Bahnhöfe werden ja gemeinhin als die Visitenkarte einer Stadt oder Gemeinde bezeichnet, gerne auch als das Aushängeschild. Nicht nur, weil man beim Aussteigen nun mal zuerst einen Eindruck vom Bahnhof (und damit vermeintlich vom Zielort insgesamt) bekommt, sondern auch beim bloßen Vorüberfahren. Tausende, was sage ich, Millionen Reisende reisen ja ununterbrochen mit der Bahn irgendwo hin und passieren dabei en passant so manchen Bahnhof, Sie kennen das vermutlich selber.
Und dann denkt man beim Vorbeirauschen für sich Na, das ist ja ein schönes Dreckloch, wie sieht das hier denn aus?, weil der Bahnhof, wir wollen es vorsichtig formulieren, nicht sehr gut in Schuß ist.
Es ist allerdings etwas vorschnell, vom Bahnhof auf den ganzen Ort zu schließen, und das Problem liegt, wie so oft, bei den Besitzverhältnissen. Bahnanlagen und Bahnhöfe gehören nämlich in der Regel dem Unternehmen Deutsche Bahn, und weil die Bahn inzwischen den Unterhalt von ihren alten Immobilien reichlich lästig findet, lässt sie ebendiese gern verfallen, besonders gerne auf dem Lande. Man kann das ja verstehen. Börsengang und so, naja, Sie wissen schon.
So vermodern die Gebäude also vor sich hin, steinerne Schmuckstücke aus früheren Jahrhunderten, mit Liebe und Detailversessenheit gebaut, und seit Jahrzehnten abgeschrieben, aufgegeben. Aus Bauwerken wie aus der Modelleisenbahnlandschaft werden lost places, verrottet, verlassen, verloren. Aus toten Fensterlöchern starren sie auf die Gleise, auf denen schon lange kaum noch Züge halten.
In diesen Tagen erwischt es den Bahnhof im kleinen Rosenberg, hier hatte die Bahn ein Einsehen, vielleicht auch zähneknirschend, bevor noch ein Rosenberger unter herabstürzenden Gebäudeteilen zu Schaden kommt, während er am Gleis auf irgendeinen Regionalzug wartet. So heruntergekommen ist der Bahnhof, und so unvorstellbar inzwischen ein Verkauf an einen Interessenten, dass jetzt also abgerissen wird. Man muß nur lange genug warten, bis mit dem ganzen Haus auch gleich der Denkmalschutz verfällt, da gibt es irgendwelche Tricks, ich will das alles gar nicht wissen.
Aber ich habe dem Bahnhof noch einen Besuch abgestattet, am Sterbebett quasi, in diesen Tagen rücken schon die Bagger und die Abrissbirnen an. Ich habe mich in der Wartehalle umgeschaut und im Eingangsbereich, und mich gefragt, ob es davon wohl noch Fotos aus früheren Zeiten gibt, irgendwo.
In den oberen Etagen gibt es sicher auch etwas zu sehen, da hat einst der Bahnwärter gelebt, später eine Familie. Aber nachdem die Löcher in der Hallendecke unten davon zeugen, dass hier schon jemand unsanft eingebrochen ist, habe ich von einer Besichtigung Abstand genommen, ich bin ja letzten Endes doch sehr feige.
Ja, es ist ein Jammer, und nein, die Gemeinden können in der Regel da nichts ändern, die Bürgermeister raufen sich die Haare und verzweifeln ob der Ruine Bahnhof, die doch einst, vor vielen Jahren, die Visitenkarte ihres Ortes war. Denken Sie daran, wenn Sie mal wieder an so einem Gebäude vorbeirauschen und sich fragen, was denn das hier für ein Drecksloch ist.
P.S. Ja, es gibt ein paar Beispiele, wo sich mutige Investoren gefunden haben, um aus dem ollen Bahnhof wieder was zu machen. Die kann man gar nicht genug bewundern, vielleicht erzähle ich Ihnen irgendwann auch nochmal so eine Geschichte.
Und wenn Sie selber ein paar Euronen in die Hand nehmen und mal schauen wollen, was die Bahn an Bahnhöfen so zu verkaufen hat, sollten Sie diese Seite im Blick behalten: Klick!
Hirschlanden, da hat einer den alten Bahnhof gekauft! :) Warum das in Rosenberg nicht möglich war verstehe ich eigentlich nicht. Denn in Hirschlanden ist einiges möglich, was so in Rosenberg nicht möglich ist! Außerdem gehen immer mehr Rosberger Kinder in Eubigheim in die Grundschule, obwohl Rosenberg eine eigene Grundschule hat!
Was sich zwischen Rosenberg und Hirschlanden abspielt: keine Ahnung. Aber vielleicht war der Bahnhof in Hirschlanden noch nicht soooo schlimm verfallen wie der Rosenberger. Oder günstiger, oder besser gelegen, was weiß ich.
Es gibt so viele alte Bahnhöfe, die einst Kathedralen waren. Die S-Bahn nach Osterburken singt davon! :)
Ja, die besonders. Und es könnte noch schlimmer werden, denn die Bahn hat jetzt wohl die Ausschreibung für ein paar Strecken da oben verloren an einen Konkurrenten. Damit werden die Bahnhöfe dann noch uninteressanter….
Ich habe nur den Eindruck, dass die Provinzbahnhöfe in der westdeutschen Provinz in so desolatem Zustand sind ( das Ruhrgebiet sieht besonders schlimm aus ). Sollte ich mal wieder verifizieren…
Einen schönen Tag morgen!
Astrid
Hm. Woran sollte oder könnte das liegen?
Wir haben hier auch so eine Bahnhofsruine die bald weg kommt. Leider!
Der Bahnhof spielte sogar vor einigen Jahren in einem saarländischen TATORT-Krimi mit!
Ich habe ihm eine Fotostrcke gewidmet, falls jemand guggen will; https://bluemchenknipse.wordpress.com/2014-2/alter-bahnhof/
Grüßlis Karin
Tolle Bilder! Danke für den Link!
So nackt wie der Bahnhof Rosenberg oben auf dem Foto aussieht, ist er genau im richtigen Zustand für eine Sanierung. Einfach erstmal neue Fenster und Türen in die Öffnungen schrauben, dann sieht er zumindest von außen schonmal wieder ordentlich aus.
Dass die Holzdecken kaputt sind, ist ärgerlich. Das liegt sicherlich daran, dass sich die Bahn jahrenlang nicht um das Gebäude gekümmert hat. Da ist wohl irgendwann eine Tropfstelle am Dach gewesen, die niemand repariert hat. Wenn es da längere Zeit durchtropft, weicht natürlich die Holzdecke auf und stürzt irgendwann ein. Meist sind es gar keine großen Dachschäden. Man hätte es nur rechtzeitig reparieren müssen. Denn stetiger Topfen höhlt den Stein. Oder hier: Das Holz ….
Aber wahrscheinlich ist jetzt sowieso schon alles zu spät. Neue Fenster und Türen hat wohl keiner eingebaut – und das Bahnhofsgebäude ist längst abgerissen, oder?
Genau so isses. Abgerissen und für immer weg. ;-(