Das Telefon klingelt im Fünf-Minuten-Takt, Freunde aus der Nachbarschaft brüllen ES REGNET!! in die Sprechmuschel, JA BEI UNS AUCH !!, brüllt mein Geo mit sich-überschlagender Stimme zurück. Wahlweise werden Wasserstände durchgegeben, DIE TONNE IST SCHON HALB VOLL oder DAS WASSER SCHIESST NUR SO AUS DEN ROHREN IN DIE ZISTERNE!!. Wenn wir könnten, würden wir uns gegenseitig in den Armen liegen, aber die Entfernungen in die Nachbardörfer sind zu weit, rausgehen und nasswerden will ja nun auch niemand bei dem Wetter.

Wobei mir einfällt: Was heißt in diesen Zeiten eigentlich gutes Wetter oder schlechtes Wetter? Wir sagen Das Wetter wird gut, das heißt, warm und trocken, aber das war nun in den vergangenen Monaten ja alles andere als gut, eher sehr schlecht. Und wenn es regnet, ist es schlechtes Wetter, nach landläufiger Meinung, aber alle Welt wartete auf den Regen, das ist nun also sehr gut, wenn es endlich schüttet, geradezu eine Erlösung. Es ist kompliziert.

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Die Glucke hat fertig mit Brüten, ein kleines schwarzes Küken tippelt nun seit ein paar Tagen piepsend hinter ihr her, sie beschützt es vorbildlich gegen alles, was sich bewegt. Weniger vorbildlich ist sie mit zwei Nachzügler-Küken umgegangen, eines fand ich tot im Nest, das andere halbtot im Stall. Ich habe es eigenhändig ertränkt, zum ersten Mal in meinem Leben habe ich sowas gemacht, ich fühlte mich dabei einerseits wie eine echte pragmatische Landfrau, andererseits beschissen. Sie entschuldigen bitte den Kraftausdruck, aber anders kann man es nicht nennen.

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Die uralte, alleinlebende Tante aus Berlin bekommen wir zwei Tage lang nicht ans Telefon, ihre Berliner Freundin ruft alle paar Stunden bei uns im Odenwald an und fragt besorgt nach, was denn da los sein könnte, ob sie die Polizei rufen und die Tür aufbrechen lassen solle, da könnte ja sonstwas passiert sein, und ich ertappe mich dabei, wie ich zuerst nur denke Jetzt nicht auch DAS noch. Sie kennen das vielleicht. Schlimm. Alles. Aber am Ende war nur das blöde Telefon der Tante kaputt, jetzt geht es wieder, Halleluja.

Wenn sich alle Irrungen und Wirrungen des Weltenlaufes nur so einfach lösen ließen, ach, das wäre schön. Immerhin habe ich mir einen Nachrichtenboykott auferlegt für diese Woche, dennoch knirsche ich nachts mit den Zähnen, bis ich mir neulich dabei den Kiefer ausgerenkt habe. Er renkte sich irgendwann von selber wieder ein, aber ich sah zwei Tage lang aus wie Henry Maske nach einem letzten verlorenen Kampf, erheblich verschwollen und schief im Gesicht. Der Arzt empfahl eine Kühlung, ich kühlte von außen und auch von innen, schaufelte kiloweise Vanille-Eis in die Backentaschen, und jetzt gehts eigentlich wieder.

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Wenn ich ausnahmsweise tagsüber nicht schlafe, gehe ich mit den Hunden, in diesem Zuge kam ich neulich an einem alten Häuschen vorbei, um dort ein bißchen zu verweilen. Man sollte das viel öfter machen, alte Häuschen erzählen einem oft die tollsten Geschichten, in meinem Fall waren es auch einige Geschichten von Liebe und Sehnsucht, das Häuschen hat wohl mal als eine Art Knutschecke oder Liebeslaube Treffpunkt für die Dorfjugend gedient, vor langer, langer Zeit.

Liebe kann nicht Sünde sein, und wenn sies auch wär, lieber tät ich sündigen
Helmut? und Gisela sind ? 1941
Ich kann das nicht entziffern – aber ich habe Kenner bei Twitter gefragt: Juli 1941, schlechtes Wetter.
Wenn auch dein Mund mir wahre Liebe verspricht
1952 Sommer trocken, Herbst nass, 5.11. Schnee, 25.11 frostig

Und sonst so? Der Gatte malt und bereitet eine Ausstellung vor. Die erste seit Corona, ist es denn zu glauben. Und das kleine Museum in Wagenschwend macht mit beim Sommerferienprogramm für Kinder. Falls Sie also Kinder oder Enkel in erreichbarer Nähe haben, die sich vor Mikrofon und Kamera nicht fürchten, bitte sehr: Am 1. September können Kinder ab acht Jahre im Museum ein bißchen forschen und recherchieren, und dann ein Lieblings-Exponat vor laufender Kamera vorstellen und erklären. Daraus basteln die Helfer im Museum ein kleines Video und einen QR-Code, und dieser QR-Code wird dann neben dem Exponat festgebabbt. Damit zukünftiig alle anderen jungen und alten Besucher hier mal reinschauen und sich Informationen zu dem jeweiligen Exponat abrufen können. Ein weiterer Schritt Richtung Digitalisierung im ländlichen Raum, ja, da staunen Sie. Hier bei der Gemeinde Limbach gibts nähere Infos, und online anmelden kann man sich da auch, wenn noch Plätze frei sind.

Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, es gewittert nun auch, wir rennen zwischen Fenstern und Terrassentür hin und her und rufen Oh und Ah, die Hunde drehen durch, sie können sich an kein Gewitter mehr erinnern, so lange ist das her. Und außerdem müssen wir jetzt natürlich offline gehen und alle Stecker rausziehen, und Telefonieren ist auch gefährlich, da könnte einem der Blitz direkt ins Ohr krachen, man weiß das noch von früher, und mein Gesicht ist grade wieder abgeschwollen, da brauche ich jetzt nicht noch einen Blitzeinschlag.

7 Kommentare zu “Dies und Das am Samstag”

  1. Hallo Nachbardorf ;-) Geregnet hat’s hier auch, aber das Fass ist nur halbvoll…immer noch besser als ganz leer. Naja, wenn’s das war mit dem Nass von oben, dann isses ja grad wie“hingespuckt“ …eindeutig zu wenig. Donner hatten wir auch kurz, aber das war’s dann auch schon. Jedenfalls kann ich morgen nochmal meine Tomaten und Gurken düngen. damit die ganze Masse nochmal Futter bekommt um auszureifen. Falls Ihr Tomaten braucht, bitte melden. Habe sooooviele…Schönes Wochenende Euch Beiden

  2. Liebe Aktive,
    die Aktion „Kinder und Museum (Wagenschwend)“ finde ich großartig!
    Nicht nur für die agierenden Kinder, sondern gerade auch deshalb, weil Kinder, die das Museum besuchen, in ‚ihrer‘ Sprache angesprochen werden.
    Hierfür fachlicher und großmütterlicher Dank!
    Gabriela

  3. Allzu verständlich, dass das Telefon im 5-Minuten-Takt klingelt!

    Bei den Feuerwehren und allen anderen Institutionen, deren Mitglieder bzw. Mitarbeiter in den letzten Wochen unterwegs waren, um unzählige Waldbrände zu bekämpfen, Straßen und Häuser von Murenschlamm zu befreien, Brücken notdürftig instandzusetzen, Menschen aus tosenden Gewässern zu retten, verendete Fische aus kaum mehr wasserführenden Flüssen zu schaufeln, …, werden die Telefone wohl ganz und gar nicht mehr stillgehalten haben.
    Doch der Mensch, er vergisst so rasch. Auch Klimakatastrophen. Zum Haareraufen, diese Vergesslichkeit! Und sicherlich werden wir auch erfolgreich verdrängen, dass es nicht nur nächsten Winter angesagt ist, Energie zu sparen.

    Wie wohltuend, wenn inmitten all dieser erschreckenden Szenarien, die auch mich meistens einen weiten Bogen um Nachrichten machen lassen, noch Entdeckungen erfreuen können, die an altem Gemäuer zu machen sind: Manches ändert sich eben auch nicht über die Jahrzehnte – allerdings werden Botschaften heute meist weniger dezent an Gemäuern hinterlassen und die Inhalte sind definitiv weit weniger lesenwert!

    Kunst und Kultur sind gerade in Zeiten wie diesen besonders hochzuschätzen, weshalb es auch mich wieder an diverse Orte drängt.
    Obwohl, wer weiß, welche Corona-Maßnahmen bald wieder ihre Verbreitung finden?

    Manchmal könnte man sich fast wieder in die eigene Kindheit zurücksehnen, als von all dem, was uns jetzt beschäftigt, noch keine Rede war!

  4. Schöne Sache das mit den Steinen und den Inschriften, – fein, fein…, wobei ich mich schon seit einigen Wochen gewundert hatte, weshalb auf meinem Feed-Abos Ihr Blog nicht mehr aktualisiert worden war.

    Der hatte sich aus unerfindlichen Gründen von selber aus meinen Feed-Abos ausgespuckt. Nun sind Sie wieder drinnen.

    Beste Grüße aus Aachen | Peer

  5. Oh, diese Steine erzählen wirklich! Besonders!
    Und ich tät nen Regentanz machen, wenn so weit wäre. Waren wenige Tropfen im Rheinland hier, die hat das Moos auf dem Hüttendach aufgesaugt, im Fass ist nichts angekommen. Ja, so verdreht sich gutes und schlechtes Wetter.
    Tut mir leid, dass mit den Küken. Vor allem das Erlösen. Ich kenn das leider auch, schreibe aber nicht mehr dazu. Ist so schön Sch.. genug.
    Freut Euch weiter so über den Regen (was für eine schöne Schilderung) und auf die bevorstehende Ausstellung.
    Liebe Grüße
    Nina

  6. Mir würde zu dem ein oder anderen (rechtfertigenden) Statement ja etwas einfallen, aber ich verkneife es mir mal. Es sollte Sie jedenfalls interessieren, denke ich.
    Kollegen von Ihnen beim SWR sind auch dabei:
    Video: „Inside Mainstream: Was Ex-Mitarbeiter über die Medien berichten“
    Dauer 1h53m+
    eigentlich von AUF1, aber der Link entlastet mal deren Server (bzw. ich bin jetzt um gleich 3 Uhr zu müde den Originallink zu suchen):
    https://uncutnews.ch/inside-mainstream-was-ex-mitarbeiter-ueber-die-medien-berichten-nach-diesem-film-glaubt-niemand-mehr-den-propaganda-leitmedien/
    Nur das ist klar: je später der Nachzügler um so unglaubwürdiger das Warum…

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