Falls Sie übrigens meine Meinung zum Weltgeschehen hören wollen: ich finde, es reicht jetzt mit Weltgeschehen. Mein Jahresbedarf an Weltgeschehen war eigentlich schon im Februar oder März gedeckt, und jetzt haben wir Juni, also bitte, echt jetzt, es reicht. Inhaltlich kann ich ansonsten wenig zu dem Thema beitragen.

Ich frage mich nur zwischendurch, ob man eigentlich noch guten Gewissens über vermeintliche Belangslosigkeiten bloggen sollte, über zugelaufene Hühnchen und andere Highlights aus dem Leben einer selbsternannten Landpomeranze. Bei all dem Weltgeschehen. Komme aber dann doch zu dem Schluß: Ja, solange es die eigene Verfassung zulässt.
Bisschen ablenken von der allgemeinen Finsternis, ein kleines Licht reinbringen, mal durchatmen in einer Zeit, die einem die Luft zum Atmen abzuschnüren droht. Wenn Ihnen diese Belanglosigkeiten dann doch zu belanglos sind: einfach ignorieren, Sie müssen hier nicht mitlesen, ich habe vollstes Verständnis.


Gönne mir erstmal eine Auszeit. Fronleichnam, verlängertes Wochenende, naja, Sie wissen schon. Mitten im Wald das Hotel, ruhige Lage, aber proppevoll, auf die Idee mit dem Kurzurlaub sind offenbar auch noch andere gekommen. Flirrende Hitze, ein leichter Wind auf dem Balkon. Von der hauseigenen Terrasse dringt das Klirren von Kaffeetassen und -löffeln herüber, Gemurmel und Lachen, ab und zu Hundegebell. Das Hallenbad des Hotels liegt tagsüber knallblau und still, die Wasseroberfläche glatt wie eine Glasscheibe, wohltemperiert mit 30 Grad, verspricht ein Werbeschild. Bei 13 Grad würde ich mit mir reden lassen, aber 30 Grad haben wir schon genug, danke.

Der Parkplatz liegt alles andere als still, Autos fahren an, fahren ab, Menschen quellen heraus oder hinein, großes Hallo, Hundebesitzer bellen Befehle, Eltern rufen nach ihren Kindern, Motorradfahrer brüllen sich über den ohrenbetäubenden Krach ihrer blubbernden Motorräder gegenseitig Unverständliches zu, bevor sie jaulend und heulend starten. Ich staune, mit welcher Begeisterung und welchem Durchhaltevermögen Menschen laut sind – in einer ohnehin ja schon durchaus lauten Zeit. Vielleicht bin ich aber auch nur neidisch.
Die Sätze jedenfalls, die ich an andere Menschen richte, richten muss, lassen sich an einer Hand abzählen, heute waren es bisher Ja, gerne Kaffee zum Frühstück, dann unterwegs im Wald Ganz schön heiß heute, vorhin zum krönenden Abschluß Ich hätte gerne einen Cappuccino. Vielleicht kommt heute abend beim Essen noch ein Satz hinzu, zwangsläufig, es wäre ja doch ausgesprochen unhöflich, mit dem Finger stumm auf die entsprechenden Einträge in der Speisekarte zu tippen. Es steht also noch aus: Einmal Sauerbraten bitte oder Den großen Salatteller bitte, und dann ist aber wirklich genug gequasselt für heute. Ich habe ja sonst bald Fusseln am Mund.

Ich hoffe immer nur, dass andere Hotelgäste mich nicht freundlich ansprechen und ich unter Umständen dann auch noch antworten muss. Aber vermutlich sehe ich jetzt schon so abweisend aus wie die schrullige sozialphobische Alte, die ich eines Tages hochoffiziell sein werde. Bisher bin ich sie nur heimlich im Urlaub. Wenn keiner guckt.
Gestern abend, schweißgebadet nach der Autofahrt in die Auszeit, werde ich doch kurz redselig und setze ein freundliches Gesicht auf. Was darf ich Ihnen denn zu trinken bringen?, fragt der junge motivierte Kellner auf der aufgeheizten Sonnen-Terrasse, und ich antworte gespielt hysterisch Ich möchte bitte jetzt SOFORT 25 Liter alkoholfreies Hefeweizen, dann lachen wir beide.
Als er den ersten halben Liter bringt und vor mich hinstellt, guckt er ernst, dann sagt er (und guckt dabei genauso ernst wie vorher) Wissen Sie was? Wenn wir nicht mal mehr was zum Lachen haben, dann sind wir aber endgültig verloren.
Und ansonsten knipse ich so vor mich hin. Urlaubsbilder der etwas anderen Art. Mal ein bißchen experimentieren. Sehen Sie ja.
Bittebitte weiter Belanglosigkeiten verbreiten, gerne auch weiter so schön geschrieben, daß man in all dem Weltgeschehen doch immer wieder was zum kichern hat, wenn man bei Ihnen reinschaut! :-)
Alles gesehen, Danke.
Genug geredet…
Rolf
(einen schönen Urlaub)
Bitte unbedingt weitermachen! Ich liebe Deine Belanglosigkeiten und schlafe besser, seit ich die Nachrichten im TV verdränge.
Schönen [Kurz-]Urlaub!
Danke! und weiter so, sonst knallt man ja durch.
Bitte hören Sie nie mit dem Bloggen auf, denn Ihre vermeintlichen Belanglosigkeiten sind das Highlight meiner Online-Lektüre. Huchgott, das wäre ja elend ohne Sie.
Ich schließe mich den Worten der anderen an. Es ist sehr wohltuend, Ihre Sicht auf die Welt zu lesen. Politische Meinungen gibt es schon genug. Und das, was Sie schreiben, ist ja auch politisch.
Schöne Bilder in unschönen Zeiten. Und der Abgrund schön zwischen den Zeilen. Mehr davon.
Belanglosigkeiten, so wichtig.
In dieser Zeit.
Danke dafür.♡
Die Beiträge auf diesem tollen Blog sind quasi ein Überlebenselixier für mich in so dunklen Zeiten. Nicht selten lassen mich die pointierten Formulierungen lächeln und sogar lachen und dafür einfach nur: DANKE!!!
Herzliche Grüße aus dem Nachbarland, C Stern
Weltgeschehen !
Wenn sich 2-10 Assis in irgend einem Drecksschuppen, aka Kneipe, Bar, Bistro die Zähne ausschlagen wird auch in der Zeitung berichtet.
Man denkt dann eben, diese Idioten.
Guten Morgen,
Wenn wir uns die kleinen Freuden und feinen Beobachtungen versagen – wegen Dingen, an denen wir ohnehin nichts ändern können –, dann haben genau diese großen bösen Dinge Macht über uns. Dann sind wir nur noch erschreckte Marionetten. Denn Angst kann wunderbar dumm, egoistisch und manipulierbar machen. (Und das meine ich jetzt nicht verschwörungstheoretisch, sondern eher psychologisch.)
Zuversicht ist schwer, aber ich bemühe mich immer wieder darum.
Angela hat dazu schön gebloggt: https://angela-carstensen.de/perspektiven-auf-zuversicht/
Einen lieben Gruß von Odenwald-West nach Odenwald-Ost
Katja
So mögen die Schädlichen ihrer Funktion und Stimme enthoben werden und in die Wüste geschickt sein.
Danach soll viele Wochen Ruhe sein.
Dann muss man sprechen, aber den lauten und scheinbar kompetenten darf kein Gehör geschenkt werden.
Erst wenn einer leise spricht und danach ein weiterer und viel weitere das gleiche leise sagen muss bedacht werden.
Hanswurst 2 Vers 17
„wohltemperiert mit 30 Grad“
Könnten Sie mir bittebitte das Hotel verraten? Das ist zwar immer noch 2 Grad niedriger als meine bevorzugte Mittelmeerwassertemperatur, aber geht gerade so.
Aber gerne! Waldhotel Heppe im Spessart. Einfach mal googeln. Die haben angeblich das größte Hotel-Hallenbad in Nordbayern. Nicht riesig, aber offenbar größer als andere.
Ach, Sie schreiben so so schön und Sie wissen genau, dass das kein bisschen belanglos ist. :-) Einen wunderbaren Kurzurlaub.
Es ist nicht das Weltgeschehen, das unseren Alltag bestimmt, zumindest so lange bis wir Teil des Weltgeschehens sind, sondern die Kleinigkeiten und, mit dann doch Blick auf das Weltgeschehen, die Belanglosigkeiten, aus denen sich unser Alltag zusammensetzt; gerne auch der Alltag der Anderen, der irgendwie ja dann doch mit einem was zu tun, und sei es nur, weil man ein paar Minuten in ihn hineintaucht.
Danke für die vermeintlichen Belanglosigkeiten! Auch für mich immer wieder ein Highlight in dieser von negativen Nachrichten geprägten Zeit..
Herzliche Grüße in den Süden und einen schönen Rest-Kurzurlaub :-)
„Ich frage mich nur zwischendurch, ob man eigentlich noch guten Gewissens über vermeintliche Belangslosigkeiten bloggen sollte, über zugelaufene Hühnchen und andere Highlights aus dem Leben einer selbsternannten Landpomeranze. Bei all dem Weltgeschehen. Komme aber dann doch zu dem Schluß: Ja, solange es die eigene Verfassung zulässt.“
Da Sie ja bekanntlich evangelisch sozialisiert sind: ist es nicht Gnade, dass wir uns mit solchen schönen Details beschäftigen können wie entlaufenen Hühnern und der Wassertemperatur im Hotel? Lassen wir uns weiterhin alle daran freuen. Danke für die regelmäßigen kleinen Freuden aus dem Odenwald und umhin.