Gestern abend schon wieder Fußball geguckt. Frauen-Fußball diesmal, die DFB-Elf gegen die Österreicherinnen, zur besten Sendezeit in der ARD und vor einem ausverkauften Stadion mit rund 40.000 Zuschauern vor Ort. Unglaublich. Vor zehn, zwanzig Jahren komplett undenkbar.

Mir fiel dabei mal wieder ein: Frauen-Fußball kam in meiner Wahrnehmung überhaupt nicht vor, bis ich in den Odenwald gezogen bin. In der Schule in Berlin, Grundschule, Gymnasium, in der Nachbarschaft, – kein Mädchen spielte Fußball, es wäre eine ziemlich abwegige Idee gewesen, wenn man überhaupt darüber nachgedacht hätte. Die Kerle unter den Mädchen spielten Handball im Verein, ich selber spielte Basketball, andere gingen tanzen, reiten, spielten Hockey – aber Fußball? Im Leben nicht. Lag vielleicht auch an der Wohngegend, ich verallgemeinere das jetzt aber mal einfach.

Frauen-Fußball, Mädchen-Fußball habe ich tatsächlich erst im Odenwald so richtig kennengelernt. Aber inzwischen eben auch schon vor 25 Jahren. Keine Ahnung, ob das eine Odenwälder Besonderheit ist, oder eine der ländlichen Räume generell, aber jedenfalls sind kickende Mädchen und Frauen hier seit Jahrzehnten, wenn nicht seit Jahrtausenden völlig normal. Isso.

Vor einiger Zeit waren wir zum 60. Geburtstag einer Bekannten aus dem Dorf eingeladen und ich fand mich zwischen Markklößchensuppe, Schnitzel, Pommes und Spätzle plötzlich im Gespräch mit einer DFB-Funktionärin wieder, sie war extra angereist für den Geburtstag im Odenwälder Dorfgasthaus, – Ehrensache, man kennt sich noch aus alten Fußballerinnentagen. Es gibt hierzulande Frauen, die auf die 70 zusteuern und auf eine lokale oder sogar regionale Fußballerinnen-Karriere zurückblicken, das ist alles völlig selbstverständlich und niemand (außer mir natürlich) glotzt bei den entsprechenden Erzählungen staunend oder überrascht.

Dass die langjährige Nationaltrainerin der DFB-Frauen aus dem Odenwald kommt, Silvia Neid,: logo, ich glaube, sogar eine ihrer Co-Trainerinnen kommt von hier, aber der Name fällt mir nicht mehr ein; und der Klang des legendären Odenwälder Frauen-Fußballvereins SC Klinge Seckach ist seit den frühen Siebziger Jahren Musik in den Ohren von Fußballerinnen-Fans in halb Deutschland. Schon Ende der 60er Jahre gab es im Odenwald etliche Frauen- und Mädchen-Fußballvereine, man muß sich das mal vorstellen. Und das nochmal mit dem Frauenbild der Deutschen Ende der 60er Jahre abgleichen, vielleicht auch mit dem Rollenverständnis der Frauen damals auf dem Lande, ich finde das alles äußerst spannend.

Muß mal googlen, ob es dazu nicht vielleicht schon sport-soziologische Abhandlungen gibt. Oder andere wissenschaftliche Forschungen. Oder Doktorarbeiten. Oder mal selber eine schreiben. Sitze ja im Odenwald quasi an der Quelle.

8 Kommentare zu “Frauenfußball”

  1. Liebe Friederike, liebe Alle,
    ja, gute Idee, mal die Forschung zu sichten und ggfs selbst zur Feder zu greifen …
    Allerdings möchte ich darauf hinweisen, daß es gerade beim Thema ‚Rolle der Frau‘ immer große Diskrepanzen gegeben hat zwischen dem gesellschaftlich-öffentlich definierten Bild und den tatsächlichen Leistungen und der Bedeutung von Frauen im jeweils konkreten Lebensumfeld. Damit meine ich keinesfalls nur die Familie oder ‚das Soziale‘ sondern gerade auch im beruflichen und wirtschaftlichen Bereich in der Landwirtschaft und in Unternehmen.
    Bin gespannt, ob es jetzt eine Debatte gibt …
    Schöne Grüße,
    Gabriela

  2. Der DFB hat nach dem Weltmeistertitel der Männer 1954 ein Verbot verfügt, Frauenabteilungen einzurichten, also gab es Frauenteams nur außerhalb. Dieses wurde erst 1970 aufgehoben.

  3. Off Topic, ich weiß, aber ich fand das alte Theme schöner. Der schwarze Balken mit dem „Wachturm“, der keiner ist, weckt bei mir Assoziationen zur DDR Grenze und Todesanzeigen.

    1. Auf diese Assoziation bin ich tatsächlich noch nicht gekommen… ich hab aber eh vor, das Foto da oben immer mal zu ändern – insofern… aber danke für die Rückmeldung!

  4. Das war damals eine große Sache, der Damenfußball in Bad. Sibirien! Die Begeisterung des „Cousinchens“ ( knapp 74 ) bis heute im Ohr! Da war das in der Großstadt noch lange kein Thema. ( Immerhin ist dann eine ehemalige Schülerin mit ihrem rheinischen Verein in einem „Vorort“ deutsche Meisterin geworden. ) Daher Fußball-Interesse, aber nur beschränkt auf die Frauen. Wie Gabriela im Eingangskommentar schon schreibt: Frauen haben auf dem Lande immer Rollen gespielt, die aufgrund der patriarchalen Darstellungsweise eben immer unter den Tisch gefallen sind. So war das Zusammenleben nie. Ohne weibliche Leistungen wäre es nicht gelaufen.
    Grüße aus Köln!
    Astrid

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.