Nach turbulenten Tagen wieder zeitlos im Wald unterwegs. Am Anfang stolpere ich mehr, als dass ich gehe, der Hund zerrt an der Leine wie aufgestachelt, ich bin genervt, vom Hund, vom Summen und Brummen im Kopf, von den ollen Pfützen und dem ewigen Matsch auf den Wegen.
Dann schickt der liebe Gott (oder werauchimmer) einen Sonnenstrahl in die herbstlichen Baumwipfel, es leuchtet warmes rotes Licht da oben, durch all das Matsche-Grau, ganz und gar unwirklich. Es leuchten die Baumkronen, als habe der Bühnenbildner an der Berliner Schaubühne tief in den Klischee-Kasten gegriffen, Ich will Herbst!, Mystik!, göttliche Erleuchtung!!, würde der weltberühmte Regisseur schreien, und der Bühnenbildner und die Beleuchter schrauben und schrauben, und es wird immer unwirklicher und übertriebener, bis der Regisseur zufrieden ist. So in etwa müssen Sie sich das vorstellen. Aber schön wars. Und günstiger als die Eintrittskarte für die Berliner Schaubühne, by the way.
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Und überhaupt: wie schnell das Summen und Brummen im Kopf aufhört, wie schnell all die unerfreulichen, nervigen, anstrengenden Themen aus dem Hirn verschwinden, wenn ich mich auf die kleinen Dinge konzentriere da draußen. Ich frage mich, wie Menschen ohne Waldspaziergänge überhaupt leben können. Müssen Sie wohl. Ich will das nicht mehr missen. Was für ein Glück ich habe, auf dem Land zu leben, denke ich mir.
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Ich habe da eine Journalisten-Kollegin kennengelernt. Alexandra Endres. Naja, was man so kennenlernen nennt, bei facebook. Dabei kommt sie aus einem Odenwälder Nachbardorf, aus einem winzigkleinen. Aber irgendwas hat sie richtig gemacht, denn inzwischen ist sie Redakteurin bei der Zeit in Hamburg, während ich hier als Provinz-Reporterin durch den Wald robbe. Leider haben wir uns aber noch nie getroffen im wirklichen Leben.
Jedenfalls hat die Frau Endres aktuell ein Buch über Mexiko geschrieben und mir geschickt, das war ausgesprochen nett. Und weil eine Freundin just zu dieser Zeit auf dem Sprung nach Mexiko war, trug ich das druckfrische Buch zuallererst zu eben dieser Freundin. Um mich daraufhin wüst beschimpfen lassen zu müssen: Das Buch sei so gut und so spannend und so mega, dass sie überhaupt nicht zum Packen und zum Reise-vorbereiten komme, was mir denn einfiele, sie so aus dem Konzept zu bringen, sie läse beim Gehen und im Stehen und überhaupt den ganzen Tag nur noch in diesem Mexiko-Buch der Odenwälder Nachbarin, dabei müsse sie doch packen und den Urlaub planen, himmelherrgottsakra.
Langer Rede kurzer Sinn: das Buch (das ich leider noch nicht zurückbekommen habe) ist also offenbar nicht nur sehr empfehlenswert, sondern steht auch im Mittelpunkt einer Lesung der freundlichen Kollegin aus dem Odenwald: Im Rahmen der Stuttgarter Buchwochen im Stuttgarter Haus der Wirtschaft. Für mich leider ein bisschen zu weit – aber wenn Sie aus der Ecke sind und Zeit haben, und Spaß an guter Schreibe und Interesse am Thema und an der Autorin: bitte sehr: Hier (KLICK) gehts zur Lesung am 28. November. Und richten Sie Frau Endres bitte liebe Grüße aus.
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Und dann stehe ich da neulich zur dienstlichen Mittagspause beim Bäcker im Städtchen und wäge an der Theke ab, ob Kirschplunder oder Puddingteilchen, und auf meiner Jacke prangt dick und fett das Logo meines öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers, das hier manchmal noch als Hingucker taugt. Der Herr neben mir schaut auch intensiv auf dieses Logo, dann auf mich, und dann fragt er Sind Sie etwa die Frau mit dem schönen Blog? Und ich gestehe: ja, das war auch nett. Eitelkeit und so, naja, Sie wissen schon.
H. lebt nicht mehr auf dem Land, erhält sich aber seine unmittelbare Umgebung mit vielerlei Tieren und Bäumen und Pflanzen und Blumen. Er könnte ohne das nicht existieren.
Und er dankt auch für den schönen Blog. Der verlinkt ist und täglich gelesen wird.