Das Schöne am Leben einer Hörfunkkorrespondentin in der einsamen Wildnis ist ja, dass es manchmal schön einsam und manchmal schön wild zugeht. Der Chef und die Kollegen 80 Kilometer weit entfernt, das ist sehr schön und auch sehr schade, mal so, mal so. Trotzdem immer pralles Leben in der Bude, also meistens jedenfalls.

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Zugegebenermaßen gibt es auch Tage, da bin ich froh um die Bürohunde. Ohne die Köter hätte ich an diesen Tagen gar keine zwischenmenschliche private Kommunikation, als Hundebesitzer werden Sie verstehen, was ich meine. Ich spreche dann zwar stundenlang mit Gott und der Odenwälder Welt, aber eben leider nie privat, da kommen mir die Köter wie gerufen. Man möchte sich ja auch mal austauschen, so richtig, unter Frauen, unter Gleichgesinnten, meine ich.

Leider habe ich es bis heute nicht geschafft, den zwei Funkhunden den Unterschied zwischen privater Schwätz- und dienstlicher Arbeitszeit beizubringen, und so musste ich schon manche wegweisende Radioaufnahme über die Zukunft der kleinbäuerlichen Betriebe in der strukturschwachen Region unterbrechen, weil im Hintergrund heiteres Hundejuchzen zu hören war. Ein Telefoninterview über die Wirtschaftslage mittelständischer Betriebe im Landkreis habe ich neulich gezwungenermaßen ein zweites und drittes Mal beginnen müssen, weil Lieselotte lauthals Wasser schlotzte, es klang, als rausche ein wilder Gebirgsbach durch das Studio. Von Schüttelgeräuschen, jammernden Träumereien und Hunde-Rülpsern (oder Schlimmerem) wollen wir hier gar nicht reden.

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Gesprächspartner, die zum Interview persönlich im Büro erscheinen, müssen die Ruhe bewahren, wenn ihnen während der zentralen Aussagen fürs Mikrofon eine dreckige Pfote liebevoll in den Schritt geknallt wird. Für uns von der SPD ist die zentrale Forderung, dass – ZACK! Die einen nehmen das gelassen, Ach, der riecht meiner! (sic), mit zarter besaiteten Seelen unterbreche ich die Aufnahme, schicke die Hunde unter den Bürotisch und fange halt nochmal von vorne an. Nach meinen heimlichen statistischen Erhebungen übrigens steigt die Toleranz gegenüber dreckigen Hundepfoten im Schritt, je näher die Gesprächspartner dem rechtskonservativen, werteorientierten Lager zuzuordnen sind. Das ist jetzt aber nicht repräsentativ.

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Manchmal ziehe ich die Aufnahmen dennoch eisern durch, und ich warte darauf, dass ein Hörer oder ein Kollege fragt Was waren das für merkwürdige Hintergrundgeräusche da? Noch ist es immer gut gegangen, noch sind wir nicht aufgeflogen. Ja, so geht das heutzutage mit den Journalisten, wenn die sowas Kleines schon nicht ernst nehmen, so eine klitzekleine klangliche Unreinheit, wie sieht es dann im Großen aus, da werden vermutlich auch Fünfe grade gelassen und alles mögliche verheimlicht und vertuscht, da wird gemogelt und getrickst, bis sich die Balken biegen, aber das wussten Sie ja sicher schon. Wollen den Leuten da draußen im Land die Welt erklären und haben nicht mal die eigenen Bürohunde im Griff, es ist ein Drama.

Unter uns: selbstverständlich habe ich die Hunde im Griff, zumindest im Büro. Wenn ich sie überhaupt irgendwo im Griff habe, dann dort. Also, meistens jedenfalls. Ok, die Nummer heute während der telefonischen Redaktionskonferenz ist dumm gelaufen, zugegeben. Ich musste behaupten, vor dem Fenster sei die Müllabfuhr zugange, so laut war der Krach des zerreißenden Papiers, so furchterregend war der Lärm des wutentbrannten Kampfes Hund gegen Päckchen.

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In dem Päckchen war meine Lieblingslektüre, die Winter-Fahrpläne des Verkehrverbundes Rhein-Neckar, das gesamte Gebiet. Ich kriege die regelmäßig zugeschickt, ein sehr entspannender Lesestoff, acht Bücher mit winzigen Zahlen und Buchstaben in 1,2 Millionen Tabellen. Wenn Sie also jetzt von mir eine fundierte Recherche über den Busverkehr zwischen Gauangelloch und Bammental erwarten, oder über die S-Bahn-Verbindungen zwischen Thaleischweiler-Fröschen und Hettenleidelheim, falls es die gibt, dann muss ich Sie hiermit enttäuschen. Dafür ist es nun leider zu spät.

 

 

 

16 Kommentare zu “Bürohund.”

  1. Hab mich schlapp gelacht. Super geschrieben Friederike, aber ich höre gerne “ Hundegeräusche “ im Hintergrund, auch im Radio

  2. oooooohhh
    hihi..
    wieder ein ganz bezaubernder Beitrag
    und wer könnte bei Blick in diese Hundeaugen schon böse sein..
    wie schön dass du den (oder die ? ) Hund (e ) bei dir haben kannst
    und sei ehrlich.. die Fahrpläne haben dich nicht wirklich richtig interssiert :D

    liebe Grüße
    Rosi

    1. Nicht soooooo sehr, aber ich habe bereits Ersatz angeboten bekommen, von den lieben Kollegen, die hier mitlesen. ;-)

  3. Eine wirklich famose Erzählung, gelesen von mir am Frühstückstisch. Danke für den Tagversüße. Jetzt freue ich mich gleich noch einmal mehr unseren nächsten Hund zu finden.

    LG vom Land,
    Katrin

      1. Etwas kleines bis max. 10Kg. Wir wohnen im ersten Stock und son Hund ist ja nicht immer gesund. Unsere Luna haben wir die letzten drei Jahre wegen einem Bandscheibenvorfall die Treppe hoch und runter getragen, was kein Problem war, da sie auch recht klein war. Katzenfreundlich wäre auch noch ganz gut. Unsere Beiden Kater sind diesen Sommer erst bei uns eingezogen. Darum habe wir gesagt wir geben ihnen ein Jahr ohne Hund zum eingewöhnen. Darum suchen wir halt erst nächstes Jahr.
        Aber ein Jahr ohne Hund ist schon wirklich schlimm. Darum habe ich mich sehr über deinen Bürohundebericht gefreut. Das ist wie Bolognese kochen. Man kann schon mal dran riechen und kriegt irre Appetit. Ich glaube das fällt unter den Bereich Vorfreude.

        LG auch an die beiden Bürohunde,
        Katrin

  4. Wunderbar Frederieke…da ich selbst zwei dieser Konsorten oft unter meinem Schreibtisch liegen habe kann ich das gut nachvollziehen. :-))))
    HG
    Birgit

  5. S-U-P-E-R!
    Das lese ich morgen nach dem Frühstück nochmal!
    Der Stimmung wegen :) – ach, bist du so erheiternd!
    (ich werde jetzt wohl direkt das *Wir brauchen einen Hund-Gespräch*
    mit dem Habib lostreten)

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