Bis spät in die Nacht rumpeln und donnern riesige Traktoren und andere landwirtschaftliche Ungetüme durchs Dorf, schnell, schnell, alles reinholen, bevor wieder Unwetter kommen. Ich bin erst genervt, dass ich nicht schlafen kann bei all dem Lärm, dann überwiegen Verständnis und Mitgefühl, die Landwirte machen das ja nicht zum Vergnügen, und schon gar nicht, um mich zu ärgern; und dann schläft es sich wider erwarten doch gut ein. Hätte glatt das Zeug zur Lebensweisheit. Genervtheit ist ein schlechtes Ruhekissen, irgendsowas in der Art.

Am Morgen erinnert mich ein Berliner in den sozialen Netzwerken noch auf nüchternen Magen daran, dass es schlimmere nächtliche Geräusche gibt, ich erinnere mich sogar gut daran, an das Geräusch und den Geruch.

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Die Frau Geywitz hat mal wieder eine (Klick!) super Idee. Ganz neu. Das heißt, sooo neu ist die Idee gar nicht, die hatte die Frau Wohnungsbauministerin schon vor über einem Jahr, das weiß ich aber auch nur deswegen, weil ich mich damals schon so aufgeregt habe. Ick könnt mir uffrejen, wa. Können Sie (klick!) hier nochmal nachlesen oder hören, meinen Zorn. Von damals.

Ist heute nicht anders, aber jetzt will die Klara Geywitz (wie damals auch schon) ganz schnell ein Konzept vorlegen, wie man also am besten die Städter aufs Land lockt, von wegen Wohnungsmangel in den Städten usw. Also, alle Mann rauf aufs Land. Und weil wir ja nicht Lebensverhältnisse erster und zweiter Klasse haben wollen – Nein, bewahre, wer will das schon??? – deswegen wird jetzt auf dem Land alles super duper schick gemacht, ÖPNV, Infrastruktur, Einzelhandel, pipapo, damit die Städter hier auch wirklich herziehen. Also, so lautet das Klara-Konzept wohl, und im November wird es vorgestellt. Oder auch nicht. Ich bin jedenfalls sehr gespannt darauf.

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Ich war mal wieder auf dem kleinen Dienstweg unterwegs, quer durch einen Wald, immer weiter, immer weiter, irgendwo bei Buchen im Odenwald, die Reifen knirschen auf dem geschotterten Waldweg, krachend überfahren sie querliegende Äste und Zweige, Gräser und Farne greifen raschelnd nach Unterboden und nach Auspuff, hinter uns eine riesige Staubwolke, rechts und links undurchdringliches Dickicht und Unterholz und ein paar aufgeschreckte Vögel.

Ich kenne die Strecke schon, ich war schon ein paarmal hier. Jedes Mal, wenn die Amerikaner hier im Wald sind, schaue ich vorbei. Die Amerikaner, das sind Studierende und Lehrende der Indiana-University of Pennsylvania, Archäologen, Anthropologen, Forensiker, alle möglichen Fachrichtungen, und sie suchen im tiefen Wald, irgendwo beim beschaulichen Buchen, nach menschlichen Knochen und Schädeln.

Im Dezember 1944 sind hier zwei US-Bomber in 8000 Metern Höhe zusammengestoßen, eines der Flugzeuge ist in diesen Wald gestürzt, ein anderes etwas weiter entfernt. 14 Tote gab es, drei davon werden bis heute vermisst. Nach ihnen suchen die Amerikaner, im Auftrag des Verteidigungsministeriums und nach dem amerikanischen Motto We will bring you back, Wir bringen Euch wieder nach Hause, We leave no one behind, Wir lassen niemanden zurück. Und wenn es 80 oder 100 Jahre dauert, die US-Regierung gibt viel Geld aus für diese Missionen in allen Teilen der Welt.

Das kann man nun so oder so finden, mich rührt es auf eine ganz eigentümliche Weise an: Wie junge amerikanische Studenten da in einem Odenwälder Waldstück buddeln und graben und sieben und suchen, wochenlang, monatelang, immer wieder und wieder. Bei schlechtem Wetter eine Drecksarbeit, bei Hitze auch nicht besser. In den vergangenen Jahren haben die Trupps bei ihren Einsätzen schon Flugzeuteile gefunden, Uniformfetzen, eine Brille, einen Ehering. Nur noch keine Knochen. Also werden sie wiederkommen, nächstes Jahr vielleicht, oder übernächstes Jahr.

Die Stadt hat inwzischen sogar einen kleinen Gedenkstein an der Stelle des Absturzes aufgestellt, der war mir neu, den durfte ich knipsen. Ansonsten seit Neuestem: strenge Regeln des Verteidigungsministeriums: Keine Fotos, keine Videos ohne Freigabe durch das US-Departement, und die kann dauern.

Also lasse ich es bleiben. Ich könnte Ihnen Fotos der Grabungsstelle aus den Vorjahren zeigen, aber am Ende ist das auch verboten, und bei einem Rechtsstreit Unbedeutender Odenwälder LandLebenBlog gegen US-Regierung, Aktenzeichen 0815 zöge ich eventuell, unter Umständen, den Kürzeren.

Wenn es Sie aber interessiert, habe ich (Klick!) hier eine kleine Reportage aus dem Archiv des US-Fernsehsenders NBC herausgekruschtelt, ein NBC-Reporter hat schon 2019 die Grabungen in Buchen besucht, so lange sind die da schon zugange. Sehr amerikanisch, aber aufschlussreich.

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Durchs Bürofenster höre ich, wie im Städtchen ein Autofahrer einen anderen Autofahrer zornig anhupt. Ja, tatsächlich! Das muss die Hitze sein. Sowas macht man doch hier sonst nie. NIE.

Naja, Sie wissen schon.

12 Kommentare zu “Traktoren, Totenschädel und Klara ihre neueste Idee.”

  1. Ja, genau „….damit wir niemals vergessen mögen“ !!! Danke für den gleichermaßen international wie heimatkundlichen Beitrag.
    Ich erinnere mich noch sehr gut an den Satz „Nie wieder Krieg!“, bin dankbar für ein Aufwachsen in der ‚Nachkriegszeit’und war bis vor Kurzem tatsächlich der Überzeugung, daß die Greuel zweiter Weltkriege (und auch aller damit einhergehenden ideologischen Unmenschlichkeiten) ausgereicht hätten, um Machtstreben zu begrenzen und Gewalt als Mittel, zumindest in Europa, auszuschließen. Und jetzt???

  2. Moin,

    wenn ich in den vergangenen Jahren morgens um 4:00 durch die Dörfer auf die A81 nach Stuttgart gefahren bin um den Stau vor Stuttgart zu vermeiden, dann waren die Bauern die einzigen, die schon wach waren. Und um 1:00 in der Nacht davor waren sie teils noch mit den Mähdreschern auf den Feldern hinter dem Haus unterwegs.
    Und dann ist mir immer die Rede von Paul Harvey eingefallen, die mit dem 8. Tag der Schöpfung (https://www.youtube.com/watch?v=wnOIrkqmlDk) und, dass mein Schwiegervater sich in seiner Doppelbelastung als Nebenerwerbslandwirt und Maurer mit 60 schon so „zerarbeitet“ hatte, wie manch ein Städter mit über 80 erst aussah.

    Dort wo ich wohne, gelte ich übrigens als Städter, auch nach 22 Jahren am Ort und 50 Jahren in der Gegend, und ich kann versichern: sie wollen die Städter nicht! Die, die neben die Bäckerei ziehen, wegen des günstigen Preises der Immobilie und die sich dann über den Duft von Brot am Morgen aufregen.

    Und die, die sich über die Traktoren aufregen wollen sie eigentlich auch nicht.

    Nach vielen Jahren, die ich beruflich in Städten wie Frankfurt, Stuttgart und Hannover verbracht habe, habe ich viel Verständnis, für die auf dem Land.

  3. Traktoren und Mähdrescher bei Nacht schauen für mich irgendwie gespentisch aus, aber auch faszinierend. Wegen des Zuschauens bin ich auf der Landstraße mal so langsam geworden, dass mich jemand hupend (!) überholt hat. „So’n Depp“, dachte ich mir, „Was macht der hier um die Uhrzeit?“

    Zugezogene Städter (schlimmer noch: Preußen!) haben wir hier ein paar. Deren Integration hat in zwanzig Jahren nicht geklappt. Ihre Kinder hingegen fahren Fahrrad wie Henker bzw. frisierte Mopeds, spielen mit der Dorfjugend die hier übliche Mischung aus Fussball und Rugby, und sprechen die Landessprache ein wenig. Sogar von amourösen Affären habe ich gerüchteweise gehört. Also alles hervorragend. Läuft!

  4. Ja diese Blase der Frau Geywitz…

    …als ich diesen endlos genialen „Einfall“ in der Zeitung gelesen habe, habe ich mir nur gedacht, dass das wieder so eine dieser „Lösungen“ ist, die nie wahr werden.

    Was bei solchen Sachen immer ausgeblendet wird, ist erstens der Faktor Zeit, der gerade in der Politik gedanklich stets nur bis zum Ende der Legislaturperiode reicht. In dieser Zeit ist so ein Punkt icht zu realisieren.

    Das nächste Unmögliche daran ist, dass ein derartiges Vorhaben dann auf dem Land genauso die Preise treibt wie jetzt in den Städten; noch mehr Pendler- und Einkaufsverkehr in erster Linie des Individualverkehrs zur Folge hat, weil ÖPNV deswegen auch nicht automatisch besser wird und auch Indoorned oft nicht so da ist, wie das für so weitere Ideen wie ein Homeoffice nötig wäre. Letzten Endes entstünden auf diese Weise nur noch mehr sterile „Schlafstädte“ mit Neubauten im mediterranen Stil in den Speckgürteln, die mit gewachsener dörflicher Struktur null zu tun haben.

    DIeser Murks hat nur Kopfschütteln zur Folge. Da fällt mir zum Beispiel diese Sendung von Alpha-Retro mit einem herrlich erfrischenden Moderator Dieter Wieland.

    Hier wird zum Beispiel eine Streuobstwiese umgepflügt für eine Ortserweiterung in diesem Stil und dafür darf jeder Einwohner kostenlos einen Obstbaum bekommen, wenn er nachweist, dass er ihn im Ort/Garten pflanzt:-(

  5. In deinem älteren Artikel schreibst du:
    “ Viele Immobilienbesitzer hier möchten weder verkaufen noch vermieten, die Häuser mögen leer stehen, die Grundstücke unbebaut bleiben. Sowas gibt man nicht einfach so her. “
    Was ist mit denen los? Wozu so ein nutzloser Besitz? Leere Häuser werden ja nicht besser, im Gegenteil! Sie würden es ja nicht „einfach so“ hergeben, sondern zu ordentlichen Preisen. Und gegen eine „Belebung“ der Landgemeinden ist doch kaum etwas zu sagen, oder?

    1. Warum genau das so ist, kann ich nur ahnen – wie gesagt, sowas gibt man nicht her. Wie man auch kein Stück Land einfach so verkauft. Hier gilt der schöne Spruch: Liebe vergeht, Hektar besteht. Und ob die Landmenschen generell scharf drauf sind, die Ortschaften zu beleben mit Zugezogenen aus der Stadt? – hm. Wer also nicht dringend Geld braucht, behält einfach alles, wie es ist. So erfahre ich das hier.

    2. Sehe ich hier auch so. Die „Finnhütte“ ist nicht das Problem, sondern da geht es um den Grund, auf dem diese steht.

      Und schaut man sich die Häuser und deren Zustand an, dann sind viele eben nicht mehr zu modernisieren, sondern es bleibt nur der Abriss oder die Kosten für das Sanieren übersteigen mit Kauf den eines dann fälligen Neubaus, der wiederum s.o. endet.

      Mir tut das jedesmal in der Seele weh, wenn ich sehe, wie Fachwerk oder landschaftstypische Häuser geplättet werden und dann irgendwelche Nullachtfuffzehn-Klötzer das Ortsbild verschandeln, bei denen man sich fragt, wer da die Baugenehmigungen erteilt. Wer da mit scharfem Auge durch die Gegend fährt, entdeckt solche Baukatastrophen überall. Es gibt ja inzwischen Dörfer, bei denen mehr dieser gesichtslosen Neubaugebiete drumherum existieren als noch historischer Kernort existiert.

      So btw. lösen diese eben auch nicht das massive Wohnungsproblem der Städte, weil das in erster Linie eine Geldfrage ist. Solange städtischer Wohnungsbau als Betongold dient und nicht dem bezahlbaren Wohnen, wird sich das nicht ändern.Gerade in Berlin sind ja die Ansätze des Enteignens gescheitert und wenn ich auch hier im Umfeld einer südwestdeutschen Mittel- bis Großstadt die Preisentwicklung sehe…

      Die wenigen Projekte von genossenschaftlichen Wohngemeinschaften als Entzug von Immobilien aus dem „Markt“, die ich klasse finde, werden das auch weder ändern noch lösen. Dazu ist städtisches Wohnen auch viel zu „unruhig“ durch höheren Zu- und Wegzug als auf dem Land im Vergleich und nur wenige sind vermutlich auch bereit, sich auf so etwas einzulassen.

      1. Eine enteignete Wohnung in Berlin ist immer noch nicht eine neu gebaute Wohnung
        Die in Frage kommenden Wohnungen in Berlin hat irgendeine glorreiche Berliner Regierung vor Jahren mal verkauft, was ein riesiger Fehler war. Diesen Fehler durch Enteignung, die nach geltendem Recht immer noch eine Entschädigung erfordert, rückgängig machen zu wollen, ist der nächste große Fehler. Enteignet man entschädigungslos, wäre das ein noch viel größerer Fehler.

        Eine enteignete Wohnung auf dem Land ist nicht notwendigerweise gleich wieder bewohnbar – würde ich sagen – denn das ist meine Beobachtung, wenn ich durch Nordbayern und Nordbaden fahre und mir die leerstehenden beschädigten Immobilien an der Hauptstraße so ansehe. Die stehen übrigens gerne mal leer, weil diese Ortsdurchgangsstraßen von LKW genutzt werden, die die Mautstrecken umfahren wollen und das Wohnen an der Hauptstraße unmöglich gemacht haben. Ich will mir gar nicht ausrechnen, welchen Schaden die Dorfzentren seit Einführung der Maut durch die durchfahrenden LKW genommen haben und ob der Schaden jemals in irgendeine volkswirtschaftliche Kalkulation aufgenommen wurde.

        Die Landbevölkerung hier im Ort lässt zwar mal ein paar Jahre eine Immobilie leerstehen, die ist aber meist weit unter dem aktuellen Standard und schlicht unbewohnbar. Sie wird aber irgendwann mit Hilfe der Nachbarn abgerissen und durch einen Neubau für die Kinder ersetzt. Kinder, von denen es hier auf dem Land noch wenigstens einige gibt. Ich würde mal die steile These aufstellen wollen, dass hier im Ort mit 28 Kindern auf 110 Einwohner, die Demographie noch in Ordnung ist.

        Die Schachtelhäuser, die jetzt auf der grünen Wiese oder in Baulücken entstehen, entstehen aufgrund von gemeindlichen Satzungen und vor allem energetischen Vorschriften so, wie sie nun eben entstehen. Die quadratischen Häuser, die da gebaut werden, haben nebenbei für ein EFH eine gute Raum- und Energieffizienz. Die Häuser werden überdies von Leuten bewohnt, die wohl eher nicht der „Genossenschaftwohnungstyp“ sind. Diese Realitäten wird man als „Genossenschaftwohnungstyp“ zur Kenntnis nehmen müssen. Menschen sind nicht alle gleich. Nach dem WK2 waren es übrigens die Gärten hinter den EFH auf dem Lande, die einen guten Teil zur Nahrungsversorgung der Menschen beigetragen haben – 200m² Gemüsegarten helfen da meines Wissens nach schon recht weit.

        „Betongold“ gilt auf dem Lande übrigens eher nur für den Bauunternehmer. Mein Nachbar, der mein Haus gerne kaufen würde, meinte, er habe zwar ein Baugrundstück, aber das Haus in der gleichen Güte und Energieeffizienz dort zu erstellen, wie meins, das vor 22 Jahren gut 250.000 EUR gekostet hat, würde ihn heute 630.000 EUR kosten (ohne Grundstück). Diese Kosten sind im Hauptteil politisch motiviert und wären vermutlich noch um einiges höher, wenn der Nachbar wüsste, wie die Ausstattung des Hauses wirklich ist.

        1. Die von Ihnen erwähnten Punkte stehen alle irgendwie bereits oben drin.

          Bleibt dennoch festzuhalten, dass Einfamilienhäuser auf dem Lande neben den damit verbundenen Infrastrukturproblemen und Flächenverbauch die Misere der Städte nicht lösen und so btw. trotz aller Energieffizienz nicht die von Mehrfamilienhäusern im Innerstädtischen erreichen. Das sind völlig andere Wohnkonzepte.

          Berlin war diesbezüglich der maximale Fehlgriff, aber dem privaten Wohnungsmarkt entzogene und kommunal oder anderweitig genossenschaftlich verwaltete Wohnungen dürften diese immerhin bezahlbarer machen für viele. Genau das ist ja einer der Hauptgründe für den Notstand in den Boom-Städten.

          Die gestiegenen Kosten sind nicht politisch motiviert, sondern liegen in der Preistreiberei der Unternehmen. Das die dabei durch politische Entscheidungen über Mietpreisbremse, Vergleichsmieten und siehe Ihr Beispiel im Verkauf völlig überzogene Preise durch die Makler und als Folge gestiegener Baukosten und Materialien entstanden sind, sind eher Zeichen einer Blase. Die Preise macht jedenfalls nicht „die Politik“. Aber das löst sich auf die eine oder andere Art wie 2008 von selbst, trifft aber trotzdem meist die Falschen.

          Nur weil ich das Konzept Genossenschaft gut finde, heisst das übrigens noch lange nicht, dass ich so ein „Typ“ bin und Selbstversorgerstrategien aus der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg helfen bei fehlenden/unbezahlbaren Wohnungen auch nicht weiter oder finden sich auch in den Schrebergärten und neudeutsch dem Urban Gardening wieder;-)

          1. Die Preise macht sehr wohl die Politik, ob nun mit sinnlosen energiepolitischen Vorgaben, mit fehlgeleiteten Subventionen oder, wie u. a. in Berlin, mit unsäglichen Verkäufen von öffentlichen Wohnungen.

            Jeder zweite Immobilienverkauf in D wird inzwischen ohne Makler abgewickelt. Das sollte genug zum Thema sagen.

            Selbstversorgerstrategien mögen bei bezahlbaren Wohnungen wenig helfen, in der Gesamtbetrachtung sollten sie aber dennoch Beachtung finden.

            Was ist übrigens „gewachsene dörfliche Struktur“? Oberes und unteres Rittergut und dazwischen ein paar Tagelöhnerkaten? Haufendörfer mit Bauernhöfen und Bäumen zum Schutz vor Stürmen drumrum, in einer Form, die heute gerne als „Zersiedelung der Landschaft“ bezeichnet wird? Zusammenballungen von Häusern um ein Kloster, einen Amtshof oder ein Schloss als Erinnerung an das damalige Herrschaftszentrum? Straßendörfer im Spessart, die entstanden sind, weil die Mainzer oder Würzburger Herrschaft Glas oder Eisen herstellen lassen wollte, die damals schon den Raubbau an der Natur manifestierten und deren Armut und schlechte Lebensverhältnisse heute noch legendär sind?

            Dieter Wieland spricht viel Wahres aus in seinen Sendungen, vor allem aber zeigen seine Sendungen auch, dass die Häuser von damals von den Menschen von heute, die 30cm länger sind und berechtigte Ansprüche an Hygiene und Wohnkomfort haben, nicht mehr nutzbar sind. Das Museum in Gottersdorf im Odenwald erinnert einen eindrucksvoll daran, dass man sich das nicht antun möchte.

            Wer dahin zurück will, wird berechtigen Widerspruch ernten.

            Gewachsene dörfliche Struktur kann auch nicht der Plattenbau mit seinen 10 Wohnungen neben der LPG sein, den man in der ehemaligen DDR so oft sieht. Daneben das leere verfallene ruinöse Herrenhaus inmitten von Schweineställen, dessen Bauphysik man mit dem DDR Zementputz zerstört hat?

            Was also ist „gewachsene dörfliche Struktur“? Ein Großteil der Dörfer hier im Staate beinhaltet nicht viel, das auf eine gute alte Zeit hindeutet. Ich habe neulich ein Traktat aus Amorbach zum Thema Finanzen des Fürstentums Leiningen gelesen, da ging es 1826 um das Thema Leibeigenschaft. Auch das gehört zu den mit Asbestplatten beplankten Häusern, die Dieter Wieland beschreibt. Wenn sich die Leute heute stattdessen mediterran angehauchte Schachtelhäuser leisten können, ist mir das eigentlich viel lieber.

  6. Es gäbe sicher noch etwas zu sagen.

    Aber erstens geht das immer mehr vom Eingangsthema weg und zweitens mag ich nicht den Beitrag zertrollen.

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