Zwölf Bilder am Zwölften des Monats, Sie kennen das. Oder gucken hier nach: https://draussennurkaennchen.blogspot.com/2025/04/12-von-12-april-2025.html?m=1, da finden Sie alles, was Sie wissen müssen.

Ich so: Mal rasch am anderen Ende der Republik gewesen, in einer quirlig-lebendigen Landeshauptstadt, um einen letzten Besuch zu machen und für immer Abschied zu nehmen, während die Sonne lacht und die Möwen schreien. Abschied genommen in der festen Gewissheit, dass man sich aber doch wiedersieht, irgendwann, eines Tages, irgendwo.

Heute geht es zurück in den Odenwald, nach Hause. 617 Kilometer mit der Bahn. 617 Kilometer Zeit zum Nachdenken, zum Traurigsein, zum Froh-und Dankbarsein. Alles durcheinander. Naja, Sie wissen schon.

Alles durcheinander auch bei der Bahn mal wieder, Ausfälle, Umleitungen, Verspätungen, wenigstens das also ist und bleibt verlässlich im Leben. So hat man beim Umsteigen mehr Zeit, bislang unbekannte Bahnhöfe etwas näher in Augenschein zu nehmen, soweit das bei dem Gedränge möglich ist.

Irgendwo auf dem Bahnsteig brüllt jemand laut und wirr herum, Köpfe werden gereckt, die Lautsprecheransage warnt vor Trickdieben im Bahnhof.

Früher war das alles Alltag für mich, der Berliner Bahnhof Zoo hatte auch so allerlei zu bieten, Gedränge, Lärm, Gestank, jede Menge Drogen und Gewalt, und Menschen, die von alledem gezeichnet waren. Ich nahm das so hin, ich kannte es nicht anders.

Heute ist das nicht mehr meine Welt. Ich bin entwöhnt. Oder insgesamt dünnhäutiger geworden, das kann natürlich auch sein.

Im Zug immer die Ruhezonen suchen. Oberstes Gebot. Und sich freuen, dass sich manchmal sogar alle daran halten. Ich wäre ja prinzipiell generell für die Ausweisung von pssst!-Zonen im ganzen Leben, immerzu und überall, man könnte die nach Bedarf nutzen, ich fände das verlockend. Man könnte auch manche Menschen da einfach mal für ein paar Stunden einsperren absetzen, um ihren sinnbefreiten Redefluss vorübergehend zu stoppen, nur so ein Gedanke.

Vor dem Zugfenster nach ein paar Stunden endlich die vertrauten Höhenzüge, bald die Würzburger Weinberge, dann entlang der Strecke auch die vergessenen, verfallenen uralten Bahnhöfe, um die sich niemand mehr kümmert, die Bahn schon gar nicht.

Immer kleiner werden die Orte, durch die schlussendlich die Regionalbahn ins Badische fährt, immer größer Wälder und Felder, immer leerer die Straßen. Der strukturschwache Raum, die vermeintliche Provinz, die sehr warm nach Heimat aussieht und sich meistens auch so anfühlt.

4 Kommentare zu “12 von 12”

  1. Wieder ein starker Text, der mir aus der Seele spricht!

    Mein letzter Zwangsaufenthalt in München schien mir beim Warten auf die S-Bahn im Hauptbahnhof wie ein anderer Planet. Stadt in so einer Dimension ist mehr und mehr notwendiges Übel, auf das ich mich bewusst einlassen muss, um nicht komplett im Gewusel auszusteigen.

    Ruhezonen – da hätte ich einen Text von Bannkreis mit dem Titel „Bannkreis“ im Angebot.

    Zitate:

    Hörst du es im sanften Wind,
    In dem Blätterrauschen,
    Hörst du es, wenn nachts der Regen fällt?
    Kannst du, nach dem Lärm des Tages,
    Still dem Himmel lauschen?
    Hörst du leis den Herzschlag dieser Welt?

    Wir wollen wieder schweigen lernen,
    Umso besser hört das Herz,
    Ist all der Lärm dieser Welt erst fort,
    Ist all der Lärm dieser Welt erst fort.

    Die Lieder/Texte der Titel Frau Erde und Abschied von Faun als einer anderen Folk-/Mittelalterband berühren mich auch sehr. Abschied ist ein vertontes Gedicht von Joseph Eichendorff, an das ich oft denke, wenn ich einsam im Wald bin.

    So als OT hat die Szene sowieso einige Perlen parat und diese beiden Gruppen zählen sowohl mit der Musik und den Texten dazu, um runter zu kommen.

  2. Merci vielmals für Blog, Bilder und Text!
    Meine Stadt-Land Erfahrung hat gezeigt, daß es auf dem Land nicht nur ruhig ist, das geht zu Zeiten auch in der Stadt; hier ist es möglich, Stille zu hören.
    Ich kann es nur empfehlen! Schönen Sonntag, Gabriela

  3. Nach 3 Wochen Zugfahren in Japan war das Zugfahren in Ö und D ein Schock. Danach haben wir mit Freude festgestellt, dass es auch in Zügen der ÖBB Ruheabteile gibt. An der chronischen Unpünktlichkeit und Unzuverlässlichkeit der DB kann man allerdings offensichtlich nichts ändern. Und Stille geht auch in der Stadt, man muss nur die Flecken finden. So wie Lärm auch am Land geht, Gebläse auch am Sonntag zum Beispiel. Oder Kirchenglocken schon frühmorgens. Manch Städter musste da schon lernen, dass auch das Land nicht gar so ruhig ist als geglaubt ;-)
    Liebe Grüße, heike

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