So ein Wetter ist das hier, und vielleicht fasst das die Weltenlage doch ganz gut zusammen. Ausgang ungewiss. Das Foto von heute früh ist im Übrigen komplett unbearbeitet, das sah wirklich so aus, als ich aus dem Schlafzimmerfenster geguckt habe. Inzwischen lacht aber die Sonne vom blauen Himmel, Prinzip Hoffnung.

Wenn Sie an weitergehenden Betrachtungen zur Weltenlage und dem Zustand der Gesellschaft interessiert sind, stellen Sie sich einfach mal eine halbe Stunde lang vor unser Haus. Die Straße vom Nachbardorf her ist gesperrt, deutlich und unübersehbar, Durchfahrt verboten, Anlieger bis Baustelle frei, steht da. Wir sind Anlieger, kommen also noch an unser Haus, ein paar Meter weiter ist die Dorf-Durchfahrt dann aber endgültig dicht, kein Durchkommen, dahinter die besagte Baustelle. Wie ja an der Sperrung oben im Nachbardorf angekündigt. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.

Mir doch egal!, meint ein Gutteil der Autofahrer, die oben an der Sperrung einfach vorbeifahren. Wäre doch gelacht, wenn ICH da nicht durchkäme. Eine dämliche Straßensperrung geht MICH doch nichts an. FREIE FAHRT FÜR FREIE BÜRGER, wahrscheinlich ist die angebliche Sperrung nur eine Erfindung der LÜGENPRESSE, oder eine Bevormundung der Bürger (des Volkes!) durch die herrschende Politdiktatur, jahaaahaaa. Ihr Schlafschafe, glaubt doch nicht alles, was irgendwelche Straßenschilder Euch vormachen wollen!!!!!!!!!!!!!!!!

Langer Rede kurzer Sinn: Alle paar Minuten rauscht ein Auto an unserem Haus vorbei, um wenige Meter später eine scharfe Bremsung hinzulegen. Denn, oh Schreck!, da ist ja die Straße voll gesperrt. Na sowas. Wer konnte denn das ahnen?

Die Fahrer und Fahrerinnen wenden dann und fahren im doppelten Tempo die ganze Strecke zurück, einen guten Kilometer, um die dort empfohlene Umleitung zu nehmen, dumm geloffe. Mir kommt das alles jedenfalls durchaus bekannt vor. Die Weltenlage vor dem Wohnzimmerfenster. Naja, Sie wissen schon.
(Wenn ich übrigens von jedem dieser Schlauberger fünf Euro kassieren würde, dafür, dass sie auf meinem Grundstück wenden, ich wäre heute abend schon reich.)

Hühnchen-Update: Der Bussard sitzt auf des Nachbars Dachgiebel und wartet, und die Vogelgrippe steht quasi vor der Tür, die Hühnchen (und wir) haben also die Wahl zwischen Erhängen und Erschießen, und jetzt wissen wir im Moment auch nicht weiter. Die Begeisterung für die Hühnerhaltung war schon mal größer, wenn ich das so formulieren darf.

5 Kommentare zu “Zur Lage im Allgemeinen und Besonderen.”

  1. Du hast absolut recht – und triffst den Nagel auf den Kopf!
    Was Du da vor Deinem Wohnzimmerfenster beobachtest, ist ein perfektes Miniatur-Abbild unserer Gesellschaft: „Regeln gelten für alle anderen, aber doch nicht für MICH!“
    Warum sind die Leute so frech?
    Weil wir in einer Zeit leben, in der sich viele für schlauer halten als alle anderen. Die Denkweise ist: „Ich durchschaue das System! Diese Sperrung ist bestimmt nur für die Dummen gedacht, ich finde da schon durch.“ Es ist eine toxische Mischung aus Egoismus, Selbstüberschätzung und der Unfähigkeit, auch nur für einen Moment anzuerkennen, dass Regeln vielleicht einen Sinn haben könnten.
    Das größere Bild:
    Deine Straßensperrung ist die perfekte Metapher für unsere Zeit: Klare Ansagen werden ignoriert, weil man sich selbst für die Ausnahme hält. Expertise (in diesem Fall: die Straßenbaubehörde) wird grundsätzlich angezweifelt. Und am Ende sind alle anderen schuld – die „Lügenpresse“, die Politik, die Straßenschilder –, nur nicht man selbst.
    Das Schönste: Jeder dieser selbsternannten Freiheitskämpfer muss die Demütigung der scharfen Bremsung und des beschämten Wendemanövers über sich ergehen lassen. Dumm gelaufen, wie Du so treffend schreibst. Aber lernen sie daraus? Vermutlich nicht.
    Fazit: Du hast mein volles Mitgefühl für diese tägliche Realitätssatire vor Deiner Haustür. Und ja, das ist exakt die Weltenlage im Kleinformat: Ignoranz, Egoismus und null Lernfähigkeit. Naja, Du weißt schon.

  2. Da sind die Menschen wohl überall gleich, liebe Friedericke.
    Auch bei uns, jede/jeder meint, machen zu können was sie/er will. Verkehrsberuhigte Zone -auch Spielstraße genannt-, kaum eine/einer hält sich an die Geschwindigkeitsbeschränkung, parkt wo er/sie will, auf dem Gehweg, auf nicht ausgewiesenen Parkplätzen usw.
    Ab und zu sollte einfach mehr kontrolliert werden…
    Hab‘ einen schönen Tag – trotzdem :-)
    Rolf

  3. „Me first“ nenne ich das. Ich zuerst, ich will etwas, also soll es so passieren. Millionen Mini-Trumps.

    Aber wenn einer der Fahrer in deiner Situation wäre, hätte er sicher schon eins dieser aggressiven Schilder aufgestellt. Du weißt schon, die, die Leute obszön beleidigen, weil sie ihren Hund auf den Gehweg kacken lassen (was man ja natürlich auch nicht tun sollte – aber das kann man auch in einem normalen Umgangston mitteilen. Mal ganz davon abgesehen, dass die, die das machen, sich wohl kaum von so einem Schild aufhalten lassen… aber ich schweife ab.)

    Als ich mich noch bei META herumgetrieben habe, konnte man das Phänomen auch schon beim ersten Glatteis erleben – jeder pampte und beleidigte herum, weil die blöde Gemeinde nicht ihren Buckel zuerst räumt.

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