„Ich geh ins Kloster“, sagt mein Geo manchmal morgens, und er meint es ernst. Nur 400 Meter Luftlinie liegt das Clarissenkloster von uns entfernt, ein vergleichsweise hässlicher,  abweisender Bau aus den 60er Jahren, der von gar nicht abweisenden Schwestern bewohnt wird.

 

Kloster schild

kloster außen2

 

Elf Schwestern, 48 Jahre die jüngste, 88 die älteste.

 

konvent2007
Dieses Bild von der Kloster-Homepage ist schon ein paar Jahre alt. Damals waren es offenbar noch 15 Schwestern.

 

 

An der  Oberin hat Geo einen Narren gefressen, und manchmal treffen sie sich auf einen Schwatz.

Die Oberin hat Sprechzeiten, dann setzt sich Geo in einen kahlen Raum und starrt wartend auf ein Gitter in der Wand. Irgendwann wird das Gitter ratternd in die Höhe gezogen, und auf der Bildfläche erscheint, wie in einem Zeitungskiosk, die Ordensschwester. Sie sitzt in ihrem kahlen Kiosk und lächelt. Eine schöne Frau, alterslos, sanfte Gesichtszüge, umrahmt von ihrem schwarz-weiß-braunen Habit. Die Oberin war früher Lehrerin, bei einer Besichtigung hat sie das Kloster kennengelernt und ist quasi gleich dageblieben. Und weiß jetzt, sagt sie, mehr von der Welt da draußen als je zuvor.

 

Kloster turm

 

Ora et labora, die Nonnen dürfen ihre Klostermauern nicht verlassen, beten und arbeiten schweigend. Niemand darf das Innere des Klosters betreten.

Den regelmäßigen Kontakt zur Außenwelt pflegt einzig Schwester Beatrix, die mit ihrem kleinen Auto halsbrecherisch durch die Gegend flitzt, mal zum Einkaufen, mal zum Arzt oder zur Apotheke. Immer wieder sieht man sie im Dorf an einer Haustür stehen, plaudern, lachen.  Wenn Dorffest ist, sitzt Schwester Beatrix am Ehrentisch beim Pfarrer und beim Bürgermeister und schlägt sich bei deftigen Scherzen vergnügt mit der Hand auf den Schenkel. Im Gottesdienst in der Klosterkirche sitzt sie dann wieder mit ihren Mitschwestern hinter einem riesigen verzierten Gitter, unsichtbar für die Gemeinde, zu hören nur über eine quäkende Lautsprecheranlage.

 

Mit  Näh- und Stickarbeiten verdient der Orden ein bisschen Geld, außerdem gibt es einen Gemüsegarten für die eigene Küche. Alles andere regelt der Himmel. Der sorgt dafür, dass die Dorfbewohner seit Generationen das Kloster versorgen. Mal liegt ein Laib Brot an der  Kloster-Pforte, mal ein Kasten Mineralwasser, mal eine Tüte Äpfel oder Mirabellen. Wer zum Großeinkauf in die nächste große Stadt fährt, bringt den Frauen etwas mit und legt es einfach vor die Tür. Früher brachten Bauern täglich eine Kanne Milch zum Kloster. Stellten sie wortlos auf der Klostertreppe ab und gingen wieder an die Arbeit. Heute bringen die erwachsenen Kinder der Bauern eine Steige H-Milch aus dem Supermarkt. Manchmal liegt schon ein selbstgebackener Kuchen da.

 

Direkt an den Stufen zum Eingang hängt ein Briefkasten. Wer etwas auf der Seele hat, wer ein gutes Wort für sich und seine Lieben eingelegt haben will, wer sich Sorgen macht um einen kranken Freund, der kann es hier mit einem Zettel loswerden. Die Nonnen werden es in ihr Gebet einschließen.

Ein Tauschhandel der etwas anderen Art,  21.Jahrhundert, mitten in Deutschland.

 

 

Warum ausgerechnet heute ausgerechnet dieser Beitrag? Weil uns aus dem Kloster ein Hilferuf der etwas anderen Art erreicht hat. Von dem werden Sie dann am Wochenende lesen können. Nur, daß Sie schon mal vorgewarnt sind.

 

 

10 Kommentare zu “Ich geh ins Kloster.”

  1. Das kam mir alles so bekannt vor, als ich es las und nun weiß ich wieder, woher ich dieses Kloster kenne…da kam mal was auf SWR und da wurde
    auch von diesem KLoster und den Gaben der Anwohner erzählt.
    Für die Nonnen scheint es wohl so in Ordnung zu sein, ich bewundere so ein Leben und die Genügsamkeit.
    Einen schönen Feiertag!
    Lg Manu

  2. Ja…deren schweigsames, vermeintlich weltabgewandtes Leben schreckt mich im Prinzip erstmal ab… und andererseits ist da diese Genügsamkeit, wie Du sagst…. Ich bin immer hin- und hergerissen.

  3. Wenn Du wirklich ins Kloster willst, müsstest Du erst mal konvertieren, oder…?
    Ich bin schon sehr gespannt auf den Hilferuf. Vielleicht ist ja möglich zu helfen…?

    1. Also…was den Hilferuf angeht… laß den Beitrag vielleicht besser NICHT Deine Kinder ansehen. Die würden dann rufen… „oh, wie süüüüüüüß….Papa!!….BITTE, bitte….“

  4. Na, jetzt bin ich aber auch gespannt, wie der Hilferuf lautet!
    Da mein Jüngster das Helfersyndrom hat, werde ich erst mal allein schauen kommen, er schaut nämlich auch gerne bei dir vorbei…
    LG Manu

  5. Einerseits sehr faszinierend so zu leben… Ich frag mich manchmal ob es vielleicht nicht glücklicher ist wenn man nicht immer alles weiß und erreichbar ist…

  6. Staat und Kirche sind vor der Verfassung getrennt. Diese Verquickung die Kirche//Kloster als eine Option zu etablieren die Verfehlungen entschuldigt und Straftaten relativiert ist ziemlich unerträglich . Ich denke das eine Gesellschaft auch ohne diese Instanz auf die Gesellschaftliche Verantwortung eingehen sollte, Alternativen anzubieten und zu fördern.

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