wmdedgt

5. Mai 2024

Heute mal wieder: Tagebuchbloggen. Es ist wmdedgt-Tag, die freundliche Nachbarbloggerin will von uns wissen Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?, kurz wmdedgt, wie an jedem Fünften eines Monats.

Also bitte. Ein Sonntag auf dem Lande. Ein trüber Tag, das Foto oben beschreibt es eigentlich ganz gut. Erstmal Kaffee, dann Hunderunde. Und Fische füttern am See. Baby-Fische, klitzeklein, die brauchen zweimal täglich Futter, damit sie groß und lecker stark werden. Ich unterstütze den Forellen-Freund, damit er nicht dauernd raus muß bei Wind und Wetter: Ich bin ja eh, wasserdicht in Gummihose, in der Gegend unterwegs.

Erstmal Kaffee.
Dann Hunderunde.

Im Wald riecht es nach feuchter schwarzer Erde, dazu ein bißchen zitronig-säuerlich, vielleicht sind das die frischen Triebe der Buchen, die so duften, oder die vielen Kräuter, die plötzlich überall wachsen. Ich mag die Gerüche. Auch die Geräusche: Ein Specht irgendwo, den schreienden Bussard, die Amsel, die im Unterholz im welken Laub nach Regenwürmern kruschtelt und dabei einen Lärm wie eine flüchtende Wildsau veranstaltet. Alles sehr bilderbuchig, alles sehr entspannend. Wussten Sie übrigens, dass man, wenn man aufmerksam lauscht, nicht gleichzeitig denken kann? Das ist an manchen Tagen meine geheime Superkraft: Angestrengt in die Natur lauschen, um bloß nicht auf dumme Gedanken zu kommen oder gar die aktuelle Weltenlage zu be-denken.

Dann Fische füttern.

Und wo ich eh unterwegs bin, liefere ich gleich auch Eier aus. Im Gegenzug reicht mir die Freundin eine Papiertüte mit Salatresten für die Hühner und ein Ratgeber-Buch von 1959 ins Auto, das sie dieser Tage im öffentlichen Bücherschrank im Nachbardorf gefunden hat. Tauschhandel auf dem Land, naja, Sie wissen schon. Was das Buch angeht: ein Standardwerk aus der alten BRD, und vielleicht also vergesse ich die To-Do-Liste für heute und verbringe den Nachmittag doch lieber lesend und kichernd (oder wutschnaubend, mal schauen) auf dem Sofa. Auf der To-Do-Liste stehen so Sachen wie Terrasse herrichten, das hat sich ja mit Blick aufs Wetter ohnehin erledigt.

Lampen anmachen, Ofen einheizen, so ein Wetter ist das. Neben mir räkeln sich gähnend komplett verdreckte und verschlammte Hunde, leise rieselt der Sand. Heute abend staubsaugen schreibe ich besser noch auf die To-Do-Liste. Ich gähne bald auch, vielleicht waren die Tage in der Großstadt doch anstrengender als gedacht. Wir verwerfen den vagen Plan, das kleine Römermuseum in Neckarburken zu besuchen, zu mächtig die Müdigkeit, zu groß die Anziehungskraft der Sofakissen.

Später am Nachmittag dann noch eine kurze Hunderunde, weiterhin hundemüde, aber durch eines meiner liebsten Waldstücke. Ein Märchenwald aus Moos und Farnen, ein plätscherndes Bächlein. Wasser von oben und Wasser von unten.

Durch den Märchenwald aus Moos und Farn ist ein Harvester oder irgendsoetwas gefahren, ein Holzvollernter; wo grünes Moos war, ist schwarzer Modder, sind knietiefe Furchen voller Schlamm und Matsch; wo Farn stand, liegen abgesäbelte Äste, zerhackte Rindenstücke, gebrochene Zweige, stehen abgesägte Baumstümpfe, alles durcheinander. Es hat ein bißchen was von einem Truppenübungsplatz der Bundeswehr, ein unfallfreies Gehen ist kaum möglich, und so schlimm sieht es aus, dass ich vor lauter Schreck und Wehmut vergesse, ein Foto zu machen. Dann doch also lieber wieder schnell nach Hause und einfach tun, als wäre nix gewesen.

Zuhause hat sich der Fußboden inzwischen in eine Art Dünenlandschaft verwandelt, auf den Liegeplätzen der Hunde Sandhaufen, beim Laufen knirscht und knarzt es wie auf einer Strandpromenade. Landleben halt. Dann scheint völlig unerwartet auch noch die Sonne durch die Fenster und beleuchtet das ganze sandige Elend. Heiliger Sonntag hin oder her: Hier muß tatsächlich noch geputzt werden. Also bitte.

Der Mann verschwindet, um im fensterlosen ehemaligen Weinkeller des Hauses einen Schwarz-weiß-Film zu entwickeln, so richtig analog. Ich sauge das Erdgeschoß, die Zeit verstreicht, aber solange ich ihn unten in der totalen Weinkellerdunkelkammer-Finsternis noch laut fluchen und schimpfen höre, ist alles in Ordnung.

Später grünen Spargel kochen. Hühner füttern nicht vergessen, und Eier aus den Nestern holen. Mülltonne an die Straße rollern. Und dann nochmal aufs Sofa.

Und morgen wieder Alltag.

  • 3 Kommentare
  • Mary 5. Mai 2024
    Antworten

    “Die gute Ehe” hatten meine Eltern (*1920 und *1928) auch im Regal stehen! Großartig – also als Zeitdokument – und ich fändes es rasend interessnt (und wahrscheinlich eher gruselig) nochmal darin zu lesen.
    Schönen Restsonntag und LG
    Mary

    • Alwin 6. Mai 2024
      Antworten

      Mich würden ja die “vielen Zeichnungen und Abbildungen” interessieren. Oder imaginiere ich da jetzt irgendwas völlig Verkehrtes?

  • Gabriela 8. Mai 2024
    Antworten

    Nur als kleiner Hinweis: “aufmerksam lauschen = zu-hören” ist eine wichtige Voraussetzung für Denken.
    Schöne Grüße!

  • Antworten

Schon wieder Großstadt. Vorheriger Artikel Schon wieder Großstadt.