Zwölf Bilder, die den Zwölften eines Monats dokumentieren, dazu fordert uns regelmäßig die Nachbarin auf, bei der es Draußen nur Kännchen gibt. Früher sahen Sie dazu bei mir auch schon mal eine Computertastatur, einen (wie hieß das noch?)… einen Schreibtisch oder gar ein ganzes Büro, aber in den vergangenen Monaten hat es immer nur zu Landschaft, Grünzeug und Hunden gereicht. Viel mehr ist nicht passiert in meinem Leben seit November, also zumindest rein optisch nicht. Jetzt genieße ich noch die letzten dieser komplett unspektakulären Tage, bevor in der kommenden Woche der Ernst des Lebens wieder anfängt. Unter uns: mir waren die vergangenen Wochen durchaus ernst genug, aber man sagt das nun mal so.

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Oh. Zusammengesackt.

So begrüßten mich am Morgen die Tulpen, die gestern abend, als Gastgeschenk, noch stramm gestanden hatten. Als wollten sie mich nochmal zu einem Rückblick zwingen und mahnend daran erinnern, wies gehen kann, wenn man allzulange und mitunter gegen seinen Willen stramm gestanden hat. Wenn man immer nur rennt, anstatt mal auszuruhen zwischendurch. Wenn man sich ständig anderer Leuts Kopf zerbricht. Wenn alles mögliche in den Gedankengängen unterwegs ist, nur man selber leider nicht mehr. Grmpf. Botschaft angekommen.

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Hunderunde.
dav
Hunderunde.
sdr
Ausflug ins Freilandmuseum Gottersdorf.
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Ob die damals auch schon Burnout kannten?

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Auf eine Regenpause warten.

mde

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Noch ne Hunderunde. Nochmal Regen.
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Abendessen vorbereiten. Besser: dem Mann zugucken beim Vorbereiten.
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Bestes Feierabendgetränk ever.

Jetzt also bereite ich mich auf meine Berufliche Wiedereingliederung vor, Hamburger Modell, naja, Sie wissen schon, in meinen Ohren klingt das ein bißchen nach Resozialisierung, als sei ich eine Art Straffällige, die nun wieder in den erlesenen Kreis der Berufstätigen eingegliedert werden soll. Satte sechsundzwanzig Wochen war ich out of order sozusagen, ein komplett unproduktives Mitglied der Gesellschaft. Nix da: werktätig. Dabei habe ich durchaus etwas getan, vorallem nachgedacht. Über Lebensentwürfe und Prioritäten, über alte Gleise und neue Wege, über Ab- und Um- und Aufbrüche, lauter so existentielles Zeugs, Sie kennen das vielleicht. Das kann ja auch nicht schaden. Es ist, im Gegenteil, sogar sehr zu empfehlen. Glaube ich zumindest. Es muß ja nicht gleich 26 Wochen dauern.

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Großreinemachen. In Kopf und Körper.

Beim nächsten 12 von 12 sehen Sie dann auch mal wieder Computertastatur und Schreibtisch, ganz sicher. Mit guter Führung könnte das klappen. Dann ist hier endlich Schluß mit den ewig gleichen Landschaften, den blöden Hunden und dem Nichtstun. Das mit dem Nachdenken will ich aber gerne beibehalten.

 

 

Und weil ich jetzt eine Mission habe, hier noch ein Nach-Ruf: Leute, haut die Bremse rein! Legt mal zwischendurch die Uhr beiseite und das smartphone. Macht mal langsamer. Klinkt Euch mal aus, aus Dauerlärm und Rennerei. Hört mal auf die innere Stimme und denkt auch mal an Euch, nicht immer nur an alle anderen. Scheiß drauf, was die anderen dann sagen. Die Welt geht nicht unter, wenn Ihr mal eine Pause macht. Tragisch, aber wahr. Und heilsam. Und schämt Euch nicht, wenn Ihr irgendwann dann doch zusammenklappt. Es gibt da draußen jede Menge Menschen, denen es genauso geht. Ganz genauso. Man glaubt es nicht. Ist aber so. Die unterstützen und die stärken Euch. Hilfe kommt aus Ecken, in denen Ihr nie damit gerechnet hättet. Ihr müsst nur eines haben: den Mut, die eigene, sogenannte, Schwäche einzugestehen. Euch, und all den andern gegenüber. Und siehe da: dann wirds schon. Nicht unbeschwert und ohne Schmerzen, aber es wird. Und irgendwann merkt Ihr vielleicht sogar: Hey, es konnte mir nichts besseres passieren, als dass es mir mal richtig den Boden unter den Füßen weggerissen hat. Versprochen.

 

18 Kommentare zu “12 von 12.”

  1. Liebe Friederike,
    genau das hab ich mir schon gedacht…. Deine Andeutungen anfangs und dann auch wirklich Deine Landschaftsposts, das war alles schon sehr „verdächtig“. Aber Hauptsache Dir geht es wieder gut und es ist wirklich auch schön zu lesen, dass Du wohl wieder auf dem Damm zu sein scheinst. Ich drück Dir die Daumen, dass Du alles „Nachgedachte“ im Alltag dann auch beibehalten kannst, ist ja nicht immer so einfach…..
    Das was Du da schreibst, lässt mich da schon ein wenig auch nachdenken, da gibts schon auch ganz schön Vieles, wo ich mir auch mal an die eigene Nase packen müsste.

    Nur eines gehts gar nicht: Du warst schon wieder im Freilichtmuseum ohne mit mitzunehmen… beim nächsten mal bin ich dabei, ok????? :)

    Sei ganz lieb gegrüßt,
    Pamela

    1. Oh, das wäre ja mal eine Aktion, wir zwei zum fotografieren ins Freilicht-Museum! Heute war es wetterbedingt in den Gebäuden ziemlich duster, ich fahre sicher wieder hin und nehme dich beim Wort! Wobei das Programm jetzt zu Pfingsten, siehe Plakat aufm Foto oben, auch super Motive bietet…Die fünfziger habe ich aber schon ausgiebig fotografiert dort, aber vielleicht interessiert dich das?!

  2. Hast du dir in Gottersdorf angeguckt, in welch miefiger atmosphäre ich meine Kindheit verbringen musste?;-)

    Hamburger Modell… da kommen Erinnerungen an Januar 2014 auf, als ich auch wieder nach 15 Wochen eingegliedert werden musste. War auch Einiges O.K., aber das Gespräch mit meiner Chefin lief letztendlich darauf hinaus, dass es für SIE am stressfreiesten wurde. Ich war nicht auf dem Quivive genug, und habe mir MEINE Interessen & Bedürfnisse klein reden lassen. Das dicke Ende kam dann ein halbes Jahr später, als ich nicht mehr aus den Sommerferien an den Arbeitsplatz zurückkehrte. Wie sehr ich gegen ein großes inneres Unbehagen angearbeitet habe, wird mir erst jetzt bewusst ( gut, ich hatte auch genug andere Sorgen in den letzten anderthalb Jahren ). Bitte pass wirklich gut auf DEINE Bedürfnisse auf! Die interessieren nämlich niemanden, wenn nicht DU es tust.
    Alles Liebe!
    Astrid

    1. Danke! Mahnende Worte können mir nicht schaden, so schnell, wie man gerne wieder in alte Muster verfällt… Und das finde ich am Freiland-Museum ja das tolle: da wird nichts verklärt, von wegen Romantik und gute alte Zeit, es überkommt einen ja zwischendurch wirklich das grauen, wie das hier noch vor nicht allzu langer Zeit zuging.

  3. Die Tulpe ist das Symbol für *über sich selbst hinauswachsen*, weil sie abgeschnitten in der Vase noch weiter wächst ( schön eingefühlt in dem Film *Brot und Tulpen* zu sehen). Dafür muß man aber mit Gewohnheiten brechen… Bon, was red‘ ich, die Tulpen sind ja bereits mit dir im Gespräch ;)
    Paßt auf dich auf und guten Neustart!

    1. Oh, diesen wunderbaren Film muss ich mir unter diesem Aspekt glatt nochmal anschauen, das war mir nicht klar…er steht hier im Regal, und wenn das Wetter so bleibt, ist das doch eine prima Idee für die kommenden Tage. Und vielleicht sollte ich mir rasch neue Tulpen kaufen, ich liebe sie seit jeher, aber jetzt noch mehr. Über sich hinauswachsen…Sehr coole Blumen, offenbar.

  4. Tja, ohne zu suchen – doch eine interessante Seite gefunden – ich war 1 1/2 Jahre „in Pause“ wobei wir in Österreich zum Glück ein ganz gut organisiertes „Fangnetz“ haben – man versucht natürlich das Erlernte in den Alltag wieder mitzunehmen, aber es bleibt eine tägliche Arbeit – auch an sich zu denken.

    Ich habe es mit Ritualen ganz gut in den Griff bekommen.
    Ich wünsche dir alles alles Gute! Höre auf deine innere Stimme – aber Vorsicht, manchmal ist sie ganz leise!

    Alles Liebe
    Regina

    1. Guter Hinweis…obwohl ich fürchte, daß ich meine Innere Stimme bisher sogar dann überhört habe, als sie ziemlich laut herumgemault hat. ;-) Aber ich werde mir das zu Herzen nehmen. Und wenn ich mal nicht mehr weiterweiß, komme ich bei Dir vorbei und lasse mir das Haar flechten… ;-) (Hammer!!)

      1. weil ich meine innere Stimme auch immer gerne überhöre, mantraisiere ich immer den ollen Büchner vor mich hin, auf dass ich es dann mal lerne….

        Georg Büchner: Ein Glückstraum

        „… wir lassen alle Uhren zerschlagen, alle Kalender verbieten und zählen Stunden und Monden nur nach der Blumenuhr, nur nach Blüte und Frucht. Und dann umstellen wir das Ländchen mit Brennspiegeln, daß es keinen Winter mehr gibt und wir uns im Sommer bis Ischia und Capri hinaufdestillieren, und wir das ganze Jahr zwischen Rosen und Veilchen, zwischen Orangen und Lorbeern stecken.

        … Und ich werde Staatsminister und es wird ein Dekret erlassen, daß, wer sich Schwielen in die Hände schafft, unter Kuratel gestellt wird; daß, wer sich krank arbeitet, kriminalistisch strafbar ist; daß jeder, der sich rühmt, sein Brot im Schweiße seines Angesichts zu essen, für verrückt und der menschlichen Gesellschaft gefährlich erklärt wird; und dann legen wir uns in den Schatten und bitten Gott um Makkaroni, Melonen und Feigen, um musikalische Kehlen, klassische Leiber und eine commode Religion!“

        1. Grossartig!!! Wird meinerseits ausgedruckt. Ich kenne den Text aus uralter Schulzeit, hatte ihn völlig vergessen.

  5. Burnout? Willkommen im Club! Seither gönne ich mir auch mal, gar nichts zu tun.

    1. Wo man hinhört, haben Menschen ihre Erfahrung mit dem Thema, es ist wirklich unglaublich, wie weit verbreitet das ist, und kaum jemand spricht von sich aus darüber.

  6. Mission angekommen!
    Ich drucke mir am besten Deinen „Nach-Ruf“ aus und hefte das Blatt an den Kühlschrank.
    Aus eigener Erfahrung weiß ich wie schnell man genau DAS vergißt, wenn man sich wieder fit + gesund fühlt und der Alltagskreisel einen dreht.

    Viel Erfolg für die Eingliederung wünscht
    Ilonka

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