Graviditas imaginata.

1. August 2016

Dieses Blog ist derzeit zugegebenermaßen etwas Hühner-lastig, das liegt an den Hormonen und ist nun nicht zu ändern. Glauben Sie mir, ich wäre froh, wenn es hier nicht dauernd um Hühner ginge, aber mich fragt ja wieder kein Huhn Mensch. Also bitte. Wenn Sie sich mit Hühnern 1a auskennen, können Sie jetzt getrost wegklicken, alle anderen lernen vielleicht noch etwas dazu. Über Schwangerschaftsabbrüche und derlei Themen.

Stellen Sie sich also mal eine Frau vor, die beschließt, ihren Kinderwunsch in die Tat umzusetzen. Angeregt durch allerlei dicke Bäuche in ihrem Umfeld. Oder auch durch den Anblick brüllender Säuglinge, was weiß denn ich, beides trifft man frau ja allenthalben, dicke Bäuche und brüllende Säuglinge.

Jedenfalls legt die gute Frau sich also ins Bett – alleine, versteht sich – und beschließt, schwanger zu werden. So liegt sie reglos da und isst nicht und trinkt nicht und wartet und wartet, drei Monate, acht Monate, 12 Monate, 20 Monate. Weil man ja nun aber durch Willenskraft alleine selten schwanger wird, wird sie demnach auch nicht immer dicker, sondern eher immer dünner. Sie ahnen es: das kann nicht gutgehen.

Eben.

So in etwa ist das bei den Hühnern. Gluckt eine, – und zieht dann auch noch kleine Küken groß-, wollen alle süße kleine Küken. Und setzen sich also auch ins (leider aber leere) Nest und essen nichts und trinken nichts, machen nur alle paar Tage einen gigantischen Haufen und setzen sich dann wieder hin und warten, was passiert. Und weil Hühner vielleicht eben doch in mancher Hinsicht dümmer sind als die Polizei erlaubt, interessieren sie sich auch nicht für die ornithologisch vorgeschriebenen Brutzeiten. Nach 21 Tagen müssten ja die Küken aus den nicht vorhandenen Eiern schlüpfen, aber so lange nichts schlüpft, bleibt die blöde Glucke hocken. Drei Wochen, fünf Wochen, sechs Wochen. Komme, was da wolle. Sie wird blaß und dünn und schwach und brütet und brütet die unsichtbaren Eier.

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Wir haben auf diesem Bild eine besessene Glucke versteckt. Finden Sie sie?

Der besorgte Hühnerhalter muss da natürlich einschreiten. Und die Glucke entglucken. Was wiederum nicht so einfach ist, wie wir dieser Tage wieder festellen dürfen.

Es gibt da allerlei Methoden, die wir alle für unseren Zweck verworfen haben: Glucke in einen Bottich mit Eiswasser tunken. Der Schreck vertreibt auch noch den zähesten Kinderwunsch, angeblich. Auch beliebt: Glucke in Sack stopfen und irgendwo herumbaumeln lassen, bis sie zu der Einsicht kommt, das Glucken besser sein zu lassen. Oder: Glucke wieder und wieder vom Nest heben, ans andere Ende des Geheges tragen und dann einen Wettlauf mit dem lieben Tier veranstalten, wer als erster wieder am noch angewärmten Nest ankommt.

Wir haben uns nun also für die Methode Katzenkiste entschieden. Glucke raus aus Nest, rein in nackte, olle Katzenbox. Dann Kiste irgendwo hinstellen, wo möglichst viel Betrieb ist, Unruhe und Lärm. Ungebetene Zaungäste inklusive, siehe oben. Alles soll so unromantisch sein wie möglich.

So haben wir das also gemacht, die Glucke erwachte in der unbequemen Box zu ungeahntem Leben, maulte, zeterte und randalierte, wir betrachteten das mit großer Freude. Nach 36 Stunden ließen wir sie gestern abend wieder frei, mit großem Hallo und Klatsch, Klatsch und scheuch, scheuch durchs Gelände und nicht, ohne vorher die Nester verbarrikadiert zu haben, um jeglichen neuen Anläufen zur Mutterschaft gleich einen Riegel vorzuschieben. Wie man halt seine Tage verbringt, auf dem Lande.

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Das Ergebnis: ernüchternd. Mit wildem Gebrüll überwand das blöde Viech die Barrikaden am Nest, zwängte sich wildentschlossen neben die Eimer, die als Schutzwall gedacht waren, und verfiel augenblicklich wieder in Brut-Trance.

Ja, gut. Die Glucke geht jetzt also in die siebte Woche, und wir gehen zu Stufe Zwei über: Glucke in Katzenbox, Katzenbox auf Terasse zu Hunden und Katzen und Küchengeklapper. Das wäre doch gelacht, wenn wir an einer scheinschwangeren dämlichen Henne scheitern würden. Wir werden Ihnen weiter berichten. Und falls irgendwer noch eine zündende Idee hat: bitte sehr, immer gerne.

 

 

  • 19 Kommentare
  • asty 1. August 2016

    Könnte da nicht ein Hahn helfen?
    Dann hätte sie wenigstens wirklich was zum Ausbrüten… ;-)

    ländliche Grüsse
    asty

    • LandLebenBlog 2. August 2016

      Wir HABEN ja einen Hahn. Ganz schwiereiges Thema. Schönster Hahn ever, aber leider in dieser Hinsicht völlig untauglich. 99 Prozent der Eier unbefruchtet.

  • Gitta 1. August 2016

    Ach ja. Ich fühle mit Dir. Ungefähr 6 Bruten habe ich in diesem Jahr dergestalt verhindern können. Dann verzogen sich die gebärwilligen Damen mit neuen Eiern UNTER den Hühnerstall. Ich leuchte nun jeden Tag einmal mit der Taschenlampe darunter, ob der Fuchs sie noch nicht gegessen hat. Der könnte sich nämlich drunterbuddeln. Ich nicht. Und Stöcke oder ähnliches, um sie vom Nest zu vetreiben, schieße ich aus ethischen Gründen aus. Prost Mahlzeit. ….. ich fühle mit Dir. Und poste demnächst Kükenbilder. Lg Gitta

    • LandLebenBlog 2. August 2016

      Oh, ich bin gespannt! Und das Herumgekrieche vor/unter dem STall stelle ich mir auch grad bildlich vor, sehr hübsch. Die Nachbarn werden sich ihren Teil denken. ;-)

  • Muri 1. August 2016

    Guten Morgen
    die Haft an sich ist ja schon eine gute Idee aber die Katzenbox ist der brutlüsternden Dame zu bequem, besser ihr setzt sie in einen Gitterkäfig damit es auch schön zieht am Popo…

    • LandLebenBlog 2. August 2016

      Den müsste ich irgendwo organisieren….

  • w. dannenberg 1. August 2016

    hallo guten morgen,

    mein erfolgsrezept ist ein altes haasenkäfig-draht-oberteil auf nackten beton boden (möglichst kalt, keller oder so ähnlich) stellen und huhn rein. zusammen mit wasser und körnerfutter. mit einer decke abdunkeln.
    meist reichen 2 tage und nächte und dann sind sie “geheilt” von der scheinschwangerschaft.
    um den steinboden nicht von exkrementen reinigen zu müssen, lege ich eine dünne schicht zeitung drunter. die wechsele ich täglich aus. wie auch die verpflegung.
    so klappts im hessischen ried, viele grüße und immer wieder danke für den blog- auch für die die hühnergeschichten! hoffe die sommerfrische war erfolgreich.
    walli

    • LandLebenBlog 2. August 2016

      Ok, also kein Betrieb drumherum, sondern Ruhe und Dunkelheit?

  • Waswegmuss 1. August 2016

    Ich stelle mir diese Aktionen – dezent grinsend – in einem Berliner Müttercafé vor.

    • LandLebenBlog 2. August 2016

      Genau! So mit Klatsch,klatsch, scheuch, scheuch…..

  • Eva 1. August 2016

    Gibt’s nicht noch schöne andere Hühnerarten, von denen man Eier holen kann zum Fremdausbrüten?
    Oder halt Zitronenhuhn? Wenn’s noch nicht zu abgemagert ist?
    Etwas böse Grüße,
    Eva

    • LandLebenBlog 2. August 2016

      Wir brauchen halt derzeit keine Hühner mehr, aber Zitronenhuhn kommt leider auch nicht infrage, aus sentimentalen Gründen. Städter halt.

  • Frau Krähe 1. August 2016

    Wie w.dannenberg schon schreibt: Auch hier wird der kalte Platz an dunklem Ort empfohlen: das “Fieber” müsse mit Kälte bekämpft werden (nicht meine Worte). Ich musste den Realitätstest jedoch noch nie machen, meine Hennen gaben bis anhin jeweils ziemlich genau nach 21 Tagen auf. Den deinigen scheint der Timer zu fehlen…;-)
    Auch schon gelesen: Ferienhalber zu fremdem Hühnervolk geben. Dann ist sie so mit der neuen Hierarchie beschäftigt, dass sie das Brüten vergisst. Dünkt mich aber arg stressig für das gute Tier.
    Viel Erfolg!
    Martina

    • LandLebenBlog 2. August 2016

      Wäre aber auch noch eine Idee, mit dem fremden Hühnervolk. Das wird dann Stufe 3.

  • Akaleia 2. August 2016

    Oh ja…habe ich auch gerade wieder….zwei gleichzeitig glucksig….ein Chabos und ein Sundheimer…das kleine Chabos macht es sich noch unter dem anderen bequem….geht alles.
    Ich hebe sie jeden Tag ganz pragmatisch runter….trotz Gemecker….meistens ist es nach 2-3 Wochen gut.
    Hg
    Birgit

  • Doro 2. August 2016

    Oma setzte auf die Kartoffelsackmethode. Half. Henne in den Sack, an einem extra zu diesem Zweck ins Außenhäuschen gehämmerten dicken Nagel gehängt. Nach zwei Tagen war es wieder gut. (Nachts war das Huhn mit den anderen im Häuschen, nur tagsüber hing es am Nagel.)

    Womöglich kommt daher der Spruch “etwas (einen Kinderwunsch?) an den Nagel hängen”…

  • w. dannenberg 4. August 2016

    ja, hintern in kaltes wasser machen die bauern hier auch. damit der eben abkühlt und nicht mehr brüten will.
    hab ich noch nicht probiert. dunkelhaft auf betonboden scheint mir humaner.
    viele grüße
    walli

  • w. dannenberg 9. August 2016

    einen habe ich noch gefunden,
    auch interessant:

    http://naturhautnah.blogspot.de/search/label/Entglucken

    jetzt gebe ich ruhe.

    viele grüße walli

    • LandLebenBlog 10. August 2016

      Wir waren tatsächlich erfolgreich inzwischen! ;-) Danke fürs Mitfiebern. ;-

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