Das einzig ereignisreiche dieser vergangenen Tage war das Wetter, der Sturm scheucht den eisigen Regen waagerecht durch die Landschaft, der Himmel bleiern grau, die täglichen Spaziergänge werden zu Schlammschlachten. Die Wangen triefendnass und feuerrot, an den Hosenbeinen läuft das Wasser hinunter, selbst dem Hund ist es zu oll, und das will schon was heißen. Den kletternden Efeu reißt der Wind von der Hauswand, die meterlangen daumendicken Ranken sacken erschöpft ins Gebüsch vor dem Küchenfenster; schön grün, aber ratzedunkel ist es jetzt in der Küche. Aber immerhin sind die Folgen des doppelten Wasserrohrbruchs beseitigt, wir freuen uns. Es sind die kleinen Dinge.

Heute mittag überlegt Petrus es sich kurzfristig und vorübergehend anders, er schaltet das Licht an und dreht die Heizung hoch, frühlingshaft warm ist es plötzlich, die Sonne sticht in den Augen. Auf dem Weg zur Hunderunde kommt mir ein Motorradfahrer entgegen, sein Oberhemd flattert im Fahrtwind, eine Jacke trägt er nicht, wir sind im Odenwald. Knöcheltief durch den Modder geht es dann für uns durch den Wald, zum Mülbener See, danach eröffnen wir bei der Freundin spontan die Balkonsaison bei Kaffee und guten Gesprächen. Es sind die kleinen Dinge.

Im Wald singen die Vögel, als gäbe es kein Morgen, und die Forellen im See freuen sich des Lebens und über das Futter, das ich ihnen vorwerfe. Zumindest bilde ich mir das ein, dass sie sich des Lebens freuen; ich bin allerdings, was die Gefühlregungen von Forellen angeht, nicht so übermäßig bewandert.

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Auf einer Hunderunde treffe ich einen Mann, wir kommen ins Gespräch, er ist hörbar nicht aus der Region. Ein Zugezogener. Ein Fremder. Noch gar nicht lange hier. Wie es ihm denn gefällt im Odenwald, frage ich ihn, und er antwortet, nach einer kurzen Pause, Für die Kinder ist es super.

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In der Bäckerei ist nichts los, so kommen die Verkäuferin und ich ins Plaudern. Im Fernsehen hat sie erfahren, wie es mancherorts zugeht, wie unfreundlich die Kundschaft ist, wie sehr die Nerven inzwischen überall blank liegen, auf allen pandemie-geplagten Seiten. Ich kann das gar nicht glauben, sagt sie, hier sind alle freundlich, die Stammkunden, die Gäste aus dem Feriendorf, die haben ja Urlaub und immer gute Laune. Ein-, zweimal im Monat, wenns hoch kommt, gebe es Streß mit irgendjemandem, Leute auf der Durchfahrt, die sich an nichts halten oder diskutieren wollen, und ansonsten alle nett und freundlich, eigentlich wie immer. Wir leben hier wohl doch auf einer Insel der Seligen, sagt sie und schüttelt den Kopf.

Ein Kommentar zu “Trübe Tage.”

  1. …wie schön, daß wir hier alle noch ‚Kinder‘ sein können — das halte ich für eine Voraussetzung für echtes Erwachsen-Sein … und ermöglicht es, mit Genuß auf dem Land zu leben.
    Laßt es euch gut gehen!

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