Ist Euer JoHahn eigentlich immer noch so ….?, fragt die Bekannte am Telefon, sie spricht das fehlende Wort am Ende nicht aus, aber es hängt in der Luft, zum Greifen nahe. …dämlich? Ja, dämlich ist das passende Wort, wir müssen uns da nichts vormachen. Junghahn JoHahn war ausgesprochen dämlich, aber sowas von, obwohl er doch bei uns und mit uns geschlüpft und aufgewachsen ist. Oder vielleicht auch gerade deshalb, wer weiß das schon.
Jedenfalls war JoHahn der dämlichste Hahn, den wir je hatten, ein hysterisches Muttersöhnchen, das kreischend die Flucht ergriff, sobald wir uns dem Gehege nur näherten. Als Beschützer für die Hühnerherde gänzlich ungeeignet, eine Zumutung geradezu, die Hühner verdrehten genervt die Äuglein, wenn er sich mal wieder panisch in das nächstgelegene Gebüsch stürzte, kaum, dass wir mit leckerem Futter am Horizont erschienen. Die Geräusche, die aus seinem Halse kamen, erinnerten eher an eine Mischung aus rostiger Gießkanne und sterbendem Schwan als an Hahnenschreie, nein, es war alles wirklich mehr als peinlich.
Aber wie es manchmal so geht im Leben: Aus JoHahn ist ein stattlicher, stolzer und guter Hahn geworden, wer hätte das gedacht. Er kräht, wie ein Hahn nur krähen kann, er hält den Laden zusammen, er bleibt cool, wenn wir kommen und läßt den Damen beim Fressen den Vortritt. Wir nehmen alles zurück, was wir über seine Karriere als Hahn prophezeit haben seinerzeit, es hat sich alles als falsch erwiesen. Ja, so kann man sich täuschen, wir haben diese Lektion gelernt. Fast wie im richtigen Leben, naja, Sie wissen schon.
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Während JoHahn unten im Gehege kräht und kräht, kreischen oben rund ums Dach die Turmfalken, irgendwo hier müssen sie brüten, vielleicht sogar in dem hölzernen Falkenkasten am Dachbodenfenster. Wir hoffen auf Nachwuchs und warten auf die ersten Flugstunden der Jungen, das wird besser als Fernsehen und Kino.
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Seit ein paar Tagen kommt regelmäßig ein Eichhörnchen auf die Terrasse, es bedient sich an den Krümelchen, die vom Vogelhäuschen heruntergefallen sind, und mein Geo legt jetzt täglich unauffällig Nüsse dazu. In aller Ruhe sitzt das Tier dann da und mümmelt, mal ein paar Minuten, mal eine Viertelstunde, Hund Lieselotte glotzt durch das Glas der Terrassentür und wundert sich. Wir freuen uns. Nun erklärt sich auch, warum wir beim Umgraben des Hochbeetes jede Menge verbuddelte Walnüsse in der Erde gefunden haben, obwohl der Walnußbaum doch weit entfernt steht.
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Im Forellenteich am Wald schwimmen seit ein paar Tagen 400 klitzekleine Forellen, niedliche Fischbabys sozusagen, wir füttern sie mit Hingabe, und schnell haben sie gelernt, wo sie hinmüssen, wenn ich, auch reichlich dämlich, Hallo, Ihr Fischies! rufe. Wenn ich das Grundstück betrete, flattern zwei Stockenten empört auf, vielleicht klappt das ja in diesem Jahr mit dem Enten-Nachwuchs, in den vergangenen Jahren kam immer irgendwas dazwischen, aber wir geben die Hoffnung nicht auf.
Der Biber am See läßt sich nur noch ab und zu blicken, der Forellenteich ist offenbar nicht seine erste Heimat geworden, aber so eine Art Wochenend-Refugium, immerhin. Wenn er denn da ist und am Teich Betrieb herrscht, gleitet er aus seinem Bau, schwimmt in die Mitte des Sees, legt sich auf den Rücken und guckt uns zu. Der ist ja wohl voll gechillt, hat neulich eine Freudin gesagt. Wenn man ihn nur lange genug beobachtet, wird man selber auch voll gechillt, und irgendwie ist das mit dem ganzen Viechzeugs hier ja doch ziemlich schön.
Toll, dass JoHahn zu so einer netten Enttäuschung verhelfen konnte. Nun bewährt er sich also, entgegen allen Vermutungen.
Es ist tatsächlich oft das sogenannte Kleine, das zur großen Freude gereichen kann. Die Natur, die uns umgibt, hält Unzähliges bereit, wir dürfen einfach nur staunen und uns wundern.