Schwarzweissblick.

2. Mai 2016

Ich frage mich ja manchmal, wohin sich Vögel zurückziehen, wenn es ans Sterben geht. Fast nie sieht man irgendwo Amsel, Drossel, Fink und Star herumliegen, die in Ehren ergraut und dann einfach altersschwach vom Himmel gefallen sind. Allenfalls zerfledderte Vogelleichen sehe ich am Straßenrand, die irgendwem unter die Räder gekommen sind.

Vielleicht sterben Vögel ja gar keinen natürlichen Tod. Vielleicht werden einige überfahren, wieder andere werden von meiner freundlichen Tante Lieselotte so lange liebevoll ausgelutscht und angeknabbert, bis sie das Zeitliche segnen (ja, wir arbeiten daran, erziehungstechnisch, ähem), und alle anderen leben einfach weiter, für immer. Oder vielleicht gibt es eine Art Vogel-Friedhof, irgendwo hinter dem Horizont, wo sich alle alten Vögel sammeln, wenn ihre Zeit gekommen ist, von Elefanten erzählt man sich das ja, und warum soll es das bei Krähen und Spatzen nicht auch geben, wenn es die Elefanten mit Erfolg so machen. Hach, es ist kompliziert und ich habe keine Ahnung.

Langer Rede kurzer Sinn: heute habe ich tatsächlich mal einen unversehrten, toten Vogel gefunden, mitten auf dem Waldweg, das regte mich also zu allerlei philosophischen Betrachtungen an, siehe oben. Und zu ein paar Bildern mit dem Handy, während die echte Kamera im Auto lag, wo sonst.

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Und es regte mich dazu an, Tante Lieselotte zum ersten mal in unserem gemeinsamen Leben richtig anzubrüllen, denn erneut gingen die Gefühle mit ihr durch und sie schickte sich an, den bereits toten Eichelhäher abzu-schleppen, um ihn hernach liebevoll abzu-schlotzen, daher die gewisse Unordnung in seinem Bauchgefieder, vorher war er komplett unversehrt.

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Lieselotte schaute in der Folge auffällig unauffällig in eine andere Richtung, sichtlich um Fassung bemüht, und ich dachte also über das Sterben der Vögel nach, und darüber, warum dieser Freund hier offenbar vom Himmel gefallen ist. Ich habe ihn dann vorsichtig vom Weg ins Unterholz getragen, ich stelle mich bei soetwas in der Regel etwas an, hysterischer empfindsamer Städter undsoweiter, aber er lag ganz zart und weich in meinen Händen. Vielleicht hätte ich ihn nicht nur ins modrige Laub legen, sondern ein bisschen vergraben sollen, aber vielleicht macht er sich ja heute Nacht noch auf den Weg zum Elefanten- oder Vogel-Friedhof, wer weiß das schon.

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Schwarzweiss schien mir die richtige Farbe, passend zum Anlaß, und passend zur wöchentlichen Blogaktion der freundlichen Frau Frauke.  Schauen Sie da mal vorbei, es sind wieder tolle Fotos verlinkt, jetzt schon, und bis Samstag werden es sicher noch viel mehr. 

Aber um dem kleinen toten Eichelhäher die Ehre zu erweisen, gibts ihn hier nochmal vom Handy und in Farbe.

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Update: keine fünf Minuten nach Erscheinen dieses Beitrages ist das Rätsel um die Toten Vögel zumindest teilweise geklärt. Dem Internet und der internetten Kommunikation sei Dank. Die Eichelhäher also jedenfalls fliegen des Nachts, schon scheintot, zum Häherfriedhof nach Berlin, genauer gesagt, ins Berliner Naturkundemuseum, oder sowas in der Art, hier bei Ackerbau Pankow können Sie den entsprechenden Bildbeweis nocheinmal sehen, er hat mich netterweise auf den Friedhof der Eichelhäher hingewiesen. Berliner halt, immer freundlich, immer hilfsbereit. Aber das ist jetzt wieder eine andere Geschichte.

 

 

 

 

  • 9 Kommentare
  • meertau 2. Mai 2016

    wunderbar…. fotos und text!

  • saxana 3. Mai 2016

    Gestern dachte ich auch über dieses Problem nach. Wo bleiben die kranken und alten Vögel? Sie haben keine Rollstühle, keine Krücken, aber sie fliegen ja. Da können sie so Zeug sowieso nicht gebrauchen. Aber Flughilfen gibt es ja auch nicht. Ein großes Geheimnis ist das. So viele Katzen laufen in unserer Zeit auch nicht herum, dass sie die gestorbenen Vögel beseitigen könnten. Wie auch immer es sein mag, es bleibt für mich ein Rätsel.

  • Katja 3. Mai 2016

    Naja, da gibt es noch andere, größere, räuberische Vögel. Dachs, Marder & Co, und Parasiten.

    Wenn ein Vogel verletzt ist, verzieht er sich in ein Versteck und falls er verstirbt, dann eben dort.

    Gestern erst sah ich ein Amselweibchen in meinem Garten, welches ungesund aussah. Im Nacken sah es aus, als wäre da eine Nacktschnecke implantiert. Eine Schwellung, eben in Größe und Form einer Nacktschnecke. Zum Glück bewegte sich nix, sonst wäre ich vermutlich erst Stunden später wieder erwacht und hätte wichtige Termine verpasst.
    Aber ich vermute, dass dort mal eine Verletzung war, die sich entweder stark entzündet hat, oder vielleicht als Eiablage von Fliegen oä diente.

    Nicht schön, aber natürlich.

    LG
    Katja aus Ahrensburg

  • Amelie 4. Mai 2016

    Darüber habe ich gerade gestern nachgedacht, als ich einen sehr schönen Adler fliegen sah und dachte “Die liegen aber nie tot herum”.

    Aber man muss auch sagen, man sieht auch andere Tiere selten tot herumliegen, nur einen Maulwurf habe ich bisher tot herumliegen sehen (Kommentar meines damals Dreijährigen “Oh nein, und er hatte bestimmt noch so viel vor mit seinen Freunden!”…:-/)

    Zwei Mal habe ich tote Vögel, unversehrt, in Bäumen hängen sehen. Das war ein gruseliger Anblick. Aber nach 2 Tagen waren die weg, lagen aber auch nicht unten. Ich vermute, da finden sich andere Tiere, die das tote Tier fressen.

  • Herr MiM 5. Mai 2016

    Diese Bilderreihe hat was. Sie ist wirklich klasse. Etwas morbide… aber klasse.

    • LandLebenBlog 5. Mai 2016

      Oh, Herr MiM, danke!

  • Jutta K. 5. Mai 2016

    Ja, darüber habe ich auch schon nachgedacht.
    Und als ich neulich auf der Autobahn unterwegs war, fiel vor mir direkt ein Vogel vom Himmel, mitten im Flug und prallte auf die Autobahn.
    Gottseidank fuhr mein Mann, ich hatte möglicherweise vor Schreck das Steuer verrissen.
    Also sterben sie vielleicht auch am plötzlichen Herztot ?!
    Liebe Grüße
    Jutta

    • LandLebenBlog 5. Mai 2016

      Au weia, das hätte auch böse ausgehen können!:-(

  • fim.works 11. Mai 2016

    Wenn ich so darüber nachdenke, dann kann ich mich auch nur an zerrupfte oder geplättete Exemplare erinnern …
    Eine tolle Serie, und das mit dem Handy! Hätte ich nicht hinbekommen.

    Einen schönen Abend … Frauke

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