Die ersten treuen Leser fragen an, ob ich noch am Leben sei. Ein Wink mit dem Zaunpfahl, ich muß wohl mal wieder etwas in dieses Internetz schreiben. Danke der Nachfrage, ich renne herum, ich schwitze, ich lebe.

Ja, auch im Odenwald wird geschwitzt, aber hallo, und das in einer Gegend, die im Untertitel Badisch-Sibirien heißt. Wegen der etwas, – wie wollen wir sagen -, abgelegenen Lage, und wegen des sibirischen Klimas hierzulande. Aber auch in Sibirien wird es ja wohl inzwischen etwas wärmer, dann passt es ja wieder. Jedenfalls aber sind wir im Odenwald solche Temperaturen wie in den vergangenen Wochen nicht gewöhnt, rein gar nicht. Ich will mich daran auch nicht gewöhnen, aber mich fragt ja wieder keiner.

Die Kreisverwaltung bittet uns, den Rasen nicht mit Leitungswasser zu wässern. Als hätten wir das jemals gemacht; der Rasen sieht dementsprechend aus. Welcher Rasen?, werden Sie beim Blick auf unser Gelände völlig zu Recht fragen, und ich werde antworten: Eben. Braun und staubig liegt der Garten, kein Halm steht da mehr aufrecht, und wenn die Hunde toben, wallen sandige Wolken wie in einem dieser gräßlichen Italo-Western aus den Achtzigern, kurz vor dem Show-down. Naja, Sie wissen schon.

Wir wässern also weiterhin nicht, wir haben das nie getan, aber wir schleppen schwitzend und keuchend das Wasser aus den Regenwassertonnen in blauen Eimern vom vorderen in den hinteren Teil des Grundstücks, Richtung Gemüsegarten. Das Regenwasser ist voller zappelnder Mückenlarven und inzwischen so uralt, dass man sich wundert, dass es noch nicht vertrocknet oder von mir aus kristallisiert oder versteinert ist, etliche Wochen muss es alt sein, eher etliche Monate.

Jedesmal, wenn irgendein dahergelaufener Wettermann im Radio was von möglichen Gewittern mit möglichen Schauern faselt, starren wir in den folgenden Stunden ununterbrochen gen Himmel, und mein Geo fragt alle zehn Minuten bang Ist der Pinökel unten? Regenwassertonnen-Kenner wissen, was gemeint ist. Der-die-das Pinökel ist laut Geo dieses Dingens, das man herunterklappen muß, wenn man Wasser aus dem Regenrinnenleitungsfallrohr in eine Regenwassertonne umleiten will. Nicht auszumalen, wenn es eines Tages wirklich wieder regnen sollte, und derdiedas Pinökel wäre oben, und nicht unten. Man muß sich das mal vorstellen.

Was wir nicht mit Regenwasser gießen, gießen wir mit Brauchwasser, das wir in den Küchen-Spülen auffangen, wie seit eh und je in Sommermonaten. Eine grau-braune Flüssigkeit schwappt in den Plastik-Bütten, eine Brühe, in der sich Kaffeepulverbröckchen, einzelne Salatblätter und aufgeweichte Stücke von Brotrinde tummeln, auf der Oberfläche tanzen Fettaugen. Einen Ästhetik-Preis gewinnen wir mit dieser Art des Gießwassers nicht, jeder Mein-schöner-Garten-Redakteur würde schreiend davonlaufen – aber den Geranien, den Rosen und dem Phlox bekommt das Zeug, das dürfen Sie mir glauben. Wenigstens ein paar Farbtupfer in der ansonsten staubgrauen Umgebung. Die Pflanzen, die wir dergestalt mit der Bröckchen-Brühe begießen, erregen hinterher noch stundenlang das hungrige Interesse der Hunde.

Unsere Ernte im Gemüsegarten: reden wir bitte nicht darüber, es ist zum Weinen. Andere machen das irgendwie besser, neidisch schauen wir im Vorbeifahren in Gewächshäuser aus Glas und Folie in der Nachbarschaft, da tobt das pralle Gemüseleben, Tomaten groß wie Fußbälle, Gurken wie Eichenstämme und Zucchini satt. Ja. Schön. Man muß halt gönnen können.

Falls Sie im Übrigen hier irgendwo am Neckar-Ufer wohnen und zum Zwecke der Abkühlung mal in den Fluß springen möchten: Die Kreisverwaltung in Heidelberg macht darauf aufmerksam, dass der Neckar erstens hierzulande schon an rund 500 Kläranlagen vorbeigeflossen ist, dass zweitens alle diese Kläranlagen ihr geklärtes Abwasser in den Neckar leiten, und dass drittens eben dieser Neckar bei dem aktuellen Niedrigwasser eigentlich zu einem Drittel aus Kläranlagenabwasser besteht. Hier (Klick!) können Sie das nochmal genauer nachlesen, bevor Sie einen Köpper in den Neckar machen. Das Ganze ist in etwa so appetitlich wie unser Spülbeckengießwasser.

Ich sags ja nur mal so. Nicht, dass es am Ende heißt, Sie hätten nichts gewußt.

13 Kommentare zu “Wassertonnen, Schweiß und Tränen.”

  1. Liebe LandLebenBlog-Leser*innen,
    der Tip mit dem Gießen des KüchenBrauchWassers ist insofern Gold wert, als die neuen Triebe meiner Rosen nun quasi vor Kraft strotzen und farblich eine Intensität erreichen – ich staune! Mal sehen wie’s wird, wenn denn erst einmal die Rosenblüten sich entfalten.
    Rosenduftenden Dank für den Tip, liebe Friederike Freifrau von und zu Kroitzsch!

  2. Jetzt fängt der Mist mit der Gendersprache hier auch an…da freu ich mich auf den Blog und der Schwachsinn verhagelt mir den schönen Bericht von Friederike…

    1. Gendersprache??Wo.. ist wohl zu heiß ;)
      oder wegen der die das??Das schreibt man wenn man nicht weiß welchen Artikel ein Gegenstand hat.. würde zu ..der Pinökel tendieren ;)
      LG

  3. Hier in der Lausitz sieht es schon seit Ende Juni wie Ende August aus. Alle Wiesen braun, das Getreide ist schon geerntet, der Mais und die Sonnenblumen sehen mickrig aus. Auf dem Weg zum Einkaufen komme ich an einem Bauernhof vorbei, die Kühe stehen in einem kleinen abgetrennten Bereich, wo sie sonst nur im Winter stehen. Die Sommerweiden sind total verbrannt und die Wiese für das Winterfutter hat nur einmal Heu geliefert, danach kam ja die große Hitze.

  4. Pinökel, Pinseusel, Dingsi, Nupsi: In meinem Hirn laufen nun Wörter in demselben Tempo um die Wette wie der Schweiß den Rücken hinab. Das mit dem Brauchwasser ist eine so gute Sache. Habe gerade mal eine Schüssel in der Spüle platziert, selbst wenn davon nur unsere kümmerlichen Kräuter auf dem Feuerschutzbalkon profitieren werden. Aber was heißt kümmerlich: Die Balkonminze explodiert in diesem Jahr förmlich. Wenigstens eine, die das Wetter irgendwie dufte findet.

  5. Guten Abend, bei meiner Oma war vor dem Küchenfenster der Rosengarten. Nach dem Geschirrspülen wurde das Spülwasser in hohem Bogen durch das Fenster in den Garten verteilt. Sie hatte die schönsten Rosen und nie auch nur eine Laus. Das ist schon 60 Jahre her und guilt immer noch. Ein Gruß zum Himmel liebe Oma!

  6. Ich gehöre jenen an, die auch bereits sehr sehnsüchtig einen neuen Eintrag erhofft haben –
    und dann das: Ein ganzer Beitrag über das Leid der Wiesen und Gärten, die schon lange kein Wasser vom Himmel mehr aufnehmen durften.
    Aber wie dieses Unglück beschrieben ist, das ist einfach *spitze*! Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob dieses Wort überhaupt gerechtfertigt ist: Ich möchte hier nicht in Begeisterung ausarten, denn begeistern kann einen an diesen verrückten und heißen Sommerwochen und ihren Auswirkungen auf Land und Leute nichts, überhaupt nichts. Vielmehr muss ich mich fragen, wohin man überhaupt noch blicken kann, ohne irgendwelche Schäden – durch Trockenheit in Kombination mit verheerenden Waldbränden ODER durch sintflutartige Regenfälle, gepaart mit schrecklichen Vermurungen und Vernichtung von Haus und Hof und manchmal auch von Menschenleben – auszumachen.

    Übrigens würde mich auch eine Gendersprache überhaupt nicht davon abhalten, sämtliche Einträge weiterhin sehr gerne zu lesen!

    Ich freue mich, nun zu wissen, was ein der-die-das Pinökel tatsächlich ist.
    Und nun weiß ich auch, was ich mit meinem Spülwasser anzufangen habe. Dass dieses den ganz und gar nicht willkommenen Läusen an meinen Pflanzen nicht bekommt, durfte ich in der Vergangenheit schon in Erfahrung bringen.

    Liebe Grüße und Auf Wiederlesen!

  7. Die Sache mit dem Brauchwasser von der Spüle – wie schön zu lesen, dass andere sowas auch nutzen! Ich hab im Sommer einen sauberen Eimer in der Spüle stehen und sowohl Kräuter als auch Erdbeeren und Salate finden dieses Wasser oberaffengeil. Nix Garten, nur Balkon.

  8. sehr schön geschrieben ;)
    ja.. es ist einfach hundsgemein heiß
    und über so eine lange Zeit hatten wir das auch noch nicht
    ich habe heute das letzte Nass aus der letzten Regentonne gekratzt
    der Garten bekommt das Wasser von einer Garage ..einem überdachten Wohnwagen und einem Gartenhaus
    ab jetzt muss ich Wasser von daheim mitbringen..
    mit Brauchwasser ist bei mir nichts drin.. da ich so gut wie nie koche
    meine Mutter hat immer das letzte Spülwasser von der Waschmaschine aufgefangen..sollte ich vielleicht auch machen.. allerdings wasche ich auch nicht so oft bin ja nur alleine ;)
    ob Rosen allerdings Weichspüler bekommt?Oder ich muss den weg lassen oder das vorletzte Wasser nehmen .. seufz ..
    die Regenansage behumpst mich auch immer
    unsere Ecke meidet der Regen wie der Teufel das Weihwasser
    liebe Grüße
    Rosi

  9. Oh ja, in der Spühle steht hier seit einigen Jahren auch immer eine Schüssel und wird regelmäßig (samt undefinierbarem Zeugs) rausgetragen. In einem alten Hexen Garten Buch habe ich gelesen, dass Fett ein guter Dünger sein kann (da ist es ein Klumpen, der eher zufällig in die Pflanzstelle der Rose gerät)
    Rasen sprengen hat gerade so eine Zweideutigkeit aber mir ist der staubtrockene auch lieber. Der wird wieder.
    Liebe Grüße
    Nina
    Ps
    Ab Montag Regen“möglichkeiten“. Haha

  10. Es ist klasse, wie die Wassersparmaßnahmen ganz ohne irgendwelche wie immer zu solchen Zeiten ausgebuddelten „Expertentipps“ dieselben sind;-)

    Unser Rasen ist mir ehrlich gesagt wurscht. Wenn es regnet, kommt er auch wieder hoch und bis dahin spare ich das Mähen. Das ist dann mindestens einmal Krach und ein halber Tag Ochserei weniger. An Gemüse zittern wir eigentlich nur noch um die Bohne und etwas Freilandgurken, die noch straff gegossen werden. Immerhin haben wir dank zweier großer Fässer einen relativ guten Vorrat, auch wenn das letzte Gewitter nicht einmal für das ganze Auffüllen eines Fasses gereicht hat. Meist macht der regen bei uns lagebedingt auch noch einen Bogen und wir bekommen mit etwas Glück nur die Ausläufer ab.

    Sollte es wieder einmal so weit sein, dann mache ich einen Regentanz wie die Bewohner anderer Erdteile vor Freude!

  11. Dass Spül- oder Brauchwasser weiterverwendet wird, kenne ich von meiner Verwandtschaft in Frankrereich, allerdings etwas anders. Dort wurde das mit Fettaugen und Speiseresten angereicherte Spülwasser – gespült wurde ohne Spülmittel – noch mit etwas trockenem Brot versehen und dann als „Hundesuppe“ den Hofhunden gegeben.

  12. Liebe Frau Odenwald, ich muss Ihnen ernsthaft widersprechen: Italo-Western sind nicht gräßlich! Ich habe mir während der Lockdowns gefühlt sämtliche Italo-Western reingezogen, die auf YouTube verfügbar waren. Das sind einfach schöne Jugenderinnerungen.Und heutzutage einfach nur unfreiwillig komisch; da kommste ausm Kopfschütteln nicht mehr raus.

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