Heissa, war das eine Ernte! Der helle Wahnsinn! Salat, Mangold, Broccoli, Blumenkohl, Basilikum: Alles in rauen Mengen, kiloweise. Ach, was sage ich: zentnerweise!
Also, für die Schnecken und die Raupen, nicht für uns. Für uns ist nichts übriggeblieben. Nix, nada, niente. Wir glotzen jeden Morgen, jeden Abend auf abgefressene Stängel und leergeräumte Hochbeete, in der Sonne glitzert Schneckschleim an den wenigen verbliebenen Blattresten, Die Schmiere kann man doch abwaschen!, sagt mein Geo mit aufgesetzter und wenig überzeugender Zuversicht, aber mir vergeht der Appetit schon beim Anblick.
Am Anfang haben wir mit großem Gottvertrauen noch nachgesät und nachgesetzt, wir dachten, wir könnten das Rennen doch noch für uns entscheiden, in einer olympischen Aufholjagd am Gemüsebeet – allein: Keine Chance. Alles weg, wieder und wieder.
Wir hören Schnecken und Raupen und allerlei andere Drecksviecher Tiere nachts schmatzen und knabbern und flüstern und wispern, Hier, kommt alle her, hier ist noch was!, und wenn sie nicht grade den Mund voll haben, halten sie sich die dicken Bäuche vor Lachen. Aber wartet nur: Im nächsten Jahr streuen wir Blaukorn und jegliches Gift, das der Raiffeisenmarkt zu bieten hat, dann wird Euch das Lachen schön vergehen.
(Hier müssen Sie jetzt ein leises Schluchzgeräusch einfügen)
Und sonst so? Der Odenwald, im Untertitel auch Badisch-Sibirien genannt, erwartet für die kommenden Tage wieder einmal deutlich über 30 Grad, ich finde das gräßlich, will mich aber nicht beklagen. Wie schlimm muß es erst für die sein, die jetzt in Urlaub müssen, nach Italien, Südfrankreich, Spanien, bei 40 oder 42 Grad. Da bin ich doch ganz froh, dass der Urlaub (in der Nähe) noch in weiter Ferne ist.
Naja, Sie wissen schon.
Ist bei den Urlaubern in südlicheren Gefilden eine ganz leichte Häme zu spüren?
Mir sind als Gebirgsliebhaber ja auch 25°C mit einer leichten Brise ausreichend Sommer. Lieber Böhmerwald und manchmal Regen als wochenlang diese Bruthitze, bei der es in der Nacht auch nicht abkühlt und die Medien das als Super-Sommer mit tropischen Nächten abfeiert. Arbeiten muss da wahrscheinlich niemand unter solchen Umständen oder wie meinereiner als Schichter noch tagsüber „schlafen“…
Nein, keine Häme. Ich wundere mich nur, ich käme überhaupt nicht mehr auf die Idee, im Sommer in den Süden zu fahren.
Wie wäre es denn mit einer Schneckenzucht?
Ja, so ist es auch leider in meinem Garten im Sauerland mit meiner Ernte. Morgens kriechen mir die dicken Schnecken mit einem satten Lächeln schon auf der Terrasse entgegen: „Du bist wieder mal zu spät. Wir haben schon geerntet.“ Was soll man dann entgegnen, außer dass man auch gerne mal etwas vom Spitzkohl, Wirsing, Rotkohl etc. essen würde.
Ich weiß noch, dass meine Mutter wütend heulte, beim Anblick ihrer leer gefressenen Beete, und irgendwann keine Lust mehr hatte…
In den schwedischen Nachrichten war ein dänischer Koch zu sehen, der aus den Nacktschnecken ein Toastbrot gezaubert hat. Erst dachte ich nur ööörgs, aber mittlerweile wird der Rezeptvorschlag immer reizvoller.
Ja/nein-Diskussionsbeitrag aus der taz zur Rage, ob man Nacktschnecken töten soll/darf/muss
Triggerwarnung an Schneckenliebhaber*innen: besser nicht lesen
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Nacktschneckenplage im Garten: Um die Schnecke gebracht
Weil es in diesem Sommer so oft regnet, fressen viele Nacktschnecken die Beete leer. Aber kann man sie deshalb einfach so töten?
Ja!
Wenn die Vorsehung es mit der Wiedergeburt ernst meint, dann habe ich schlechte Karten. Ich werde dann vermutlich als Stechmücke, als Kakerlake oder Ratte wiedergeboren. Denn mein Karma ist hin. Weil ich Kreaturen töte. Dieses Jahr vor allem Nacktschnecken. Die roten und die dunkelbraunen, egal ob noch klein oder schon mit beachtlichen etwa acht Zentimetern.
Manchmal trete ich auf sie und nach einem kurzen, dumpfen Geräusch quellen die Gedärme der Schnecken heraus. Meist aber nehme ich die Gartenschere und guillotiniere sie.
Warum ich es tue? Weil die Nacktschnecken, ihrer Bestimmung folgend, ihrerseits erbarmungslos sind und im Garten alles, was ich auch gerne essen würde, Gemüse, oder an dem ich mich erfreue, Blumen, in der Nacht bis auf den Grund vernichten.
So erbarmungslos wie die Nacktschnecken sich über Pflanzen hermachen, so erbarmungslos töte ich sie. Und das, obwohl in ihrem Tun nichts absichtlich Böses steckt. In meinem hingegen schon. Manchmal überfällt mich gar eine schaurige Lust daran. Dann nämlich, wenn sich um eine tote Nacktschnecke lebende Nacktschnecken scharen, die die Gedärme der toten Kollegin fressen. Dann zerschneide ich auch diese. Die wiederum werden von neuen Nacktschnecken aufgesucht und es entsteht eine Nacktschneckenfutterstelle, an der ich mein Henkershandwerk ohne Hemmungen ausübe.
Allerdings weiß ich, dass es auch Tigerschnegel gibt. Das sind Nacktschnecken mit getigertem Körper. Diese schone ich stets. Sie sind sehr nützlich, um die Zahl der anderen Nacktschnecken im Garten auf tierische Weise zu dezimieren, denn sie fressen deren Eier.
Einmal schaute ich zu, wie Tigerschnegel sich paaren. Es ist ein Schauspiel, das einem die Großartigkeit der Natur lehrt. Die Schnegel seilen sich von einem überhängenden Ast ab, winden sich bis zu eine Stunde lang spiralig umeinander, fahren ihre männlichen Geschlechtsorgane aus – sie sind Zwitter – und befruchten sich gegenseitig weiter im Spiraltanz, bevor sie sich wieder auf den Boden fallen lassen.
Es war spektakulär. Danach drehte ich mich um, sah die roten und braunen Nacktschnecken und der Respekt vor der Natur war wieder dahin.
Waltraud Schwab
Nein!
Ich mag Schnecken. Ich lasse mir von ihnen gerne an den Fingern schnurpsen und finde es beruhigend, sie zu beobachten. Das ist aber nicht der Grund, warum ich es falsch finde, Schnecken zu töten. Ich bin Geo-Ökologin, mein fachliches Über-Ich hält sich lieber an Fakten als an persönliche Sympathie oder Antipathie, es sind schließlich alles Kinder des Universums.
Wie schlimm das Schneckentöten ist, hängt von der Methode ab. Auf gar keinen Fall sollte man Schneckenkorn aus Metaldehyd nutzen. Es ist auch für alle anderen Lebewesen giftig: für neugierige Kinder, Hunde oder Igel, indirekt aber auch für alle, die Schnecken und Aas fressen, also für Vögel, Kröten, Ringelnattern, Siebenschläfer, Spitzmäuse und viele verschiedene Insekten. Metaldehyd zu verteilen gleicht einem ökologischen Massenmord.
Das als „ökologisch“ beworbene Schneckenkorn aus Eisen(III)-Phosphat ist nur wenig besser, denn es tötet nicht nur die verhassten Spanischen Wegschnecken, sondern auch Weinbergschnecken, die geschützt sind; Tigerschnegel, die hilfreich sind gegen Wegschnecken, sowie die kleinen Bänderschnecken, die im Garten überhaupt nicht verhaltensauffällig werden.
Nein, bitte nicht, sage ich auch zu Tötungsmethoden wie Durchschneiden, Einfrieren, Salzen, Ertränken – oder zu welchen Mitteln ansonsten friedliche Gartenmenschen auch immer fähig sind, wenn es um ihre Salatsetzlinge geht. Sie tragen dazu bei, das Tier des Jahres auszurotten: den Igel. Nicht, weil der Igel so gern Schnecken frisst, das macht er eher nicht. Aber Igel lieben Käfer. Sehr viele Käfer leben von Schnecken und ihren Eiern. Weniger Schnecken, weniger Eier, weniger Käfer – die Igel schaffen es dann nicht, sich für den Winterschlaf rund zu fressen.
Was noch gegen das Töten der Schnecken spricht: Sie fressen Erdbeeren und Salat, aber eben auch altes Blattwerk, Fallobst, Kadaver und Hundehaufen. Wer will den Dreck wegmachen, wenn die Schnecken ausgelöscht sind? Ich nicht.
Lasst das mit dem Schneckentöten also. Nutzt Zeit, Geld und Kraft lieber, um den Garten fit zu machen gegen Schneckenfraß. Mit Mischkultur und Selbstaussaat, Stauden statt Setzlingen und vor allem mit wilden Ecken, in denen sich all die erwähnten Schneckenfresser wohl fühlen.
Statt Schneckentöten also Schnecken töten lassen: Das ist besser fürs Karma und für die Artenvielfalt sowieso.
Sigrid Tinz
@Ute Straub: Dankeschön für den Beitrag.
Auch ich bin dieses Jahr zur Massenmörderin geworden. Gut, dass es Läden gibt, die Essen verkaufen, so dass ich nicht ohne meine Ernte verhungern muss. Die Viecher (also die Nacktschnecken) haben alles, aber auch alles ratzekahl weggefressen, was da an Gemüse gepflanzt oder gesät wurde, sogar das Kartoffelkraut teilweise weg (nein, keine Kartoffelkäfer!). Der Garten verfügt über wilde Ecken, auch Totholzhaufen, reichlich Komposthaufen und einige Schnegel, diese weit entfernt vom Gemüsebeet. Igel hätte ein Paradies, kommt aber nicht. Gehäuseschnecken: kaum vorhanden. Jenseits der Zäune: Rasen, Wald, Rasen, Baustelle. Für die Schnecken keine Alternative, Futter gibts nur bei uns. Erdbeerernte dieses Jahr: Keine 10 % der letztjährigen Menge. (Also es waren schon viel mehr dran, aber die hatten einen Tunnel in Schneckendicke oder waren sauber ausgehöhlt oder bis zum Ansatz wech.) Da wirken alle die tollen Tipps – die grundsätzlich absolut sinnvoll sind – wie Hohn, bei dieser Nacktschneckeninvasion reicht das nicht. (Abgesehen davon, dass manche Maßnahmen einige Jahre benötigen.) Ich habe mich jetzt schweren Herzens entschlossen, Schneckenkorn zu kaufen, um vielleicht wenigstens einige Grünkohlpflanzen zu retten. Sofern sie nicht von Kohlweißlingen gefunden und von deren Nachwuchs perforiert werden…
Gegen die Schneckenplage hat die Hausfrau das Einwecken erfunden, denn mit konservierten Lebensmitteln kann man ein Jahr ohne Ernte überbrücken. Wenn dann noch die eine oder andere Schnecke für den Igel und den Dachs in unserem Garten übrig bleibt, freue ich mich.
Wer braucht Urlaub, wenn er im Odenwald wohnt? Für einen gewissen Adorno war der Aufenthalt im Odenwald der einzig mögliche Urlaub.
Bauen oder kaufen Sie sich Hochbeete, umwickeln die Füße und/oder den unteren Kastenaufsatz mit Kupferband. Damit kommen die nicht klar und hauen schnell ab. Besser noch ist, das Kupferband öfter mit Zitronensaft einschmieren.
Sie könne fast hören, wie diese Bestien schreien …
Kupferpulver oder Kalk in einer dünnen Linie auf dem Boden rund um die Bodenpflanzen auftragen, das üble chemische Rektionen an der Schleim-Sohle (der Unterseite) der Schnecken hervorruft.
Früher – in Belgien – haben wir den Viechern noch mit ganz anderen Mittel den Garaus gemacht.
Hochbeet steht schon, muss nur noch weiter voll geschaufelt werden, wird auch entsprechend behandelt. Die anderen Hausmittel (Kalk, Eierschalen, Kaffeesatz, Wolle) haben wir alle ausprobiert. Wolle half möglicherweise einige Tage, vielleicht war Sellerie auch nicht das Lieblingsfutter und wurde erst aufgesucht, als alles andere weg war. Es ist übrigens ein Schrebergarten, also nicht am Haus, wo ich morgens mal eben eine Viertelstunde Schnecken sammeln hätte können. Ich hoffe jetzt auf eine etwas trockenere Zeit – die Erdbeeren blühen nämlich wieder bzw. noch!