Das alt‘ Frauchen fragt an der Supermarktkasse nach Batterien für ihr Telefon daheim, nein, leider haben wir die nicht, da müssen Sie in die Innenstadt zum Fachgeschäft, sagt die Kassiererin. Die kleine Frau, sicher weit über 80, ruckt energisch den Rollator in die Pole Position und lächelt etwas gequält, dann muß ich jetzt den ganzen Weg dahin laufen, naja, hilft ja nix.
Ich stehe mit der Freundin hinter ihr in der Schlange, Ehrensache, dass wir Hilfe anbieten, wir verfrachten den Rollator auf die Rückbank und die alte Dame auf den Beifahrersitz, und dann gehts in die Innenstadt zum Fachgeschäft. Beim Aussteigen fragt uns die Frau Wie kann ich denn das je wieder gutmachen?, und ich sage, Sie geben die Hilfsbereitschaft einfach bei der nächsten Gelegenheit weiter, – abgemacht? Sie lacht und bestätigt: Abgemacht! Ich fühle mich wie ein fleischgewordener Kalenderspruch, ein bißchen peinlich, aber auch gut, irgendwie. Naja, Sie wissen schon.
Und wo wir grade bei den Freundlichkeiten sind: Vergangenen Sonntag am frühen Morgen kläffen die Hunde wie verrückt, vor der Haustür drückt sich ein junger Kerl herum, durchnässt vom Regen, viel zu dünn angezogen. Als ich die Tür öffne, streckt er mir ein Sträußchen aus Weidenkätzchen und Buchs entgegen, Hier! Von den Ministranten. Ein Palmzweig zum Palmsonntag. Bekommt Ihr dafür eine Spende?, frage ich den durchnässten Teenager, und er behauptet Nein, aber ich bin mir hinterher nicht sicher, ob ich nicht doch etwas hätte geben müssen. Es gibt so Traditionen auf dem Dorf, mit denen bin ich immernoch nicht wirklich vertraut. Ich rede mich immer damit heraus, dass ich evangelisch bin, aber Das ist ja gar nicht so schlimm, hat mir vor Jahren ein junger Palmzweig-Überbringer mit sehr ernstem Blick gesagt. Ökumene aufm Dorf.
Und auch mit dem Palmzweig selber bin ich nicht mehr ganz vertraut, ich muß das nochmal nachlesen, wieso, weshalb, warum. Jedenfalls lerne ich da unter anderem, dass die geweihten Palmzweige vor Feuer, Blitz und Krankheit schützen, der Palmzweig bleibt also erstmal in den Wohnräumen und wird dann irgendwann in den Hühnerstall umziehen, das Federvieh will schließlich auch beschützet sein.
Jedenfalls geht das mit den Traditionen grade so weiter, ab morgen, Karfreitag, werden wieder die Klapperbuwwe durchs Dorf ziehen, ab der Morgendämmerung, mit ihren Klappern und Ratschen. Eine uralte Tradition, die es nur noch selten gibt. Die Kirchenglocken schweigen, die Buwwe klappern, die Hunde werden sich unten im Haus vor Schreck die Seele aus dem Leib bellen. Ich werde dann aufstehen, die Hunde beruhigen und bei einem ersten Kaffee in den beginnenden Tag hineinhorchen und immer wieder das Klappern und Knarren und Rasseln hören, mal weiter, mal näher. Ich mag das sehr.
Die Klapperbuben und Klappermädchen werden sich wohl wasserdicht anziehen müssen, es ist ganz und gar scheußliches Wetter angekündigt, das passt zum Karfreitag, tut mir aber für die Jugendlichen von Herzen leid. Wetter hat sich heute schon mit bääääämmm! angekündigt, wilde Wolkenformationen, der Wind rüttelte am Haus und zerrte an Bäumen und Büschen, dazu Gewitterwarnungen und Schauer. Petrus machte einen auf Drama-Queen.
Ich dachte, wie immer bei solchem Wetter, an den verehrten Bloggerkollegen Buddenbohm, und daran, dass er das hier mal als Fachblog für Bewölkung bezeichnet hat. Und daran, dass ich wohl da mal wieder liefern muß, damit ich diesen ehrenwerten Titel nicht eines Tages entzogen bekomme. Also bitte, aktuelles Update im Fachblog für Bewölkung: (Und gute Besserung an Sie, lieber Kollege, ich winke Richtung Hamburg!)
Für die Palmzweige DARF man nix zahlen. Traditionell werden sie im darauf folgenden Jahr am Aschermittwoch verbrannt und für das Aschenkreuz verwendet, das in katholischen Gemeinden während der Aschermittwochsmesse auf die Stirn gezeichnet wird.
Oha, dann habe ich das also richtig gemacht! Und wieder was gelernt, danke!
Und wieder mal Hammer-Wolkenbilder!
Und auch ich habe etwas gelernt, bezüglich Palmzweig!
Frohe und gesegnete Ostern!
Fachblog für Bewölkung – den Titel haben Sie sich redlich verdient. Tolle „bedrohliche“ Fotos!
Der alten Frau hätte ich ebenfalls geholfen, denn sowas ist tatsächlich Ehrensache. So, wie hoffentlich die meisten von uns wohl auch schon mal unerwartet Hilfe bekommen haben: Und wenn wir dann selbst etwas Gutes weitergeben, dann macht das Gute die Runde. Und das finde ich einfach sehr schön!
Traditionen rund um kirchliche Feiertage, immer wieder spannend, darüber zu lesen.
Palmzweige werden in meiner Umgebung nicht verschenkt, sondern tatsächlich verkauft. Sogar der Bäcker verkauft diese, genauso wie der Wirt ums Eck. Ich bin ja auch fürs Verschenken, diese Geschäftemacherei damit widerstrebt mir. Den Brauch hinsichtlich Verbrennen, den kenne ich auch.
Und ja, das laute Klappern gibt’s auch hier, bei uns heißen die Burschen Ratschenbuben. Und wenn die ratschen, dann darf gerne auch gespendet werden, selbstverständlich, denn: Die Kirchen brauchen ja Geld! Bekommen ja sonst nix.
Vielen Dank für diesen Beitrag, wieder sehr gerne hier gelesen!
Liebe Grüße aus Österreich, C Stern
Bei derartigen Hilfsgelegenheiten sage ich dann immer „ich hoffe einfach, dass mir jemand hilft, wenn ich es mal brauche.“ Ob das dann so sein wird? Mal sehen, ist hoffentlich noch so 3-4 Jahrzehnte hin.
Am Sonntag hätte ich das Fachblog für Bewölkung gebraucht – dank einer anstehenden Klassenarbeit weiß ich jetzt, dass wir hier meistens Stratocumulus-Wolken zu sehen bekommen. Warum lernen die Eltern eigentlich immer mehr als die Kinder?