Mein Geo war ja nun nicht immer fröhlicher Landmann. In einem seiner zahlreichen ersten Leben war er Schriftsetzer, mal mehr, mal weniger fröhlich.

 

Schriftsetzer, Sie erinnern sich vielleicht, das sind die, die bleierne Buchstaben per Handarbeit auf Papier bringen. Gebracht haben. Gelernte Schriftsetzer sind heutzutage allerdings ausschließlich weniger fröhlich, das liegt in der Natur der digitalen Sache.

 

Und so ist mein Geo nicht nur leidenschaftlicher Leser einer gedruckten Zeitung, sondern auch beharrlicher Verfechter der These, daß überhaupt alles Geschriebene nur auf raschelndem Papier zu stehen habe, gefälligst. Alles, wo ein digitales e davorsteht, e-reader, e-books, e-paper, verursacht meinem alten Schriftsetzer einen Überschuß an analoger Magensäure.

 

 

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Um es kurz zu machen: Geo liest also nicht nur Bücher, er kauft sie auch. In Buchhandlungen, Sie erinnern sich vielleicht.

 

Ja, auch bei uns auf dem Lande gibt es solche Buchhandlungen, genau gesagt, ihrer drei, in einem Landkreis, der so gross ist wie das halbe Saarland. Wenn ich das richtig rechne, ich kenne mich in derlei Dingen leider nicht mehr wirklich aus. Vermutlich sind es sogar mehr. Die eine Buchhandlung jedenfalls ist 15 Kilometer in die eine Richtung entfernt, die zweite 15 Kilometer in die andere. Für die Dritte (mir bekannte) muss man noch ein bißchen weiter fahren.

Kümmert meinen Geo alles nicht, er ist treuer Bücher-Kunde. Und schätzt die kompetente Beratung, mal mehr, mal weniger.

 

 

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So begab es sich also, daß er jüngst in eine Buchhandlung einlief, um ein bestelltes Buch abzuholen. Manchmal nämlich passiert es, – meistens, eigentlich -, daß die Damen und Herren nicht gerade vorrätig haben, was mein Schriftsetzer so lesen möchte. Klassiker, Weltliteratur, oder was mein Geo dafür hält. Also muß er vor-bestellen, dann abholen.

 

Guten Tag, ich komme wegen des bestellten Buches. Dostojewski, spricht also Geo, die freundliche neue Buchhändlerin nickt zuversichtlich und verschwindet in ein Hinterzimmer. Eine gefühlte halbe Stunde später kommt sie wieder. Hmm, ich finde nichts, wann haben Sie das Buch denn wohl bestellt? Das ist Tage her.

 

Dostojewski, betont mein Geo noch einmal. Kann ja nicht so schwer sein. Wieder Kruschtelei im Hinterzimmer. Nein, also ich finde leider gar nichts. Können Sie mir Ihren Namen nochmal buchstabieren? Geo stutzt. Meinen Namen? Ja, ganz einfach: G-e-o.

 

Nun stutzt ihrerseits die Dame.

 

Ach, Sie heißen gar nicht Dostojewski?

 

 

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Manchmal erzählen wir diese Geschichte noch im Freundeskreis, zu vorgerückter Stunde, in einer Mischung aus Verzweiflung und Vergnügen. Und sind dann heimlich doch sehr froh, wenn die Zuhörer beteuern: das haben wir ganz ähnlich auch schon mal erlebt, in Hamburg oder München, in Mannheim und in Heidelberg. Und erinnert Ihr Euch nicht an die Deutschlehrerin, die bei Günther Jauchs Milionenquiz den Ringelnatz für ein possierlich‘ Pelztier hielt? Hach ja, liegt also gar nicht an der Provinz, sagt mein Geo dann, der Niedergang ist weltumspannend. Und dann seufzen wir zufrieden.

 

Und dann denkt mein Geo darüber nach, welches Buch als nächstes er bestellen könnte.

Und ist gar nicht mehr so unglücklich darüber, daß man ihn schon mal für einen Dostojewski gehalten hat.

 

 

 

 

 

4 Kommentare zu “Dostojewski.”

  1. Da muss ich Deinem Geo aber mal voll zustimmen. Das Medium Buch kann nur analog sein. Ich habe schon verschiedene E-Reader ausprobiert und muss sagen, dass Bücher, Zeitschriften und Zeitungen auf Papier gedruckt sein müssen. Sonst macht das einfach keinen Spaß.

    Vermutlich stehen deshalb bei uns zu Hause mehr als 1.000 Bücher rum…

    Andere Frage: wie hast Du die Buchhandlungen gezählt? In Mosbach gibt es meines Wissens alleine 2 bzw. 3, eine in Buchen, eine in Walldürn und laut Google noch eine in Aglasterhausen…

  2. Oh, you are right. In Mosbach hatte ich nur eine gezählt (mein Fehler), in Buchen eine und die in Walldürn. Die in Aglasterhausen hatte ich ignoriert. Letztere ist dann aber auch satte 33 Kilometer von uns entfernt.

  3. Ich hätte auch eine Anekdote zu diesem Thema:

    Mein Vater wollte, das damals frisch erschienene Buch „Gruppenbild mit Dame“ erwerben.

    Die empörte Antwort der Verkäuferin: „Solche Bücher führen wir nicht!“

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