Wulle Wack aus dem Stall!, schreibt uns das hiesige Geldinstitut im Amtsblatt, Limbach feiert Karneval!, und weist uns darauf hin, dass wegen Karneval Montag und DIenstag nachmittag geschlossen ist. Überhaupt muß man dieser Tage ganz genau überlegen, wann man wohin geht, und welcher Laden wann geöffnet oder geschlossen sein wird, die halbe Region ist fest in Narrenhand. Im Café sitzen vier Wulle-Wackerinnen (oder wie man die jetzt nennt) in blau-gelben Kostümen, am Tresen bestellt ein weiblicher Cowboy mit Plastik-Revolver im Halfter ein Jogurth-Törtchen.

Ich stehe, wie seit Jahren und Jahrzehnten, ein bißchen ratlos und neidisch daneben und weiß ja auch nicht so recht. Beim Aufräumen finde ich ein Foto, das beweist, dass ich offenbar selber mal ausgesprochen ausgelassen Karneval oder Fasching gefeiert habe, das scheint aber ein paar Jahre her zu sein. Ich erinnere mich bruchstückhaft an das Kostüm, an die dazugehörigen rauschenden Parties allerdings nicht mehr. Sie werden wohl im Kindergarten stattgefunden haben, ein Kellerraum ein paar Häuser weiter im Berliner Westend, unter Aufsicht der alten Tante Marga, so hieß die Kindergärtnerin.

Im Einkaufsladen Hefter in der Reichsstraße setzten die Kassiererinnen am Rosenmontagnachmittag rote Pappnasen auf, als einziges, aber untrügliches Zeichen dafür, dass der Berliner Fasching nun seinem absoluten Höhepunkt zustrebte. Auch in der Schule durften wir Fasching feiern, Rosenmontagsvormittags, zwei Stunden, dann war wieder Schluß mit Lustig und wir setzten uns brav zurück auf unsere Stühlchen und büffelten Mathe, Geschichte und Erdkunde.

Das ist hierzulande nun wirklich ein bißchen anders, hier wird quasi von Donnerstag bis Aschermittwoch durchgefeiert. Ausläufer und Vorläufer des karnevalistischen Trubels und Tobens sind in jedem noch so kleinen Dorf zu spüren.

Es fährt ein Zug(teil) nach Irgendwo. Nachmittags durchs Dorf. (Und ich sollte mal wieder Fenster putzen, will mir scheinen)

Beim Bäcker damals in Berlin gab es Pfannkuchen, die heißen hier im Odenwald Berliner, der liebe Himmel weiß, warum. Der Bäcker im Städtchen bietet in diesen Tagen sogar Spezial-Berliner an, drei zum Preis von Zweien, und jedes Mal, wenn ich das sehe, fühle ich mich zu philosophischen Betrachtungen verpflichtet. Wer oder was ist ein Spezial-Berliner? Bin ich vielleicht sogar eine Spezial-Berlinerin, und wenn ja, warum? Warum hat John F. Kennedy gesagt Ich bin ein Berliner!, er hätte sagen können Ich bin ein Spezial-Berliner, denn so gesehen war er das doch auch. War er nicht eigentlich der Spezial-Berliner schlechthin? Fragen über Fragen.

A propos Berliner: Ich hatte neulich einen dienstlichen Termin, tief im Odenwald, wir waren schlußendlich zu Viert in einer kleinen Interview-Runde und stellten alsbald fest, dass drei von uns (mich eingeschlossen) gebürtige Berliner sind. Der Vierte im Bunde war ein echter Odenwälder und noch nie in Berlin gewesen, hieß aber so: Herr Berlin. Ich suche immernoch nach der versteckten Kamera.

Ansonsten ist das Wetter meistens gräßlich; manchmal etwas mehr, manchmal etwas weniger, ich muß ja trotzdem raus und knipse etwas willenlos in der Gegend herum. Sich die Witterung nicht schön-reden, aber zumindest schön-knipsen.

7 Kommentare zu “Dies und das am Samstag.”

  1. Liebe Friederike,
    wieder mal ein wunderbarer Artikel – besonders der Abschnitt über „Berlin“ hat mich ‚erheitert‘, wie ein von mir geschätzter Maler sagen würde … .
    Liebe Wochenend-Grüße an alle Leser*innen,
    Gabriela

  2. Toller Artikel! Geht mir auch bezüglich Karneval so!
    Aber trotz tristem Wetter, wie immer, tolle Fotos!
    Alllau!

  3. Ich würde ja behaupten, dass die Pfannkuchen/Berfliner im Odenwald „Kräppel“ heißen. Aber im badischen Odenwald mag das anders sein ;). Liebe Grüße aus dem hessischen Odenwald, Andrea

    1. Kräppel ist hessisch, aber sowas von. Ich glaube, die Bäckerin hier wüsste vielleicht nicht mal, was gemeint sein könnte. ;-)

  4. Fasching, Karneval, Fasnet sind zutiefst katholische Traditionen. Dass man in den evangelischen Gegenden auch so tut, als würde man das feiern, ist eigentlich ein Treppenwitz.
    Deswegen ist der Stuttgarter Faschingsumzug auch in etwa so lustig wie eine Beerdigung, während in den katholischen Orten (Hofen! Weil der Stadt!) richtig Stimmung ist.
    Das dürften so die letzten merkbaren Auswirkungen des Augsburger Religionsfriedens sein. Oder feiert der hessische (und damit vermutlich evangelische) Teil des Odenwalds ebenfalls Fasching?

  5. Da ich selbst aus Berlin komme und auch vor zwei Jahren nach badisch Sibirien gezogen bin, irritiert mich bis heute jedesmal ZUTIEFST wenn Leute Pfannkuchen als Berliner bezeichnen.

    Mich irritieren aber auch die Öffnungszeiten der Läden und ich werde auch nie den richtigen Zeitpunkt zum höflich auf der Straße zunicken erwischen. Danke jedenfalls für den Blog, man fühlt sich gleich weniger verloren.

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