Einen wahren Freund erkennt man daran, dass er an einem heiligen Sonntag morgens wie selbstverständlich vorbeikommt, um ein schwerverletztes Huhn zu schlachten. Weil ich das, Landpomeranze hin oder her, leider immer noch nicht fertigbringe. Ich kann nur ein bißchen flennen bei der improvisierten Beisetzung, mehr kann ich nicht. Ruhe in Frieden, kleines beklopptes Huhn, Du warst mir ja doch ans Herz gewachsen.

Nein, der Hund wars nicht, wir sind etwas ratlos. Schon der zweite Todesfall binnen kürzester Zeit.

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Ich hatte mal wieder eine Freifahrt durch ein lärmendes MRT-Gerät gewonnen, die CD mit den Aufnahmen sollte ich danach gleich mitbekommen. Klappte aber irgendwie nicht, also ich eine Woche später wieder in die Praxis, 15 Kilometer hin, 15 wieder zurück. CD mit den Fotos von meinem Innenleben immer noch nicht fertig, die Dame am Tresen sichtlich betroffen und peinlich berührt. WO wohnen Sie?, fragt sie und starrt auf die Angaben auf ihrem PC, ah, die Adresse kenne ich, dann bringe ich Ihnen die CD doch vorbei und werfe sie in den Briefkasten, wenn das endlich fertig ist.

Auch der Kauf von mehreren Gutscheinen bei der Bäckerei zwei Dörfer weiter erweist sich als kompliziert, die Technik will nicht so wie die Dame an der Kasse, sie erklärt mir, wie es theoretisch funktionieren sollte, aber die Kasse will halt nicht. Da waren die analogen Zeiten ja doch nicht so verkehrt, sage ich wie so eine Alte und fuchtele mit dem unsichtbaren Krückstock, Gutscheinkärtchen per Hand ausgefüllt, bezahlt, fertig! Egal, wie, es klappt nicht, ich brauche die Gutscheine aber am nächsten Tag. WO wohnen Sie?, fragt die Bäckereifachverkäuferin, ich komme mir vor wie in einem Deja-vu, ah, die Adresse kenne ich, dann bringe ich Ihnen die Gutscheine doch heute nach Feierabend vorbei und werfe sie in den Briefkasten. Landleben halt. Naja, Sie wissen schon.

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Johann-Wolfgang musste innerhalb des Hauses umziehen, aber sein neuer Platz ist doch auch ganz schön. Ich habe olle Wolle vor gefühlten 3000 Jahren auf dem Berliner Flohmarkt Unter den Linden erstanden, er stammt aus einem Theaterfundus, ich meine, es sei die Schaubühne gewesen. Seitdem begleitet er mich quer durch Süddeutschland. Sein Gesichtsausdruck lässt darauf deuten, dass Odenwald eigentlich unter seiner Würde ist, aber naja.

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Heute früh bei Scheidental

Und sonst so? Ich nutze das spätsommerliche Wetter für ausgedehnte Gänge, wann immer es geht. Die Felder sind abgeerntet, die Wiesen gemäht, in der Luft hängt der Duft von schwerer, feuchter Erde und nassem Gras. Die Hunde jagen Mäuse auf den gestutzen Wiesen, die wie riesige Teppiche daliegen. Haben Sie jetzt etwa DREI Hunde? Naja, nicht wirklich – eher einen ganzen und zwei halbe. Das erfordert tatsächlich eine gewisse Konzentration bei den Hunderunden, was aber wiederum zur Folge hat, dass ich nicht auf dumme Gedanken komme und etwa mehr als unbedingt nötig über das Weltgeschehen nachdenke. Es ist zum Verzweifeln. Lernt denn die Menschheit nie dazu?, fragt eine online-Bekanntschaft in den sozialen Netzwerken, und ich antworte Nein, offenbar nicht. Mehr fällt mir dazu nämlich auch nicht ein.

5 Kommentare zu “Dies und Das an einem Sonntag auf dem Lande.”

  1. Huhu…ich habe auch einen Wolle….er guckt genauso, stammt aus dem Laden Haushalts Spitzer in Mosbach (mittlerweile geschlossen) und trägt bei mir keine Sonnenbrille, sondern eine blaue Bobfrisurperücke von Fasching. Steht ihm aber ausgesprochen gut….Man(n) muss es tragen können…😉 vlg

  2. Einfach nur DANKE für „Dies und Das an einem Sonntag auf dem Lande“ …
    Das Weltgeschehen erschüttert auch mich immer wieder aufs Neue, eigentlich müsste man sich ja schon fast daran gewöhnt haben?!
    Nein, ich will + ich kann mich nicht daran gewöhnen.
    U.a. helfen mir solche Worte, wie aus dem heutigen Blogeintrag.
    Auch hier in unserem Wohnort in Ostfriesland geschieht es mir (uns) z.B., dass es liebe Menschen gibt, die mir ein bestelltes Buch aus der Stadtbücherei nachhause bringen, weil ich nicht ganz fit bin.
    Oder es gibt die Nachbarin, die einfach nur nachfragt, ob bei uns „alles in Ordnung ist“, weil sie uns ein paar Tage nicht beim Spaziergang getroffen hat.
    Auch der Oktoberwind, der aktuell schon stark weht, die Wolken am Himmel und die Zugvögel, die im jetzt Herbst zu Tausenden aus dem hohen Norden ins Wattenmeer kommen, helfen uns nicht den Mut zu verlieren.
    Grüße von der Nordseeküste,
    margot S.

  3. Ich bin heute zufällig beim Sonntagsausflug bei den Odenwälder Weihnachtsbäumen in Ihrer Gegend vorbei gekommen. Vom Kindergarten bis zum Erwachsenenalter alles vorhanden und mit bunten Fähnchen gekennzeichnet. Nebenan wunderschön blühende Ausgleichsflächen.

  4. Das stimmungsvolle Eingangsbild ist definitiv der Burner, wie man hier zu sagen pflegt. Hut ab, was für ein gelungener Fotomoment!
    Gute Nachbarschaft ist Gold wert, übrigens ohne ausgiebige Tratschereien über Hinz und Kunz. Maximal Austausch über wichtige Angelegenheiten, die angestoßen werden müssen. Und vielleicht ein bisschen was, aber nur ein klein wenig über Hinz und Kunz.
    Ich bin eine hilfsbereite Nachbarin, allerdings keine, die auf einen Teeplausch geht. Zuviel der Nachbarschaft ist nämlich tatsächlich nicht mein Ding.

    Inzwischen muss beim Abendessen der Fernseher (Nachrichten) ausgeschaltet werden. Die Dummheit der Menschen ist mir nicht mehr erträglich. Davon bekomme ich in der Tat Magenschmerzen – und die waren in den letzten Monaten immer wieder einmal sehr präsent! Da hilft nur Teetrinken, Entschleunigen, sich mit positiven Dingen beschäftigen und ganz viel spazieren.

    Wie immer mit Begeisterung hier gelesen, auch, wenn viele ernste Themen beleuchtet werden! Mille Grazie für diese besonderen Lesemomente!

  5. MRT-CDs fallen in den Bereich der Placebo-Medizin. Die bekommt der Patient nur mit, damit er sich wohlfühlt, mit dem Hinweis „Bitte bewahren Sie diese CD sorgfältig auf!“, nur echt mit Ausrufezeichen.
    Da sind irgendwelche Zufallsdaten drauf, glauben Sie mir! In Wirklichkeit tauschen die modernen Rechner der Behandlungszentren die Informationen KI-gesteuert über allermodernste Glasfasern fast per Lichtgeschwindigkeit untereinander aus. Demnächst auch per Satellit: Jetzt, nach der Wiederwahl Söders, startet das bayerische Raumfahrtprogramm nämlich voll durch!
    Ja, was denken Sie denn? Wir leben in einem Hochtechnologieland. Die CD, wissen Sie, ist nämlich gar kein digitales Medium. Unsere Vorfahren haben da Rillen reingeritzt, die mit einer Steinnadel abgetastet wurden, und wenn man mit dem Ohr ganz nahe ranging, konnte man leise Musik hören. Hat mir der Kurator von unserem Wallfahrtsmuseum erzählt, und der ist so alt, manchmal denke ich, der hat das selber noch erlebt, was er da erzählt. Kann aber eigentlich nicht sein.

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