Selbstlos wie wir sind, haben wir mal wieder einen Test für Sie alle durchgeführt, jaja, stellvertretend quasi, dann können Sie sich das sparen. Wir haben die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum Nordbadens etwas genauer unter die Lupe genommen, hausärztliche Versorgung, Notarztwesen, gesetzliche Hilfsfristen, Notaufnahme, Haus der Grund- und Regelversorgung und superduper Klinik. Alles palletti, alles bestens. Menschlich wie fachlich. Alles zu seiner höchsten Zufriedenheit, sagt der Gatte und läßt Sie alle grüßen. Es geht bergauf.

Überhaupt hat er dauernd allerlei Grüße ausgerichtet und entgegengenommen, so weit ihm das zwischendurch möglich war: So ist das Landleben, jeder kennt hier jeden, der Notarzt den Hausarzt, der andere Notarzt den Klinikchef, der Sanitäter kennt den Freund vom Freund vom Patienten und den Kollegen der Ehefrau undwasweißichnichtalles. Jedenfalls muß man, selbst noch angeschnallt und komplettverkabelt auf der medizinischen Trage, damit rechnen, dass irgendwer unter der Maske hervor murmelt Ach, Sie sind das… Sie kennen doch den Fritze Piependeckel, bitte richten Sie ihm herzliche Grüße aus!, wahlweise Ach, nach Mergentheim fahren Sie mit dem Krankenwagen?, dann grüßen Sie doch bitte den Erwin Dingsbums!.

Und das wiederum führt dann dazu, dass man selbst im fremdesten Krankenhaus der Großregion noch begrüßt wird wie ein alter Freund. Ja, hallloooo, der Rudi hat schon angerufen, und gesagt, dass Sie kommen, herzlich willkommen, jetzt aber huschhusch in die Notaufnahme! Oder so. Landleben halt. Landleben allerdings auch: die Tatsache, dass das zuständige Krankenhaus schlappe 60 Kilometer entfernt ist, eine gute Autostunde. Geschenkt. Die Fahrt dahin ist schön, ich habe Zeit. Und alles wird gut.

*****

Vorübergehend Federn lassen musste nicht nur der Gatte, sondern auch unser JoHahn. Schönster Hahn weit und breit, mit einem geschwungenen schwarz-grün-glänzenden Federgedöns da hinten dran, dass es eine helle Freude ist und jeden Züchter vor Neid erblassen ließe. Leider ist jetzt aber Mauser, nicht Freude, und nachdem der gute JoHahn nun ein paar Tage mit einer einzigen verbliebenen Feder seines Gedönses durch den Auslauf geschlichen ist, fiel nun auch diese letzte Feder einfach aus.

Nun sieht JoHahn kümmerlich und gerupft aus, und ohne Gedöns eigentlich wie – ja, nicht wie ein Hahn, sondern wie ein Huhn. Etwas Schlimmeres kann es im Leben eines JoHahns vermutlich nicht geben, deswegen verzichte ich auch darauf, das alles fotografisch zu dokumentieren und den Guten hier damit der Lächerlichkeit preiszugeben. Die zwei letzten gesammelten Federn, siehe oben, verschenke ich, es gibt da Herren im Nachbardorf, die sich sowas gerne an den Hut stecken.

*****

Ansonsten: Im Dorfgasthaus hat es vor Wochen gebrannt, inzwischen ist das ganze Gelände eine riesige Baustelle, Handwerker beseitigen Feuer- und Löschwasserspuren, haben Wände aufgerissen und Böden weggeklopft, das Dach ab- und wieder zu-gedeckt, die Fassade eingerüstet, einen Kran aufgestellt. Drinnen, gelinde gesagt, ein gewisses Chaos, und mittendrin die freundliche Wirtsfamilie. Was wir an Hilfe angeboten bekommen haben, es ist unglaublich, sagt die eine Tochter, dauernd kommt jemand aus dem Dorf und bietet Unterstützung an. Und dann tauschen wir uns ein bißchen aus, und ich erzähle von unserem Marktcheck in Sachen Notfallmedizin, und davon, wie das alles abgelaufen ist. Auch ich bewege mich seit ein paar Tagen in einer Wolke aus Anteilnahme und Hilfsangeboten, es ist tatsächlich ganz unglaublich. Nein, Wolke ist das falsche Wort, es fühlt sich eher an wie Netz und doppelter Boden, so, als könne einem schier nichts geschehen, als werde man zumindest aufgefangen und gehalten. Landleben halt, sagt sie. Und ich nicke zustimmend und dankbar und wiederhole, wie ein Echo, Landleben halt.

Genau so: Wandbild Caritas Krankenhaus Bad Mergentheim.

10 Kommentare zu “Federn lassen.”

  1. Von Herzen alles Gute und vielen Dank für die tollen Beschreibungen des Landlebens. Lese ich immer wieder sehr gern :-)
    Liebe Grüße
    Katrin

  2. Nun ja, der Hahn sah immer schon wie ein Huhn aus, weil er die ganze Zeit schon ein Huhn war. Jeder Hahn ist auch ein Huhn. Ich könnte mir vorstellen, er sieht nun eher wie eine Henne aus. Ob ihm die Gendertheorie zugesetzt hat?

    Von einem der es wissen muß.

    1. Stimmt. Aber ich bitte um Nachsicht. Großstädterin halt. Ich bin ja froh, dass ich inzwischen eine Kuh von einem Pferd unterscheiden kann, immerhin.

      1. Wunderbar dieser Fortschritt! Aber eine Anmerkung sei dem Klughuhn – das Klughuhn ist übrigens die negative Potenzierung des Klugscheissers – noch gestattet. Die Entsprechung von Pferd ist Rind. Die Kuh ist ein weibliches Rind nach dem ersten Kälben.

        Ja, das Landleben ist schon kompliziert. Haben ich mir sagen lassen, denn ich bin auch ein Städter.

        :-)

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.