Es braucht nicht viel, um auf dem Lande glücklich zu sein, und in diesen Tagen reicht es mir schon, wenn ich in irgendeinem kleinen idyllischen Dorf einen ollen Kaugummiautomaten finde. Ich bin ja jetzt in die Kaugummiautomatendokumentationsfotografie eingestiegen, offenbar kein ganz neues Metier, aber im Odenwald wollen die nun auch mal dokumentiert werden. Heute war mir das Dokumentarfotografenglück hold, und das ausgerechnet in einem Örtchen namens Strümpfelbrunn. Ja, da staunen Sie. Ich staunte auch.

Auf den ersten Blick ein moderner Zigarettenautomat, daneben ein kleiner und ein großer Kaugummiautomat. Auf den zweiten Blick entpuppt sich der rechte, ehemalige, Kaugummi-Automat nicht als Kau- sondern als Gummi-Automat, dazu gibt es String-Tangas zum Ziehen und ein paar ausgewählte Toys. Sie verstehen, dass ich mich nicht eingehender mit der Materie befassen konnte, ich verweilte da ohnehin schon viel zu lange und glotzte die Kästen an, was sollen denn die Leute denken. Wir leben schließlich auf dem Lande, und ich habe so eine Art Ruf zu verlieren.

Mir fiel aber in diesem Zusammenhang ein, dass Strümpfelbrunn und die Orte drumherum früher anerkannte Kur-Orte waren, in der Saison war alles voll mit Kur-Gästen und wohl auch Kur-Schatten, und jüngst erzählte mir ein alter Odenwälder, dass es da mitunter munter über Tisch und Bänke gegangen sei. Fremdenverkehr, haha, (Schenkelklopfgeräusch). Manch ein Ladenbesitzer habe unter der Ladentheke Kondome und so Zeuch verkauft, wo eine Nachfrage ist, ist auch ein Markt, naja, Sie wissen schon.

Diese Zeiten sind nun längst vorbei, die großen Pensionen und die Kurhotels liegen im Dornröschenschlaf, schon lange, und in ihren leeren Fluren und Zimmern kann man vielleicht in Vollmondnächten noch das Wispern und Kichern glücklicher Gäste hören. Auch der Automat hier oben sieht nicht aus, als werde er noch rege genutzt.

Vielleicht werde ich in einer Vollmondnacht nochmal zu ihm hinfahren und mir von ihm erzählen lassen, wie das damals war, als sich in den Dörfern die Kurgäste aus ganz Deutschland drängelten, wie sie an Wiesen und Feldern auf den Bänken in der Sonne saßen, wie sie durch die Dörfer spazierten, erst grau und blaß im Gesicht, dann immer gesünder und sonnenverbrannter, wie sie abends die Hotels und Gastwirtschaften füllten, lachend und plappernd, und einfach das pralle Leben im Odenwald genossen.

5 Kommentare zu “Es braucht nicht viel.”

  1. Wie immer wunderbar erzählt und aufgeschrieben. Einfach köstlich! Habe sehr gelacht! Danke, Sie sind ein Schatz!

  2. Vielleicht schaffst du es mal bis nach Moertelstein, da hängt auch einer… Kaugummiautomat… Da kennt dich vielleicht keiner… Ausser mir ?

  3. Also, wir als Siebtklässlerinnen und -klässler damals im Schullandheim in Strümpfelbrunn brauchten höchstens Kaugummis. Damals…. ?
    Liebe Grüße
    Eva

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