Heute früh schien die Sonne durch die Fenster, also sie versuchte zumindest, den Dreck auf den Scheiben zu durchdringen und tat das doch mit einem gewissen Erfolg, und plötzlich leuchtete das vom Gatten erschaffene Kunstwerk hell auf. Seit Tagen hat die Sonne nicht mehr geschienen und nun ausgerechnet auf dieses Werk, das sich zwischen Leben und Tod nicht entscheiden kann, das kann kein Zufall sein. Ein Menetekel?
Ach, was weiß denn ich. Man muß ja nicht alles hinterfragen. Jedenfalls wissen Sie jetzt auch, warum ich mitunter stinkende Tierschädel oder Knochen durch die Gegend trage, die ich irgendwo im Unterholz finde. Alles für die Kunst! Das ist meines Wissens leider verboten, weil Wilderei, aber bisher hat mich noch niemand verpetzt, also bitte behalten Sie das für sich.
Einen gewissen vorweihnachtlichen Großeinkauf haben wir heute gemacht, 75 Kilo Hühnerfutter habe ich geschleppt, die Bandscheiben sangen ein fröhliches Lied dazu. Dafür, dass die Hühner wegen Winterpause immernoch keine Eier legen, also zumindest nicht in nennenswerter Zahl, finde ich unsere Sorge um ihr Wohlergehen vergleichsweise rührend. Ich bin mir nicht sicher, ob sie das zu schätzen wissen, aber naja. Traditionell legen sie kurz vor Heiligabend wieder los mit dem Geeiere, na, da sind wir mal gespannt. Wintersonnenwende undsoweiter, da gibts zwar immer noch nicht mehr Licht, aber irgendwie haben die das im Hühnerblut, dass es dann bergauf geht. Ich werde mich also am 21. in den Stall stellen und das mal beobachten. Vielleicht tanze ich noch die Namen der Hühner dazu, dann geht es eventuell schneller.
So gesehen ist das ja mit uns Menschen ganz ähnlich: wir legen auch keine Eier, haben aber trotzdem Hunger. Deswegen also noch in den Supermarkt. Die kleine Bäckereifiliale im Eingangsbereich ist still und dunkel, Aus gesundheitlichen Gründen müssen Geschäft und Filialen geschlossen bleiben, allesamt, das klingt nicht gut.
An der Kasse gerate ich mit einem Ehepaar in Streit, es geht darum, wer denn nun wen freundlich vorlässt, mein Wagen ist rappelvoll, ihrer gähnend leer, ich will sie vorlassen, sie wollen mich vorlassen, Wir haben heute frei und ganz viel Zeit!, darüber entbrennt eine lautstarke Diskussion und wir lachen herzlich. Am Ende öffnet noch eine weitere Kasse, unsere Wege trennen sich also leider, bevor wir uns gegenseitig fröhlich hauen und an den Haaren ziehen können. Es könnte alles so einfach sein, wenn alle so nett miteinander umgingen wie wir da also an der Supermarktkasse.
Die entsprechenden Aufkleber vom Team #RadikaleFreundlichkeit sind im Übrigen in der Mache und im Druck, ich werde damit alles bekleben, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist. Schon wieder eine Ordnungswidrigkeit, sie werden mich erwischen und ins Kittchen stecken, aber das soll es mir nun wert sein in diesen bekloppten Zeiten. Ich zähle darauf, dass der Eine oder die Andere mich mal besucht im Gefängnis. Ich rechne mit Ihrer vollen Solidarität!
Sie könnten mir dann ein paar Wildschweinbratwürste aus dem Odenwald mitbringen, frisch vom Schuß aus der Ecke Walldürn. Ich hatte da ja einen Tipp bekommen und bin einer heißen Spur gefolgt, die mich direkt zu einer international tätigen Hilfsorganisation geführt hat, die nun ihrerseits Hilfe braucht.
Und das kommt so: Das DRK in Buchen hatte für den Weihnachtsmarkt gefühlt 7000 Wildschweinbratwürste bei einer Jagdgenossenschaft in Auftrag gegeben und auch erhalten, aber leider wurde der Weihnachtsmarkt kurzfristig abgesagt. Und nun ertrinkt das DRK gleichsam in Wildschweinbratwürsten, die erfahrungsgemäß sehr lecker sein dürften, aber das ist ja nun kein Zustand. Wenn Sie also noch dringend ein paar Wildschweinbratwürste für die Feiertage brauchen, bitte sehr. Sie können damit quasi Erste Wildschweinwursthilfe für das DRK leisten. Bei Interesse im Zweifelsfall (Klick) hier entlang, einfach mal in der Zentrale anrufen, Codewort Wildschweinbratwurst.
Zwischen Hühnerfutter und Supermarkt habe ich am Vormittag noch dieses Fassade gesehen und ein Foto gemacht, bevor die architektonischen Scheußlichkeiten Schönheiten vergangener Baustile endgültig verschwunden sind. Da kommt dann auch der Bildungsauftrag dieses Blogs aus der vermeintlichen Provinz wieder ins Spiel, in diesem Haus ist nämlich der Maler Arthur Grimm geboren, über den können Sie (Klick!) hier nachlesen, das ist durchaus spannend. Es ist ja nicht so, dass es auf dem Lande keine Kultur gibt. Müssen ja nicht immer olle Tierschädel sein.
vielen dank für den wunderbaren text, die tollen bilder und insbesondere die im aussterben befindlichen analogen pixel! (hoffentlich finden die wildschweinwürste noch rechtzeitig abnehmer)
Also, ich fände ja meinen ersten Besuch im Odenwald seltsam im Gefängnis zu verbringen. Aber selbstverständlich käme ich. Ist ja für eine gute Sache!