Früh morgens schleppe ich mich vom Bett an die Kaffeemaschine, von der Kaffeemaschine aufs Sofa. Großartiger Start!!, jubelt die Fitnessuhr an meinem Arm, Mach weiter so!!. Ich finde es ja immer toll, wenn Menschen (oder Fitnessuhren) so leicht zu begeistern sind, fühle mich gleichwohl etwas veräppelt.
Mache aber dennoch weiter so, muß ja, die Viecher wollen raus, Wetter hin oder her. Es regnet wie aus Eimern. Bei dem Wetter schickt man doch keinen Menschen vor die Tür, höre ich die Hunde flüstern, dann kichern sie hämisch.
Im Wald Matsch und Modder, von den Blättern tropft das Wasser, bei jedem Windstoß kommt es schwallartig herunter. Aber ich mag dieses Wetter ja, ich stapfe gummi-umhüllt da draußen herum, ich merke, wie die Wangen nass und rot werden vom kalten Wind, alles andere ist innen warm und trocken, es erinnert mich ein bißchen an die Kindheit.
Auf einer Wiese kauert ein Mann in Wind und Regen, schon von Weitem sehe ich seine neon-orangefarbene Weste leuchten, ich denke erst an einen Unfall. Ein Auto steht nicht weit von ihm auf einem Weg, dann erkenne ich Eimer in der Wiese unter dem Apfelbaum. Er sammelt Fallobst, wirft es in die Eimer, stellt dann die Eimer auf den Hänger. Klatschnass sind Jacke und Hose, an der Hutkrempe hängen Wassertropfen, er winkt mir beim Vorbeigehen freundlich lachend zu, ich winke zurück. Verbündet im Geiste, wer bei diesem Sauwetter draußen unterwegs ist.
Hund Lieselotte stapft unbeirrt durch jede noch so tiefe Pfütze. Die Herbstfarben geben sich redlich Mühe, gegen das Grau anzuleuchten, sie machen das sogar erstaunlich gut, man muß nur genau hinschauen und sich vielleicht die Sonnenstrahlen einfach dazudenken. Sich die Sonnenstrahlen dazudenken, das könnte ja auch eine generelle Lebensweisheit werden, das fällt mir grade so auf, Naja, Sie wissen schon.
Zurück zu Hause: ein Brummen vor dem Haus, ich springe auf und gehe ans Fenster. Macht man so auf dem Lande: Wenn es draußen brummt, ans Fenster gehen und glotzen. Mühsam ackert sich ein alter Traktor die Straße hinauf, hinten ein riesiger Anhänger mit einem Berg schwankender Weihnachtsbäume.
Die Saison im Odenwald geht los, im Nachbardorf hat der große Weihnachtsbaum-Anbauer schon die Holzgestelle aufgebaut, in denen er tausende von Bäumen sortiert und lagert, bis sie frisch geschlagen auf die Weihnachtsreise gehen, zu anderen Händlern, zum Endverbraucher. Der Trend geht dabei zum Bäumchen, Riesen-Bäume sind out, lese ich im Internet, die Anbauer befürchten Einbußen. So oder so beginnt jetzt wieder die Zeit, wo im Dorf kein zeugungsfähiger Mann mehr anwesend ist, sagt man hier so, alle wochenlang unterwegs in Sachen Christbäume, oft sieben Tage die Woche.
Freitag ist Frei-Tag, aber ich musste dennoch beruflich los, zu einer Demo. Allein das Wort Demo kommt mir im Zusammenhang mit dem Wort Odenwald reichlich exotisch vor, fast wie ein (Achtung!) Oxymoron. Keine Sorge, ich musste den Begriff auch erst googlen. Demo im Odenwald: quasi Widerspruch in sich. Nein, ich habe gelernt, die Odenwälder können auch Demo, fast 300 Gestalten, darunter Kommunalpolitiker von Grünen, SPD und CDU, ziehen lärmend durch das abendlich verschlafene winzige Städtchen. Ja, liebe Großstädter, lächeln Sie nur, 300 Demonstranten, da geht in Berlin und Hamburg mehr, aber trotzdem. Naja, Sie wissen schon.
Ansonsten ist mir noch so ein komisches Wort untergekommen, Eskapismus. Musste ich auch erst (Klick!) googlen, klingt dann aber umso reizvoller, wenn mans mal verstanden hat. Ich denke darüber nach. Was soll man sonst auch tun, an einem verregneten Samstagabend auf dem Lande.
Matsch und Regen, diese Kombination erzeugt bei mir schon beim Lesen nasse Füße und ich muss … niesen! Ich glaub’s aufs Wort, dass die Hunde gekichert haben.
Gestern habe ich zwecks Neugierde in einem Einrichtungshaus die Weihnachtsdeko auf mich wirken lassen. Genug davon hab’ ich ja, gekauft wird nichts, also einfach nur geschaut. Und festgestellt, dass der Indian Summer vor der Haustür einfach noch kein Weihnachtsfeeling zulässt. Da kann es noch so funkeln und glitzern ;-) Und mein Bäumchen bleibt auch in diesem Jahr das kleine nachhaltige, das ich vollendet aufgehübscht vor Jahren geschenkt bekam. Zu meiner Riesenfreude übrigens! Mit mir werden die Christbaumverkäufer keine Geschäfte machen …
Haltung zeigen, das können auch 300 Menschen. Kann jeder Mensch, jeder einzelne von uns! Scheint mir in diesen Tagen ganz besonders angebracht zu sein!
Liebe Grüße aus Oberösterreich!
Wetter: Wie schön, dann haben sich heute mindestens 2 Menschen am Wetter erfreut. Mein Garten hat’s ebenfalls genossen und ich habe den ganzen Tag mit “Laub fegen” (Familien-Jargon) verbracht.
Demo: Zu meiner großen Freude kam die Nachricht über die “300-Menschen-Demonstration” in Osterburken heute auch in den swr2-Haupt-Nachrichten.
Schöne Grüße!
Eskapismus? Und das aus der Feder einer begnadeten Radiomenschin im Jahr 100 nach Erfindung desselben (musste ich nicht googlen, wurde mir ja in gefühlt 100×100 Sendestunden diverser öffentlich-rechtlicher Mediatheken glaubhaft vermittelt). Als einer, dessen Beruf nach gängiger Meinung einen gewissen Hang zum Eskapismus zwangsläufig mit sich bringt, erlaube ich mir die verwegene Hoffnung: Niemals werden uns die Rundfunker*innen mit d i e s e r Wirklichkeit alleine lassen. Immer schön dableiben und die Sonnenstrahlen mitsenden oder wahlweise zumindest mitdenken, bitte! Herzliche Grüße und Danke für die Farben.
Hallo, ich lese ihren Blog so gerne und freue mich immer darüber.
Heute hab ich sogar meinen Wissenstand deutlich erweitert. „Oxymoron“ war der Titel eines Buches, dass ich vor einiger Zeit gelesen habe. Ich dachte das wäre eine Fantasiewort (wie peinlich). Jetzt hab ich das Buch nochmal in die Hand genommen und gemerkt, dass der Titel durchaus Sinn macht.
Danke dafür und für die kurzweilige Unterhaltung, und die tollen Bilder. Ich bin selbst auch aus der Gegend und genieße diese Stimmungen in der Natur sehr.
Liebe Grüße