Sie denken bitte weiterhin daran, die örtliche Gastronomie zu unterstützen, mit take-away? Das ist jetzt nicht unbedingt immer haute cuisine und feine Tischkultur, aber eben für die Betriebe ziemlich wichtig, weil sonst demnächst rappelduster und so, naja, Sie wissen schon.
Der einzige Lichtstreif am Horizont ist ja die Hoffnung, dass vielleicht schon bald zumindest die Aussengastronomie geöffnet wird, man kann dann also in Badisch-Sibirien bei gefühlten 5 Grad und einem fiesen Wind zumindest auf einer Terrasse sitzen und was essen. Falls Ihnen das ein bißchen frisch erscheint, bestellen Sie halt eine heiße Odenwälder Grünkernsuppe und hinterher zwei Schnäpse, odenwälder Blutwurz oder so, das wärmt von innen, also ehrlich, nun stellen Sie sich nicht so an.
Drinnen jedenfalls werde sie wohl so bald noch keine Gäste empfangen dürfen, erzählt mir heute abend die Lieblings-Italiener-Frau, während ich maskiert am Tresen stehe und mein Essen abhole. Nummer 18, aber ohne Peperoni, Sauce wie immer, dazu 72a mit extra Oregano. Im Gastraum alle Stühle mit den Beinen gen Himmel auf den Tischen, irgendwo steht ein Staubsauger, und am Eingang das kleine Gestell mit dem Desinfektionsmittel. Das wird wohl noch eine Weile so bleiben sagt sie und erkundigt sich sodann – weil wir ja nun nicht dauernd über Corona-Corona reden können -, höflich nach meinen Hühnern.
Ach, die doofe Vogelgrippe naht, antworte ich, womit wir also beim nächsten Seuchen-und-Pestilenz-Thema wären. Aufstallungspflicht und so, der Hühnerstall viel zu klein für wochenlanges Einsperren, ach, ach, sage ich und dann blicken wir schweigend in den dunklen Gastraum. Groß und still und nutzlos liegt er da vor uns, 80 Quadratmeter ohne Sinn und Zweck. Gefliester Fußboden, über den schon lange keine Gäste mehr gegangen sind.
Gefliester Fußboden ist abwaschbar, denke ich so bei mir, und 80 Quadratmeter müssten für elf Hühner doch wohl reichen. Zentralheizung gibts auch. Ist das nicht eine super-Idee, rufe ich, Ihr vermietet mir den Gastraum für die Hühner! Überhaupt könnten doch alle Gastronomen derzeit an Hühnerhalter vermieten, die dringend Platz für ihre Hühner bräuchten, wenn die doofe Vogelgrippe kommt. Eine win-win-Situation wie aus dem Lehrbuch. Ich hätte nicht die Sorge, wie ich den Auslauf überdachen sollte, die Gastwirte verdienen sich ein kleines Zubrot. Und haben endlich wieder Leben in der Bude. Und wenn dann mal jemand take-away ein Brathähnchen bestellt – darüber müsste dann verhandelt werden.
Ich male das der freundlichen Lieblings-Italiener-Frau also alles in den leuchtendsten Farben aus, hier kommen die Legenester hin, da hinten darf Rüdiger schlafen, und ganz bestimmt kräht er auch nicht morgens allzu früh, versprochen – ich male das also aus, und sie blickt mich stumm an und sagt erstmal nichts. Wahrscheinlich kann sie ihre Begeisterung kaum in Worte fassen, so überwältigt ist sie von dieser geradezu genialen Idee.
Oder ich deute ihren Blick falsch, das kann natürlich auch sein.
Und hier noch eine Take-away-Musik, die musizierende Familie sollten Sie bei youtube abonnieren, die macht aus lauter Lockdown-Verzweiflung ziemlich coole Sachen.
Und wegen Aussengastronomie: Humor ist, wenn man trotzdem lacht.
> wenn dann mal jemand take-away ein Brathähnchen bestellt – darüber müsste dann verhandelt werden.
Ach ja, gäbe es doch mehr Texte, die mir morgens ein herzhaftes, lang andauerndes Lachen („Gegacker“) entlocken …
Ach, Rüdiger, du weißt gar nicht, wie nah das Damoklesschwert über dir hängt. Ja, wir bestellen hier auch. Schließlich wollen wir auch wieder in die Lieblingsrestaurants gehen, wenn es wieder geht. Die Kölner Bucht ist nicht Badisch Sibirien, aber Kinderzirkus-Osterferienangebote draußen sind halt so eine Sache: Wird es gefühlt noch Winter oder doch schon Frühling sein? Oder doch drinnen mit 3,4,5 Kindern pro Gruppe? Nur mit Test? Es bleibt erst mal so: immer flexibel bleiben!
Damoklesschwert? Lächerlich. Da gackern ja die Hühner.
„The pit and the pendulum“ von Edgar Allan Poe, das ist wahre Horror-Poesie.
https://poestories.com/read/pit