Ich war heute unterwegs, bei einem Termin an einem alten Bahnhof, und auf dem Rückweg habe ich im Schneetreiben ein paar Farbfotos mit dem ollen Handy für Sie geknipst. Den alten Bahnhof kannte ich schon, ich habe (Klick!) hier mal etwas über ihn geschrieben, heute sah er noch ein bisschen verwitterter aus als bei meinem letzten Besuch, aber wen wundert das. Ich meine, ich hätte ihn auch heute flüstern gehört, aber es war nicht zu verstehen, zuviele Leute drumherum, zuviel Lärm. Dabei bin ich sicher: er hätte so viel zu erzählen.
Wir leben ja nicht, wir existieren grade nur, hat eine Frau zu meinem Mann gesagt, darüber muß ich jetzt nochmal nachdenken. Ich würde das in dieser Form nicht unterschreiben, aber es erinnert mich an die uralte Tante in Berlin. Die lebt munter und vergnügt in der Großstadt, wenn sie von einer Ausstellung in die nächste eilen kann, von Vernissage zu Finnisage, in Galerien, Museen, Gemäldesammlungen. Alles essig im Moment, zumal die uralte Tante weder die Möglichkeiten noch die Lust hat, sich irgendwo online anzumelden, um ein Zeitfenster für einen Aufenthalt zu ergattern, nein, das ist mir alles zu blöd, sagt sie ins Telefon. Ich warte lieber.
Sie wartet also. Seit eigentlich zwei Jahren wartet sie. Mit inzwischen 86 Jahren wartet sie darauf, dass sie ihr altes Leben wieder leben kann. Ihr Hausarzt ist nur unwesentlich jünger, er hat jüngst, ganz entgegen seiner sonst zweckoptimistischen Art, prophezeit, dass weder er noch sie es erleben würden, dass diese blöde Pandemie vorbei ist, das erzählt sie mir neulich am Telefon, und dann entsteht eine kleine, große Stille in der Leitung, auch ganz entgegen unserer Art.
Ich bin im Übrigen der Meinung, dass Zuversicht-behalten und gute-Laune-verbreiten als Extremsportarten anerkannt werden sollten, vielleicht sogar als pandemisch-olympische Disziplin. Ich trainiere jedenfalls täglich und meine, durchaus Fortschritte zu machen. Außerdem übe ich mich in radikaler Freundlichkeit, wann immer es geht, beim Metzger, beim Bäcker, beim Autofahren, bei Begegnungen im Vorübergehen. Ich trage mich darüberhinaus ernsthaft mit dem Gedanken, Aufkleber herzustellen, auf denen steht Leute! Es ist alles schon schwer genug, laßt uns wenigstens freundlich miteinander umgehen!, die Aufkleber würde ich dann überall hinkleben, auf Laternenmasten, an Laden-Türen, auf Autoscheiben. Manchen Leuten mitten auf die Stirne. Oder aufs Maul auf den Mund, damit sie den wenigstens halten, aber das ist jetzt wieder eine andere Geschichte. Naja, Sie wissen schon.
Die Farbfotos heute sind übrigens bei Rineck entstanden, ein Ort, der natürlich auch eine spannende Geschichte hat. Falls Sie die nochmal nachlesen wollen, bitte sehr, (Klick!) hier entlang.
Extremsportarten Zuversicht und gute Laune, das empfinde ich genau so und entwickle doch ein für mich selbst erstaunliches Durchhaltevermögen. In Monnem sagt man lapidar“ Muss jo.“
Vor ca 30 Jahren habe ich ca 100 Buttons hergestellt und verschenkt mit der Aufschrift „Halt den Mund oder sag was Nettes“.
Ich würde mich an den Druckkosten für die Aufkleber beteiligen.
Liebe Grüße aus dem Sauerland
Andrea
Das mit den Aufklebern finde ich auch eine super Sache.
Zum Extremsport Freundlichkeit: Da braucht man Leute, die genauso ticken, genauso diese Freundlichkeit in die Welt bringen, dann fällt es einem leichter. (Von dem Negativ-Zeug bin ich auch ziemlich abgestossen.)
Ich frage meinen Sohn jeden Abend, was ihm am Tag Freude bereitet hat. Seine Antworten fallen sehr unterschiedlich aus, beziehen sich aber häufig auf kleine (für uns Erwachsene eher unscheinbare) Dinge: das Eichhörnchen, das mit seinem Partner Ticker gespielt hat, die Kerze, die so schön geduftet hat etc.
Vielleicht müssen wir in der heutigen Zeit ein bisschen tiefer oder anders buddeln als sonst, um Freude und Zuversicht zu empfinden und weiterzugeben, aber ein Blick auf die kleinen Aspekte lohnt.
ich bin nicht so der extremist – vor allem nicht im sport – aber da mache ich schon seit 18 monaten (oder so) mit – wo immer es geht freundlich zu sein und ein wenig gute laune mitzubringen. wer mich kennt weiss wie anstrengend das für mich ist – es ist nicht die erste depression…. und ich warte auch, auf online anmelden und zeitfenster hab ich nämlich auch keine lust… sie wissen schon…
Ich möchte unbedingt noch nachtragen, dass mir das Lesen Ihres Blogs, liebe Friederike, immer wieder ein Lichtblick war und ist. Von Herzen Dank dafür!
vielen Dank für diesen Blog, er ermuntert immer wieder. Ich wäre dabei mit den Aufklebern, ich versuche auch freundlich zu sein (fällt mir nicht immer leicht), aber diese aggressive mag ich nicht. Also meine Devise Kopf hoch, es kann alles noch schlimmer sein.
Eine schöne ruhige und vor allem gesunde Zeit.
lg maritta
Gerade habe ich ein Buch gelesen- Zsuzsa Bánk, Weihnachtshaus-
das so gut in die Landschaft passt.
Eine Odenwaldgeschichte, eine Freundschaftgeschichte, eine Weihnachtsgeschichte, eine Geschichte über das Abschiednehmen und Mutfassen, die zu lesen sich wirklich lohnt.
Frohe Weihnachten und herzlichen Dank für Ihren Blog, er macht die Tage heller.
Heute kein Kommentar zum Thema, aber dafür ein Hilferuf:
Vielleicht liest hier ein Arzt aus der Umgebung mit und kann Kontakt aufnehmen oder die Blogbetreiberin kennt jemanden/hat Beziehungen, falls das Problem nicht inzwischen gelöst wurde:
Impfwunsch eines an´s Haus gebundenen Vaters
Vielen Dank!
Selber bin ich nicht aus dieser Gegend, aber so erreichen wir vielleicht mehr an Öffentlichkeit.