Verordnung 2019/2144, (was ja im Prinzip gar keine schlechte Idee war), und angeblich gibt es inzwischen sogar Spurhalte-Assistenten-Masters-of-the-Universe, die sich nicht mal mehr ausschalten lassen.

Die reißen dann irgendwann nicht nur das Lenkrad des Autos, sondern gleich die ganze Weltherrschaft an sich. Man kennt das ja. Ich sagte es bereits: Sowas können sich nur Menschen ausdenken, die mit dem Auto noch nie auf dem Lande unterwegs waren.

Mein Spurhalteassistent lässt sich noch ausschalten, gottlob. Nicht dauerhaft, aber vor jeder einzelnen Fahrt über Straßen und Sträßchen. Ich fluche dann jedesmal auf die Entwickler, die jetzt schon wieder in einem schicken Labor sitzen und irgendeinen neuen heißen Scheiß austüfteln, und ich höre sie hämisch lachen dabei. Aber ich lasse mir doch von so einem übergriffigen Assistenzsystem aus der Großstadt nicht meine Selbstbestimmung auf dem Lande aus den Händen nehmen, also echt jetzt.

Naja, Sie wissen schon.

4 Kommentare zu “Master of the Universe”

  1. Damit wäre ich total überfordert. Und wenn ich das lese, komme ich mir vor, als ob ich in einer anderen Welt lebe.
    Jetzt weiß ich mal wieder, warum ich vor 12 Jahren freiwillig meinen Führerschein abgegeben habe.
    Damals in Bonn + heute in Ostfriesland erlaube ich mir ein Leben ohne Auto.
    Was im Odenwald sicher nicht umsetzbar ist …

  2. Warum nur bin ich so ein Fan von Alteisen und eher „primitiveren“ Fahrzeugen. Da muss man zwar noch „selber“ fahren und sicher sind die auch nicht so sicher, aber nur halb so nervig;-)

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