Laues Lüftchen, blauer Himmel, Vögel piepsen, auf dem Waldweg tanzen helle Sonnenflecken, Hunde rennen über grüne Wiesen. Allein gestern haben mir gefühlt 30 freundliche Menschen Frohe Weihnachten! gewünscht, und mindestens fünf davon noch einen Guten Rutsch!, und jedes Mal war ich kurz davor, Hääää?? zurückzufragen, Wovon reden Sie? Ich leide vermutlich an einer meteorologisch bedingten Form der Dyschronometrie, so ist es wohl. Mein Zeitgefühl ist mir abhanden gekommen, das weihnachtliche allzumal, davongetragen von einem warmen, frühlingshaften Wind. Ob Ostern vor der Tür steht, oder Weihnachten, ich bringe das alles nicht mehr zusammen.

Sehen wir uns nochmal vor Weihnachten??, fragen Freunde und Bekannte bang; als nahe das Ende der Welt, als müsse man sich also ein letztes, ein allerletztes Mal noch sehen vor dem zu erwartenden Untergang. Man kruschtelt gestresst in Terminkalendern herum, alles ist dicht vollgeschrieben, Oh nein, da kann ich nicht!, wahlweise Also, ab dem 15. geht bei uns gar nichts mehr, alles dicht, Einkaufszettel fallen aus Kalendern heraus, schnell hingekritzelte To-Do-Listen. Die eiligen Vorboten der Heiligen Drei Könige sind schon auf dem Weg nach Bethlehem, und sie heißen Hektik, Stress und Schnappatmung.

Das mit dem Guten Rutsch! habe ich mir aber doch zu Herzen genommen. Wie ich vorhin im steilen Gelände noch zu den Hunden sage Also, mit der teuren Kamera um den Hals sollte man jetzt lieber nicht hinfallen!, – wie ich den Satz eben noch zuende aussprechen will, segle ich schon – die Kamera vorneweg – im hohen Bogen in den Matsch und in den Modder. Der Untergrund ist weich und nass, eine zähflüssige Mischung aus Pfütze, Pampe und Gräsern, so gesehen war das ein wirklich Guter Rutsch. Wäre das also schon mal erledigt.

Ich bleibe eine Weile im Matsch sitzen, die Hunde gucken verständnislos. Braucht die Olle nach den paar Metern jetzt schon eine Pause? scheinen sie zu denken und setzen sich vorsichtshalber neben mich. Der Hosenboden wird nass und nässer; die Kamera ist verschlammt, aber ansonsten unversehrt, und nach einer kurzen Schrecksekunde finde ich das alles äußerst lustig. Humor ist, wenn man trotzdem lacht, das ist ja auch so ein Satz, den man zur Lebensphilosophie erklären sollte, besonders in diesen bekloppten Zeiten.

Naja, Sie wissen schon.

(Und jetzt erstmal die verschlammten Hosen, den verschlammten Anorak und den verschlammten Pulli waschen, Sie entschuldigen mich bitte.)

7 Kommentare zu “GUtEN RuTScH!”

  1. Es ist halt einfach nur eine Zeit in der Jahreszeit. Keine besondere, keine schöne, keine gewünschte. Und wenn dann doch irgendwann der Schnee kommen sollte, auch keine besonders attraktive. Okay, am ersten Tag vielleicht noch, wenn alles noch schön und friedlich aussieht. Aber das ist eine andere Geschichte.
    Die Weihnachtsstimmung kommt bei mir erfahrungsgemäß erst so um den 22. auf, vorher bin ich eigentlich nur genervt von dem ganzen Rummel. Kein Wunder, früher begann die Weihnachtszeit ab dem 1. Advent, heute ab Mitte August. Naja, es wird auch wieder vorübergehen und dann beginnen wir uns nach einer kurzen Erholung auf das neue Jahr vorzubereiten. And then the same rhythm begins as every year.
    Jedenfalls wünsche ich ihnen und ihrer Familie eine ruhige Zeit und natürlich den „Guten Rutsch“.

  2. Geht mir ähnlich. Habe zudem mit Weihnachten so gar nichts am Hut. Spielt bei uns auch keine große Rolle, ich habe lieber eine stille Zeit plus Zeit für Freunde, Bücher, Schlaf…

  3. Alles halb so schlimm, Hauptsache der Kamera ist nichts passiert.
    Die Heiligen Drei Könige, Hektik, Stress und Schnappatmung, das geht alles vorbei. Glaub‘ mir, ich habe das schon sehr viele Jahre überlebt…
    Frohe Weihnachten und komm gut rüber ;-)
    Rolf

  4. Weihnachten ist für H.s wirklich eine ruhige Zeit, auch die Tage vorher. Es wird nichts geschenkt, kein Einkaufsrummel. Heute in der Stadt wälzten sich zwei Menschenschlangen durch die Innenstadt. H. wollte nur bei Kreutzkamm einen Stollen und bei Dallmayr ein gebratenes Hähnchen. Furchtbar. Und dann waren noch jede Menge SUVs, die bis an die Fußgängerzone fuhren und dann inmitten der Menschen mühsam wenden mussten.

  5. Gut, dass nichts Schlimmes passiert ist, bei diesem wahrhaft „Guten Rutsch“.

    Mein persönliches Weihnachten findet in den Adventwochen statt, in denen ich nur mich selbst mit einer Kleinigkeit materiell beschenke. Ich liebe es, in der beleuchteten und geschmückten Stadt zu bummeln. An Weihnachten selbst bleibt alles sehr still. Ich besuche am 24. meine Eltern, dann geht’s mit dem Zug aufs Land, alles sehr beschaulich.
    Mit Freund*innen sind mir Treffen wichtig, aber ich erlebe da keinen Zeitdruck.
    Liebe Grüße ins Nachbarland, C Stern

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