Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?, kurz wmdedgt, das will die freundliche Nachbarbloggerin immer am Fünften eines Monats wissen, also bitte: Folge 845 unserer Reihe Aus dem Leben einer stinknormalen Regionalreporterin.

Nach der üblichen Morgenroutine Hühner-Hunde-Katze-Kaffee und nach einer halbsonnigen Hunderunde (siehe oben) geht es ins Büro im Großen Kreisstädtchen und dort gleich mal an eine Aufgabe für besonders geschultes journalistisches Personal: Bürotür reparieren. Schloss klemmt. Wäre doof, wenn da demnächst der Schlüssel abbricht beim Aufschließen, da würde die Regionalreporterin ja mal schön dumm aus der Wäsche gucken.

Also mit Geduld und Spucke und ordentlich Haushaltsöl vorübergehend Abhilfe schaffen. Ich habe schon Büro-Klobrillen und Spülungen repariert, warum sollte ich also nicht auch Türschlösser wieder hinbekommen?

Danach geht es an die knallharten Recherchen des Tages: Ich befasse mich mit geheimnsivollen Löchern in Ackerflächen und mit keltischen Siedlungen, mit einer Großbaustelle in der Region, mit der bevorstehenden Faschenacht und einem neuen Netzwerk für psychisch kranke Menschen. Alles dabei also. Dafür liebe ich den regionalen Journalismus.

Zwischendurch löse ich weitere eher un-journalistische Probleme mit der Reinigungsfirma und mit der High-End-Sendetechnik im Büro, ich krieche auf allen Vieren über den Fußboden und versetze Stecker von hier nach da, angeleitet von dem lieben Kollegen per Fernwartung, und ich frage mich einmal mehr, ob ich für den Job hier in der vermeintlichen Provinz eigentlich wirklich umfassend genug ausgebildet bin. Naja, Sie wissen schon.

Vielleicht sollte die Deutsche Journalistenschule in ihrer Ausbildung ein Zusatzmodul für angehende Land- oder Odenwald-Korrespondenten einbauen, mit allerlei handwerklichen und elektrotechnischen Aspekten, mit Übungen gegen Einsamkeit und Verzweiflung und einer Art Survival-in-the-wilderness-Training; es könnte nicht schaden. Ich werde das mal anregen.

Bis mittags läuft dann aber technisch alles endlich wieder einwandfrei. Muss es auch, denn es erscheint ein Herr im Büro, den ich zu einem Interview mit dem Deutschlandradio in Berlin zusammenschalten soll. Ein Filmemacher, der seinen neuen Dokumentarfilm Manche mögen’s falsch vorstellt, und der – ich staune – im Städtchen wohnt. Und vielleicht, nein: ganz sicher will ich mir den Film tatsächlich mal im Kino anschauen, wenn er irgendwo in der Nähe gezeigt wird.

Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal im Kino war, es muß in einem früheren Leben gewesen sein, aber der Film klingt extrem spannend, und der Herr Filmemacher Mucha macht einen sehr netten Eindruck. Schöne Begegnung war das.

Beim Herumkriechen auf dem Fußboden unter dem Technik-Rack das hier gefunden, das muß da auch schon eine Weile liegen, so zwanzig Jahre etwa, die Älteren erinnern sich vielleicht:

Ich selber bin ja inzwischen so alt, dass ich noch mit Cassetten und Tonband gearbeitet habe, falls es irgendwen gibt, der mit dem Begriff Tonband überhaupt noch etwas anzufangen weiß. Mit diesen magischen Begriffen Uher und Revox, die man sich in Fachkreisen ehrfürchtig zuwispert. Kinder, wie die Zeit vergeht, *Krückstockgefuchtel*, würde der freundliche Bloggerkollege Buddenbohm jetzt anfügen.

Vor der Bürotür im Städtchen unterhalten sich lautstark die Kunden (Gendern nicht nötig) des arabischen Gemüsehändlers, ein etwa dreijähriges Kind brüllt mit Piepsstimme minutenlang Tatü-tatü-tataaaa-tatü-tataaa, Teenies gackern, Kirchenglocken läuten, also eigentlich alles wie immer, und zum Glück habe ich bei Bedarf Schallschutzfenster. Es ist wie im richtigen Leben: wenn man Schallschutzfenster hat, lässt sich alles ertragen.

Noch ein paar Telefonate, Recherchen für Fernsehkollegen, Mails, irgendwann ist Feierabend. Der Tag ist voll, aber nach außen hin scheinbar komplett unproduktiv.

Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?, ja, das frage ich mich eben auch manchmal.

Später noch durch den Berufsverkehr quälen, es bleibt einem auch nichts erspart. In die Dämmerung hineinfahren, in den ausklingenden Tag.

4 Kommentare zu “wmdedgt.”

  1. Liebe ’stinknormale Regionalreporterin‘ Friederike,
    über was soll ich am meisten begeistert sein: Den Stil des blogs, die Inhalte, die Bilder, die Sprache, den Humor — es ist ein Problem, denn ich KANN mich nicht entscheiden. Es ist einfach alles großartig!
    Vielen lieben Dank für alles, Gabriela

  2. Irgend ein Öl ins Schloss kippen mag ja mal kurzfristig helfen, aber dann geht oft kurz darauf gar nichts mehr. Rechtzeitig das Schloss wechseln. Ansonsten freue ich mich jedesmal über deine Feierabendlektüre. Lieben Gruß Klaus

  3. Tonband? Habe ich heute immer noch und es läuft…meistens zur Advent- und Weihnachtszeit….beim Backen…da hab ich grosse Bänder, mit ganz vielen, eigentlich allen Weihnachtslieder drauf. Nix mit CD wechseln, läuft 4 Stunden….Genial für mich

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