Im Odenwald, da oben Richtung Bergstraße, da finden sie den ersten jungen Bärlauch, so berichtet es eine Frau auf Bluesky, und hier hats geschneit. Ja, prima. Nicht viel geschneit, aber immerhin so viel, um mir schon am frühen Morgen die Laune zu verderben. Sie merken: Odenwald ist nicht gleich Odenwald.
A propos Laune: Die Region ist spätestens von heute an im närrischen Ausnahmezustand, und allen Freunden insbesondere der Buchener Faschenacht, und solchen, die es werden wollen, und aber eigentlich auch allen anderen lege ich an diesem Tag jährlich gerne diese (Klick!) Geschichte einer Ausgrenzung ans Herz. Es geht um das Buchener Faschenachtslied schlechthin, Kerl wach uff! und um die Person, die dahinter steckt. Nicht, um Ihnen die Stimmung zu vermiesen, sondern – ganz im Gegenteil -, um das Faschenachtslied nach der Lektüre umso lauter und inbrünstiger zu singen.
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Der Kollege aus dem Studio in der großen Stadt will wissen, wie ich mit dem neuen super-duper-digitalen Reisekosten-Programm zurechtkomme, wie ich da also zum Beispiel meine zahllosen Parktickets einreiche, um mir dann die Kosten erstatten zu lassen, und ich denke bei mir Wovon redet der Mann??
Parktickets? Odenwald? Ich habe in den vergangenen 25 Jahren kein einziges Parkticket lösen müssen bei Terminen in 27 Gemeinden, auf einer Fläche so groß wies halbe Saarland, es gibt hier schlichtweg keine kostenpflichtigen Parkplätze, nirgendwo, niemals. (Doch, in der Großen Kreisstadt, da ist mein Büro und ein eigener Parkplatz, da brauche ich also auch kein Ticket. Und sonst so: Parkticketfreies Paradies. PTFP.)
Es verhält sich da im Prinzip wie mit dem Begriff der Parklücke. Auch so ein Fremdwort. Es gibt hier auch keine Parklücken. Es gibt große kostenlose Parkplätze oder anderweitig massig Platz, überall. So viel, dass ich in den vergangenen 25 Jahren gefühlt vielleicht 10 mal in die Verlegenheit gekommen bin, rückwärts irgendwo einparken zu müssen. Man fährt zu einem Termin, einer Adresse, stellt den Motor ab, fertig. Ich fahre manchmal extra in Städte wie Mannheim oder Heidelberg – nur, um da nach stundenlanger Parkplatzsuche rückwärts einzuparken, damit ich nicht ganz aus der Übung komme.
Das wiederum erinnert mich an eine Anekdote, die ich hier vermutlich schon mehrfach zum Besten gegeben habe: Bei der Fahrprüfung vor 200 Jahren ließ mich der Prüfer zum guten Schluß zur Rush-hour auf dem Berliner Kudamm rückwärts einparken. Um es kurz zu machen: es war eine Katatstrophe.
Ich kurbelte und schwitzte und schwitzte und kurbelte, ich brachte den kompletten Berufsverkehr auf dem Kudamm zum Erliegen und stand am Ende mit dem Heck des Autos komplett schief und krumm in der Parklücke, während die Motorhaube weit in die Fahrbahn ragte.
Es entstand eine peinliche Stille im Auto, mein bis eben noch recht zuversichtlicher Fahrlehrer versank mit verzerrtem Gesicht neben mir auf dem Beifahrersitz, ich betrachtete im Rückspiegel verzweifelt den schweigenden Prüfer auf der Bank hinter mir.
Nach einer kleinen Ewigkeit blickte der Fahrprüfer aus seinem Fenster auf das Treiben am Kudamm, auf die schicken Geschäfte und die Leuchtreklamen und sagte, mit deutlicher Betonung auf dem Kraftausdruck Ach wissen Sie was? Eigentlich kann es mir doch scheißegal sein, wie Sie Ihr Auto am Kudamm abgestellt kriegen. Ich hatte die Prüfung bestanden.
Wenn das doch im Leben alles nur so einfach wäre.
Wenn es dich tröstet: Hier im Odenwälder Westen (Tief im Westööööön…) kam vorhin auch ekelhafter Schneeregen, matschige Flocken. Und die Fasnacht, tja, das ist Nordostdeutsche Genetik, die nicht passt, fürchte ich – bin hier aufgewachsen, aber ich fremdele dennoch damit, muss aber beruflich wenigstens ein bisschen was machen. Heute mein persönliches Highlight: eine Weiberfasnacht vom katholischen Frauenbund. Die ist wirklich noch nett. Keine besoffenen Männer, schon mal sehr großer Vorteil.
Interessant dein Artikel über den jüdischen Mundartdichter. Der Nachbarort hier war auch sehr jüdisch geprägt, dann Nazihochburg, den Rest kann man sich denken.
Ich sollte auch wieder nach Bad.Sibirien zurückziehen, weil ich nicht einparken kann. Aber ich hab das Auto abgeschafft und fahre mit Öffis. Die Fotos machen allerdings wieder Appetit.
Kölle Alaaf oder Hinne Houch!
Astrid
Wenn auch der Winter nicht mehr willkommen scheint, die Fotos sind großartig!
Und die Geschichte einer Ausgrenzung geht mir sehr ans Herz. Wie es mich immer sehr trifft, wenn Menschen ausgeschlossen werden.
Da ich weder ein- noch ausparke, sondern früh bemerkt habe, dass all das nicht mein Ding ist, habe ich einen Garagenparkplatz dauerhaft zu vermieten.
Liebe Grüße, C Stern
Guten Morgen,
das Foto oben ist sooo toll – das wäre ein gutes Motiv für ein Poster.
Danke für die Erinnerung an „Kerl wach uff“.
Von solchen Parkmöglichkeiten träumen wir hier in Bremen…
Liebe Grüße, Juliane