Der Gatte werkelt im Garten herum, ich drehe eine Hunderunde am Katzenbuckel. Höchster Berg im Odenwald, 626,8 Meter hoch. Auf die Komma-Acht legen wir hier großen Wert, also bitte. 15 Grad zeigt das Thermometer im Armaturenbrett des Autos an, ich muß zweimal hingucken, um sicher zu sein, dass ich das richtig gelesen habe, mit ohne Brille.
Ja, es ist richtig, am Katzenbuckel weht ein warmer Wind, in den Bäumen zwitschern die Vögel wie bekloppt und ich schwitze in der viel zu warmen Jacke. Auf einer Banke mit Aussicht rasten wir für einen Moment, die Hunde und ich, Aug in Auge mit sehr viel Landschaft und einem vorwitzigen Marienkäfer. (Den nennt man übrigens in Berlin Mariechenkäfer, ich mag diesen Namen sehr.)
(A propos Berlin und Tier-Namen: Da fällt mir wiederum ein, dass ich als Kind manchmal nicht so ganz genau zugehört habe und es dadurch zu Mißverständnissen kommen konnte; jedenfalls ging ich gelegentlich an der Hand der Mutter im vornehmen Berliner Westend spazieren und jedes Mal, wenn ein Eichhörnchen unseren Weg kreuzte, rief ich weithin hörbar Schau mal, Mami, ein Arschhörnchen, ein Arschhörnchen!)
Aber wo war ich stehengeblieben? Richtig, im Winter: Januar, Februar, das waren in vergangenen Jahren die Monate, in denen man morgens sein Auto schon mal ausbuddeln musste, bevor man starten konnte, mit hohen Stiefeln und dicken Handschuhen gingen wir zu Werke, wir fühlten uns wie die Männer im ewigen Eis, wir schipppten schnaufend erst das Auto frei, dann irgendwie die Ausfahrt und beteten, dass wir es bis auf die geräumte Straße schaffen würden. Dann schlidderte man los, über verschneite und vereiste Strassen, und in jeder besseren Kurve, bei jeder Steigung krallten wir uns am Lenkrad fest und dachten Oh-oh,… wenn das mal gutgeht…?! Naja, Sie wissen schon. Und die Älteren erinnern sich vielleicht.
Soooo warrrrm, stöhnt eine Frau am Supermarkt-Parkplatz mit deutlich hörbarem osteuropäischen Akzent und lüftet den dicken WIntermantel, und Ja, ja, das ist der Klimawandel! erklärt ein jüngerer Mann im Vorbeigehen. Kattaschtrrroffe!, stöhnt die Frau, das klingt deutlich katastrophal-dramatischer als das hochdeutsche Katastrophe, und vielleicht ist mit Kattaschtrrroffe auch alles gesagt, ich werde mir dieses Wort auf jeden Fall merken. Gebrauchen kann man sowas immer.
Faschenacht ist übrigens vorbei, wäre das also auch wieder erledigt.
Und sonst so: Ich fahre im Dienstwagen frisch geschlachtete Hühner durch die Gegend, bin da quasi die Mittelsfrau zwischen dem Erzeuger im Nachbardorf und den Verbraucherinnen im 15 Kilometer entfernten Städtchen. 20 Eier aus eigener Produktion nehme ich im Privatauto zum Friseurtermin mit, die Friseurin ist eine unserer besten Eierkundinnen. Was man halt so macht auf dem Lande: nackt-gerupfte, geschlachtete Hühner und frischgelegte Eier durch die Lande transportieren. Das Geschäft mit den Eiern läuft langsam wieder an, mit Aaaahhhh!– und Ohhhh!-Rufen sammle ich abends drei oder vier Eier aus den Nestern, bei aktuell acht Hühnern, also bitte, es geht doch aufwärts. Man wird ja bescheiden. Und muß sich auch und vorallem über die kleinen Dinge freuen, nicht wahr, sonst ist doch alles Kattasschtrrrroffe .
Ja, Schnee und Eis und Minus-Grade wären jetzt ein Himmelsgeschenk! Wer hätte das gedacht …
LG, Gabriela
„Kattastroffe,“ sagt auch ein polnischer Bekannter von mir immer. „Dass ist eine Kattastroffe, weisst Du.“
Wie ist das schön – bei Ihnen ist Kattaschtrrroffe und trotzdem irgendwie die Welt in Ordnung. Eier und frisch geschlachtete Hühner, das klingt überschaubar. Schön!
Vielleicht sollten wir froh sein, dass es noch einmal ein paar Jahre so warm ist. Wo doch jetzt der Golfstrom versiegen soll und andere Kattaschtrrroffen drohen