Kein Kino, kein Theater, kein Kunstmuseum und keine coole Bar: Das Landleben ist so gesehen ja schon sehr langweilig. Wir haben vor Jahren beschlossen: Wenn schon kein Kulturprogramm geboten wird, machen wir es eben selber.

Dieser Tage studieren wir ein Theaterstück ein, Geo und ich, und wir werden von Probe zu Probe besser. Die Story geht in etwa so: Ein Mann und eine Frau kriechen des Nachts im Schein funzeliger Taschenlampen durch nasse Brennnesseln und Matsch im Hühnergehege, sie versuchen, neuerworbene Hühner einzufangen, die bisher nicht einsehen wollen, dass man abends in den Stall gehen sollte.

Es handelt sich dabei um eine Mischung aus Slapstick-Komödie und Beziehungsdrama, das Stück hat natürlich auch eine tierrechtliche und eine gesellschaftspolitische Komponente. Der Mann flüstert wüste Beschimpfungen Richtung der verschreckten Tiere; die Frau stolpert leise fluchend durch die Finsternis, sie versucht es auf die diplomatische Art und kollidiert stattdessen mit Bäumen und Büschen, zwischendurch hört man immer wieder das markerschütternde Schreien der Hühner, die nicht verstehen, dass die zwei Protagonisten nur ihr Leben retten wollen. Wie im richtigen Leben, und zum Schluss gibt es ein Happy-End.

Wir kürzen das Drama in drei Akten bei jeder Probe etwas, in Absprache mit den beteiligten Hühnern, damit die Aufführungen nicht Wagner’sches Format annehmen und das Publikum nach 120 Minuten anfängt, sich zu langweilen. Das wollen wir natürlich nicht. Vielleicht bauen wir auch noch Gesangseinlagen ein, zusätzlich zu dem noch etwas unmelodischen Geschrei der Hennen, darüber wird noch zu diskutieren sein. Jedenfalls unterhalten wir schon jetzt bei den öffentlichen Proben die dankbare Nachbarschaft auf das Beste.

Die Uraufführung des Stückes ist für Mitte August geplant, falls Sie sich das schon mal notieren möchten. Open-Air natürlich. Sie findet allerdings nur statt, wenn es dann ordentlich regnet und gewittert, das Gehege eine einzige große Matschpfütze ist, und wenn die dämlichen Drecksviecher die lieben Kleinen bis dahin immer noch die Nächte draußen verbringen wollen, statt in den sicheren Stall zu gehen, verdammtnochmalundzugenäht.

Ich würde abends auch lieber in einer coolen Bar oder einem Großstadt-Theater sitzen, oder im Bett liegen, aber naja. So wird es uns wenigstens nicht langweilig.

Ansonsten bemängelt mein Geo, dass hier in letzter Zeit doch ein bisschen viel Hühnchen-Content angeboten wird, also wechseln wir das Thema. Lassen Sie uns über das Wetter reden. Weil es mir auch gestern wieder furchtbar langweilig war, habe ich ein paar Wolken fotografiert, was soll man denn auch sonst so machen. Und ich bin dabei nicht mal nass geworden, ist denn das nicht herrlich!? Es sind die kleinen Dinge, an denen man sich freuen muss.

3 Kommentare zu “Ländliches Kulturprogramm.”

  1. Sehr schön!
    Ich habe mir das Odenwälder Kulturprogramm „Auf einen Berg latschen, den Aussichtsturm hochsteigen und auf die Pampa runtergucken“ gegönnt – und mich auch gefreut, dass ich genau das Zeitfenster zwischen Morgenregen und Mittagsregen erwischt habe.

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