Er ist wieder da. Zumindest war er da. Der Biber, am Forellenteich. Ein ziemlich abgebrühter Typ scheint das zu sein, besonders gestört fühlt er sich nicht von uns Menschen. Ist es derselbe wie in den vergangenen Jahren, oder jedes Jahr ein anderer? So genau wissen wir das auch nicht, aber auf jeden Fall handelt es sich wie jedes Jahr nur um einen Reisenden von Hier nach Da.
Am Teich macht er ein paar Tage Pause, und dann ist er irgendwann so plötzlich verschwunden wie er aufgetaucht war. Wo er herkommt, wo er hinwill, niemand weiß das so genau. Doch, der regionale Biberberater wüsste vermutlich ziemlich genau, was es mit dem Biber auf sich hat, aber das klänge dann alles sehr viel weniger rätselhaft-romantisch, also fragen wir gar nicht erst.

So gleitet der Biber lautlos durchs Wasser, mal legt er sich auf den Rücken und kratzt sich den Bauch, mal liegt er ganz in Ufernähe und bildet sich ein, wir sähen ihn nicht. Einmal haben wir ihn schon beobachtet, wie er auf dem kleinen Pfad rund um den Teich spazierengegangen ist, am hellichten Tag.
Das wirkt alles einigermaßen beneidenswert. Der gute Biber scheint sich überhaupt nicht für die Welt um ihn herum zu interessieren. Andererseits, den ganzen Tag im eiskalten Wasser, für mich wäre das ja nix, also nee.
Am frühen Morgen kurz hinter dem Dorf ein Auto am Straßenrand, Warnblinkanlage eingeschaltet, eine sehr junge Frau daneben. Ich halte an und frage, ob sie Hilfe braucht. Nein, alles schon in die Wege geleitet, die Polizei informiert, das Reh ist mir direkt ins Auto gerennt, ganz blaß ist die Frau. Irgendwo in der Nähe liegt das tote Tier. Kannste oft nix machen, sage ich, wie zum Trost, manchmal hat man da einfach keine Chance. Ist so.
Und erinnert mich an die Wildschweinrotte, die mir und einer Freundin morgens früh um kurz nach Vier plötzlich direkt vor dem Auto auf die Straße sprang. Wir fuhren wohlweislich nur 70, wo 100 erlaubt gewesen wären, und trotzdem: keine Chance. Ein dumpfer Schlag, eine der riesigen Wildsauen taumelte kurz und rannte dann aber weiter ins Unterholz. Warnblinkanlage an, um kurz den Zustand des Autos zu prüfen, ein paar Scherben und zwei Autos, die morgens früh um kurz nach Vier sofort anhielten und deren Fahrer Hilfe anboten. Das ist schön, die Hilfsbereitschaft.
Beim ersten Kaffee sehe ich durchs Fenster den Müllwagen, der langsam durch die Straße fährt und die Tonnen leert, vorne auf dem Fahrersitz ein Hühne mit langen gewellten Haaren. Der ist in seiner Freizeit bestimmt Heavy-Metal-Rocker, denke ich bei mir. Direkt vor unserem Haus hält er an und wartet, bis die Kollegen die Tonnen hinten hoch- und wieder runterwuchten, er blickt in unser Fenster und damit genau auf mich vor meiner Kaffeetasse. Ich winke ihm. Er lässt das Fenster seines brüllenden Müllwagens herumtersummen, streckt den Arm raus und winkt lachend zurück. Das war auch schön.
Der Herr Kachelmann hat per Mail mitgeteilt, dass am Morgen bei Buchen minus 8 Grad gemessen worden sind, und unser Nachbar geht in T-Shirt und kurzen Hosen mit seinem kleinen Hund Gassi. Er geht etwas schneller als sonst, so scheint es mir zumindest, sieht aber ansonsten froh und munter aus. Der Mann ist aus Polen. Sollten die etwa noch abgehärteter sein als die Odenwälder? Kaum zu glauben – aber offensichtlich wahr. Ich bekomme jedenfalls schon vom Hingucken einen Kälteschock und ziehe zur morgendlichen Hunderunde Pulli, Jacke, Mantel, Mütze und Handschuhe an.
Und ansonsten diskutieren der Gatte und ich bei einer abendlichen Tiefkühlpizza die Frage, wie man bei all den weltweiten und leider auch privaten Hiobsbotschaften eigentlich bei Laune bleiben kann, wie man sich Freude, Dankbarkeit und Hoffnung erhält. Wir haben da noch keine Lösung gefunden. Halten Sie aber auf dem Laufenden, versprochen.
(Dass mein Gourmet-Geo und selbsternannter Spitzenkoch zu mir sagt Ach, komm, wir essen heute abend eine Tiefkühlpizza, das umschreibt den Ernst der Lage eigentlich schon ziemlich genau, aber das ist jetzt wieder eine andere Geschichte, naja, Sie wissen schon.)
Badisch Sibirien ist eben Badisch Sibirien, in Polen herrscht kontinentales Klima, da ist es eben kälter und der Biber kommt womöglich aus dem Tal zwischen Ottorfszell und Kirchzell. Da hat schon vor längerem einer einen Teich am Gabelbach gebaut.
Ich denke eher, er kommt aus den nahegelegenen Seen bei Robern oder Mülben und sucht sich grade ein neues Revier. Oder eine(n) Partner(in).
Die Biber haben sich jedenfalls in den letzten Jahren bzw. sogar Jahrzehnten wieder recht weit ausgebreitet und schaffen Fakten. Bei Brdy in Tschechien hat der Biber sogar schneller das Ergebnis eines Renaturierungsprojekts vorweggenommen als die örtliche Verwaltungsbehörde das planen konnte.
Geld hat er auch noch dabei gespart.
1,2 Millionen hat der Biber der Parkverwaltung gespart und er kümmert sich auch um Kontrolle, Reparaturen und Instandhaltung ..
:-)
Guten Morgen,
meine Antwort auf die Frage nach dem Umgang mit den aktuellen Hiobsbotschaften: Genau das tun, was im Blog-Beitrag beschrieben wurde, und: LandLebenBlog lesen!
Der Weltlage zum Trotz: Heitere Grüße, Gabriela
Eine Bibersichtung ist uns auch schon mal gelungen. Aus der nahen Donau-Au war er einfach mal in den See geschlüpft, um dort seine Schwimmkünste in der Dämmerung zu präsentieren. Ansonst sieht man sehr viele seiner Spuren an Bäumen und es ist auch zu vermuten, dass er nicht allein unterwegs ist.
Auch Heavy-Metal-Rocker haben also einst in ihrer Kinderstube gelernt, zu grüßen ;-)
Jetzt mal rasch in die warmen Klamotten und hinein in den sehr kühlen Tag,
liebe Grüße aus Österreich
Jaja – die Metaller sind aber sowas von schlimm;-)
Ist vielleicht etwas länger, aber eine 3sat-Doku, ein Vortrag beim DLF und vom dortigen Sprecher noch etwas Lektüre;-)
Auch sind die Heavys inzwischen oft auch im fortgeschrittenen Alter so wie meinereiner. Aber ich bin auch etwas froh und stolz, dass diese Szene inzwischen so vielfältig ist und engegen allen Unkens dennoch viele junge Fans hat. Meines Erachtens ist das auch ein wenig Lebenseinstellung.
Die zur Zeit häufigeren Wildunfälle dürften ihre Ursache mal wieder in der sinnlosen Uhrendreherei von Normal- auf Sommerzeit haben. Da kommen die Tiere einfach nicht mit und immerhin zerschneiden unsere „Lebensadern“ letztendlich ja deren Lebensräume – sollte man sich mal so notieren. Aber es ist schon richtig, oft kann man da einfach nichts machen, weil Mobilität einfach schneller ist als unsere Sinnesleistungen und die Tiere in ihren Instinkten dann auch noch für sie „falsch“ reagieren.
Spannende Links, danke! Ich bin seit jeher, vielleicht auch als Berlinerin, der festen Überzeugung, dass Heavy Metal Fans oder Rocker überdurchschnittlich oft feinfühlige, sympathische und zarte Leute sind. Genauso wie Punker.
Ein Wanderbiber. Wie schön! Mein Wanderkater ist auch wieder da. So ein schwarzweißes Katztier, das jedes Frühjahr und jeden Herbst hier mal auftaucht und sich an zwei oder drei Abenden blicken lässt. Klar, ich hab‘ immer Trockenfutter auf der Terrasse. Sieht mir irgendwie aus wie „Kater sucht Frau“, da sei ihm die Stärkung gegönnt.
Den Vertipper beim „Hühnen“ halte ich für einen Freud’schen und führe ihn auf die Hünerhaltung zurück.