Das Leben, die ganze Welt, ach!, alles ist voller Unwägbarkeiten, Unklarheiten, Unsicherheiten. Krisen, Kriege, Klimawandel: manchmal würde man sich doch soetwas wie eine Leitlinie oder einen Fahrplan, einen tatkräftigen Bundeskanzler Richtungsweiser wünschen, irgendwas, woran man sich festklammern und orientieren könnte in diesen wilden Zeiten.
Dankenswerterweise hat sich die hiesige Regionalzeitung wenigstens beim deutschlandweit drängenden Thema Cannabis darum bemüht, der geneigten (offenbar kiffenden) Leserschaft einen solchen Wegweiser zu bieten. Jedenfalls haben sie als Aufmacher auf der Titelseite des Lokalteils mal klipp und klar dargestellt, wo man im Städtchen einen Joint ( = Bubatz) rauchen darf und wo nicht. Rot, das sind die no-go-Areas: da, liebe Leserinnen und Leser, dürfen Sie also nicht kiffen. Oder sich zumindest nicht dabei erwischen lassen.
Ich habe das natürlich gleich mal gecheckt, mein Büro liegt leider in der roten Sperrzone, aber zumindest weiß ich jetzt, wie ich mich Bubatz-technisch zu ver-halten oder aufzu-halten habe. Ich bin wild entschlossen, mir das Schaubild einlaminieren zu lassen, endlich eine Orientierung, eine Wegweisung! Und wann immer ich im Städtchen bin, werde ich das einlaminierte Schaubild mit mir herumtragen, wie die vielen anderen Kiffer dort auch. Zu Tausenden und Abertausenden werden wir durch Buchen im Odenwald schleichen, ständig auf das Schaubild glotzen und abgleichen, wo im Ort wir uns gerade befinden, um dann gegebenenfalls hektisch einen Joint zu drehen. Oder ihn heimlich in der Manteltasche verschwinden zu lassen. In der Hoffnung, dass er nicht den ganzen Mantel gleich in Brand setzt, das wäre ja nun auch wieder auffällig.
Und ich gehe ja davon aus, dass seit der Legalisierung von Cannabis in jedem noch so kleinen Odenwaldnest an jeder Ecke ein Polizist steht, der das alles überwacht und kontrolliert. Egal wie: Wir haben jetzt dieses Schaubild da oben, alle erdenklichen Fragen sind damit beantwortet und vielleicht auch alle drängenden Probleme in diesem Lande hinlänglich gelöst. Oder auch nicht, Naja, Sie wissen schon.
A propos Probleme und Besorgnis: Die ländlichen Regionen in Deutschland, wir Menschen vom Dorf, wir haben es einmal mehr in die überregionale Berichterstattung geschafft. Und das kam so: Der Herr Wissing, was unser Verkehrsminister ist, der Herr Wissing also ist ja kein Freund des Tempolimits auf Autobahnen. Warum er das so vehement ablehnt, das weiß nur er selber ganz genau, und langsam gehen ihm auch die Argumente aus. Also hat er sich endlich mal wieder an uns, die armen Menschen auf den Dörfern, tief in der vermeintlichen Provinz, erinnert. Wir hier sind es nämlich, die unter einem Tempolimit auf der Autobahn am allerallermeisten zu leiden hätten. Und schützend stellt er sich vor uns! Unter Deinen Schirmen/bin ich vor den Stürmen/aller Feinde frei.
Wenn sich zum Beispiel wegen eines Tempolimits auf der Autobahn der direkte Weg durch die Dörfer zeitlich wieder lohnt, werden die Anwohner mit Lärm belastet., sagt Wissing laut Spiegel. Wir haben Infrastruktur gebaut, damit Menschen von Verkehr entlastet werden. Genau, und dann kommt so ein Tempolimit, und alle, die nicht mehr mit 250 Sachen über die A 5 oder A 6 oder A 81 brettern dürfen, sondern nur noch mit 130, die wählen dann direkt den Weg über die Dörfer. Der ja so viel schneller ist.
Wir alle, die wir in Dörfern in der näheren oder weiteren Umgebung von Autobahnen mit Tempolimit wohnen, kennen das: Jeder dritte – ach, was sage ich, jeder zweite Fahrer eines hochgemotzten aufgetunten 300-PS-Monsters bricht beim Anblick eines 130-Schildes sofort in Tränen aus, ordnet sich zitternd rechts ein und verlässt die Autobahn so schnell wie möglich, um sich dann doch lieber – wenn auch schluchzend – über die Dörfer zu schlängeln, durch Kleinknödelbutzhausen und Rüdelsdorf und Wiesiealleheißen. Dann eben mit Tempo 70, 50 oder 30, rechts vor links an jeder zweiten Straßenecke, vorneweg ein lahmarschiger Traktor. Jahahhaaaa, aber Hauptsache nicht Tempo 130!!!11!!!!!
Der kürzeste Weg führt dann doch wieder durch die Ortschaften, sagt Wissing. Das überzeugt mich nicht. Ja, nee, mich auch nicht, lieber Herr Wissing. Und wenn Sie einen Dummen suchen, der am Ende schuld ist, dann bitte suchen Sie woanders, und nicht bei uns Leuten vom Dorf. So dumm sind wir nämlich gar nicht.
…ich hoffe, Herr Wissing liest’s und lernt …
herr wissing hat auch verkündet, dass ab dezember die züge wieder pünktlicher seien. ein lustiger mann, vorallem meint er ja nicht s- bahnen, sondern nur fernzüge. er hat ein anderes deutschlandbild, nur fernzugstrecken und autobahnen.
Wissing spricht halt wie die meisten seiner Vorgänger als Lobbyist. Was kann von so einem Sprachrohr erwartet werden?
Alles abseits der Autobahnen hat da mit Verkehr nichts zu tun, egal ob Fahrrad, Bahn oder generell Öffis, die abseits der Städte nach wie stiefmütterlich behandelt werden meist wegen vermeintlich mangelnder Gelder. Wird schon seine Gründe haben, dass ÖPNV Ländersache ist und zumindest funktioniert damit das Schwarze-Peter-Spiel damit hervorragend.
Das Gewese um´s Kiffen geht mir inzwischen ähnlich auf den Wecker wie das um „KI“, welches inzwischen auch nur noch nervt, wenn jeder Blödsinn damit verwurstet wird.
Die örtliche Bubatzkarte aus der wöchentlichen, kostenlosen Samstags Zeitung samt untendrunter stehendem, sehr staatstragendem Artikel liegt auch hier noch auf dem Küchentisch. Ich war versucht sie einrahmen zu lassen. Laminieren ist aber auch gut.
Mein 20jähriger Sohn und ich (55) haben Tränen gelacht über diese Karte und die dazugehörige Website. Alleine das Wort „Bubatzkarte“ war für die erste Hälfte des Lachanfalles gut. Ich hoffe, ich tue keinem Herrn oder keiner Frau Bubatz unrecht, konnte nicht recherchieren woher das Wort kommt.
Es gibt wenig aussagekräftigeres über den Zustand unseres Landes.
Wieder was dazugelernt: Bubatz – das Wort will gemerkt werden! Darin zeigt sich wohl auch meine Unwissenheit in Angelegenheiten wie diesen. Die Karte ist sensationell – da wird absolute Gründlichkeit bei der Aufklärung offenbar.
Herr Wissing hätte in Ö jedenfalls seine Anhänger*innen und Mitstreiter*innen.
Bei uns gibt es auch gaaanz seltsame Ideen: Sogenannte Lufttaxis, zur Entlastung der Verkehrssituation(!!!) Das wurde tatsächlich auch lauthals von Politikern auf diese Weise argumentiert. Man lese und staune: Es passen gerade mal zwei Personen rein, ein Pilot fliegt in diesem lauten Ding gar nicht einmal mit. Kostenpunkt einer dieser Superdrohnen pro Stück: 300.000 Euro. Bislang dürfte dieses Projekt Gottlob noch nicht wieder aufgenommen worden sein …
Liebe Grüße aus dem Nachbarlande!
Das Bild mit dem Regenbogen bei Scheidentaler ist sagenhaft (sensationell)!